Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682.

Bild:
<< vorherige Seite

Das I. Capitel
ruhe der Republic zu suchen genöthiget
würde. Aber beydes ward von Römi-
schem Adel nicht gebürend in acht genom-
men. Denn weil damahls keine geschrie-
bene Gesetze zu Rom vorhanden/ und der
Adel allein die offentlichen Aemter bedie-
nete/ so ward offt das Recht nach Gunst
gesprochen/ und musten die Armen auch
in ihrer gerechten Sache gegen die Vor-
nehmen unterliegen. Weil auch die Bür-
ger auff ihre eigene Kosten musten im
Kriege dienen/ worinnen damahls nicht
viel zu gewinnen war; als wurden sie dar-
durch an ihrem Vermögen sehr erschöpf-
fet/ und hatten kein ander Mittel sich auß
gegenwärtiger Dürfftigkeit zu er retten/
als daß sie von den Reichen Geld entleh-
neten. Welche denn so strenge mit denen/
so nicht zu bezahlen hatten/ verfuhren/
daß sie solche in Ketten und Banden wurf-
fen/ und mit Schlägen und allerhand
Grausamkeit übel tractirten. Wordurch
endlich das Volck in Verzweiffelung ge-
trieben/ mit hellem Hauffen auß der
Stadt wiche/ und nicht ehe wiederumb
hinein wolte/ biß ihnen der Rath/ im Fall
der Feind nicht solte die leere Stadt an-
fallen/ bewilligen muste/ daß das Volck
seine eigene hochheilige Obrigkeiten be-
käme/ so Tribuni plebis genennet wur-

den/

Das I. Capitel
ruhe der Republic zu ſuchen genoͤthiget
wuͤrde. Aber beydes ward von Roͤmi-
ſchem Adel nicht gebuͤrend in acht genom-
men. Denn weil damahls keine geſchrie-
bene Geſetze zu Rom vorhanden/ und deꝛ
Adel allein die offentlichen Aemter bedie-
nete/ ſo ward offt das Recht nach Gunſt
geſprochen/ und muſten die Armen auch
in ihrer gerechten Sache gegen die Vor-
nehmen unterliegen. Weil auch die Buͤr-
ger auff ihre eigene Koſten muſten im
Kriege dienen/ worinnen damahls nicht
viel zu gewinnẽ war; als wurden ſie dar-
durch an ihrem Vermoͤgen ſehr erſchoͤpf-
fet/ und hatten kein ander Mittel ſich auß
gegenwaͤrtiger Duͤrfftigkeit zu er retten/
als daß ſie von den Reichen Geld entleh-
neten. Welche denn ſo ſtrenge mit denen/
ſo nicht zu bezahlen hatten/ verfuhren/
daß ſie ſolche in Ketten uñ Banden wurf-
fen/ und mit Schlaͤgen und allerhand
Grauſamkeit uͤbel tractirten. Wordurch
endlich das Volck in Verzweiffelung ge-
trieben/ mit hellem Hauffen auß der
Stadt wiche/ und nicht ehe wiederumb
hinein wolte/ biß ihnen der Rath/ im Fall
der Feind nicht ſolte die leere Stadt an-
fallen/ bewilligen muſte/ daß das Volck
ſeine eigene hochheilige Obrigkeiten be-
kaͤme/ ſo Tribuni plebis genennet wur-

den/
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0072" n="42"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das <hi rendition="#aq">I.</hi> Capitel</hi></fw><lb/>
ruhe der Republic zu &#x017F;uchen geno&#x0364;thiget<lb/>
wu&#x0364;rde. Aber beydes ward von Ro&#x0364;mi-<lb/>
&#x017F;chem Adel nicht gebu&#x0364;rend in acht genom-<lb/>
men. Denn weil damahls keine ge&#x017F;chrie-<lb/>
bene Ge&#x017F;etze zu Rom vorhanden/ und de&#xA75B;<lb/>
Adel allein die offentlichen Aemter bedie-<lb/>
nete/ &#x017F;o ward offt das Recht nach Gun&#x017F;t<lb/>
ge&#x017F;prochen/ und mu&#x017F;ten die Armen auch<lb/>
in ihrer gerechten Sache gegen die Vor-<lb/>
nehmen unterliegen. Weil auch die Bu&#x0364;r-<lb/>
ger auff ihre eigene Ko&#x017F;ten mu&#x017F;ten im<lb/>
Kriege dienen/ worinnen damahls nicht<lb/>
viel zu gewinne&#x0303; war; als wurden &#x017F;ie dar-<lb/>
durch an ihrem Vermo&#x0364;gen &#x017F;ehr er&#x017F;cho&#x0364;pf-<lb/>
fet/ und hatten kein ander Mittel &#x017F;ich auß<lb/>
gegenwa&#x0364;rtiger Du&#x0364;rfftigkeit zu er retten/<lb/>
als daß &#x017F;ie von den Reichen Geld entleh-<lb/>
neten. Welche denn &#x017F;o &#x017F;trenge mit denen/<lb/>
&#x017F;o nicht zu bezahlen hatten/ verfuhren/<lb/>
daß &#x017F;ie &#x017F;olche in Ketten un&#x0303; Banden wurf-<lb/>
fen/ und mit Schla&#x0364;gen und allerhand<lb/>
Grau&#x017F;amkeit u&#x0364;bel tractirten. Wordurch<lb/>
endlich das Volck in Verzweiffelung ge-<lb/>
trieben/ mit hellem Hauffen auß der<lb/>
Stadt wiche/ und nicht ehe wiederumb<lb/>
hinein wolte/ biß ihnen der Rath/ im Fall<lb/>
der Feind nicht &#x017F;olte die leere Stadt an-<lb/>
fallen/ bewilligen mu&#x017F;te/ daß das Volck<lb/>
&#x017F;eine eigene hochheilige Obrigkeiten be-<lb/>
ka&#x0364;me/ &#x017F;o <hi rendition="#aq">Tribuni plebis</hi> genennet wur-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">den/</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[42/0072] Das I. Capitel ruhe der Republic zu ſuchen genoͤthiget wuͤrde. Aber beydes ward von Roͤmi- ſchem Adel nicht gebuͤrend in acht genom- men. Denn weil damahls keine geſchrie- bene Geſetze zu Rom vorhanden/ und deꝛ Adel allein die offentlichen Aemter bedie- nete/ ſo ward offt das Recht nach Gunſt geſprochen/ und muſten die Armen auch in ihrer gerechten Sache gegen die Vor- nehmen unterliegen. Weil auch die Buͤr- ger auff ihre eigene Koſten muſten im Kriege dienen/ worinnen damahls nicht viel zu gewinnẽ war; als wurden ſie dar- durch an ihrem Vermoͤgen ſehr erſchoͤpf- fet/ und hatten kein ander Mittel ſich auß gegenwaͤrtiger Duͤrfftigkeit zu er retten/ als daß ſie von den Reichen Geld entleh- neten. Welche denn ſo ſtrenge mit denen/ ſo nicht zu bezahlen hatten/ verfuhren/ daß ſie ſolche in Ketten uñ Banden wurf- fen/ und mit Schlaͤgen und allerhand Grauſamkeit uͤbel tractirten. Wordurch endlich das Volck in Verzweiffelung ge- trieben/ mit hellem Hauffen auß der Stadt wiche/ und nicht ehe wiederumb hinein wolte/ biß ihnen der Rath/ im Fall der Feind nicht ſolte die leere Stadt an- fallen/ bewilligen muſte/ daß das Volck ſeine eigene hochheilige Obrigkeiten be- kaͤme/ ſo Tribuni plebis genennet wur- den/

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/72
Zitationshilfe: Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/72>, abgerufen am 26.04.2024.