Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite

Das II. Hauptstück. Von Haltung
Finger angedeutet werden: nur ist zu merken, daß die mit 1. bis 6. be-
zeichneten Finger die Löcher der Flöte zudecken; die mit 7. und 8. bemerk-
ten aber, die Klappen niederdrücken, und folglich die Löcher aufmachen.

2. §.

Wenn die Flöte ungezwungen gehalten und gespielet werden soll; so
müssen, wenn man dieselbe zusammen schraubet, die Löcher der beyden
Mittelstücken, mit dem Loche, welches durch die krumme Klappe bedecket
wird, in gerader Linie stehen: damit man mit dem kleinen Finger der
rechten Hand, beyde Klappen bequem erreichen könne. Das Kopfstück
muß, aus der geraden Linie, um so viel nach dem Munde einwärts ge-
drehet werden, als ohngefähr der Durchschnitt des Mundlochs austrägt.

3. §.

Den Daumen der linken Hand setze man, dem mit 2. bezeichneten Fin-
ger, fast gerade gegen über; und zwar die Spitze vom Daumen einwärts
gebogen. Die Flöte lege man zwischen den Ballen und das zweyte Glied
des 1. Fingers, so, daß wenn man den ersten Finger krumm auf die Flö-
te leget, derselbe das oberste Loch bequem bedecken könne. Auf diese Wei-
se wird man die Flöte, wenn man sie an den Mund setzet, nicht allein mit
dem 1. Finger und dem linken Daumen, welcher das Gegengewicht aus-
macht, ohne Hülfe der andern Finger, oder der rechten Hand, bequem
an den Mund drücken, und fest halten; sondern auch mit einem jeden
Finger der linken Hand, ohne Zuthun der rechten, Triller schlagen können.

4. §.

Was die rechte Hand anlanget, so setze man den Daumen derselben,
krumm und auswärts gebogen, mit der Spitze unter den 4. Finger.
Die übrigen Finger aber, so wohl dieser, als der linken Hand, setze man
krumm eingebogen auf die Löcher; doch nicht mit den Spitzen: sonst wür-
de man die Löcher nicht so zumachen können, daß keine Luft heraus gien-
ge. Das Krummbeugen der Finger aber dienet darzu, daß man dadurch
mehr Kräfte hat, die Triller geschwind und egal zu schlagen.

5. §.

Den Kopf muß man beständig gerade, doch ungezwungen, in die
Höhe halten: damit der Wind im Steigen nicht verhindert werde. Die
Arme muß man ein wenig auswärts in die Höhe halten, doch den linken
mehr als den rechten; und sie ja nicht an den Leib drücken: damit man
nicht genöthiget werde, den Kopf nach der rechten Seite zu, schief zu hal-
ten; als welches nicht allein eine üble Stellung des Leibes verursachet,

son-

Das II. Hauptſtuͤck. Von Haltung
Finger angedeutet werden: nur iſt zu merken, daß die mit 1. bis 6. be-
zeichneten Finger die Loͤcher der Floͤte zudecken; die mit 7. und 8. bemerk-
ten aber, die Klappen niederdruͤcken, und folglich die Loͤcher aufmachen.

2. §.

Wenn die Floͤte ungezwungen gehalten und geſpielet werden ſoll; ſo
muͤſſen, wenn man dieſelbe zuſammen ſchraubet, die Loͤcher der beyden
Mittelſtuͤcken, mit dem Loche, welches durch die krumme Klappe bedecket
wird, in gerader Linie ſtehen: damit man mit dem kleinen Finger der
rechten Hand, beyde Klappen bequem erreichen koͤnne. Das Kopfſtuͤck
muß, aus der geraden Linie, um ſo viel nach dem Munde einwaͤrts ge-
drehet werden, als ohngefaͤhr der Durchſchnitt des Mundlochs austraͤgt.

3. §.

Den Daumen der linken Hand ſetze man, dem mit 2. bezeichneten Fin-
ger, faſt gerade gegen uͤber; und zwar die Spitze vom Daumen einwaͤrts
gebogen. Die Floͤte lege man zwiſchen den Ballen und das zweyte Glied
des 1. Fingers, ſo, daß wenn man den erſten Finger krumm auf die Floͤ-
te leget, derſelbe das oberſte Loch bequem bedecken koͤnne. Auf dieſe Wei-
ſe wird man die Floͤte, wenn man ſie an den Mund ſetzet, nicht allein mit
dem 1. Finger und dem linken Daumen, welcher das Gegengewicht aus-
macht, ohne Huͤlfe der andern Finger, oder der rechten Hand, bequem
an den Mund druͤcken, und feſt halten; ſondern auch mit einem jeden
Finger der linken Hand, ohne Zuthun der rechten, Triller ſchlagen koͤnnen.

4. §.

Was die rechte Hand anlanget, ſo ſetze man den Daumen derſelben,
krumm und auswaͤrts gebogen, mit der Spitze unter den 4. Finger.
Die uͤbrigen Finger aber, ſo wohl dieſer, als der linken Hand, ſetze man
krumm eingebogen auf die Loͤcher; doch nicht mit den Spitzen: ſonſt wuͤr-
de man die Loͤcher nicht ſo zumachen koͤnnen, daß keine Luft heraus gien-
ge. Das Krummbeugen der Finger aber dienet darzu, daß man dadurch
mehr Kraͤfte hat, die Triller geſchwind und egal zu ſchlagen.

5. §.

Den Kopf muß man beſtaͤndig gerade, doch ungezwungen, in die
Hoͤhe halten: damit der Wind im Steigen nicht verhindert werde. Die
Arme muß man ein wenig auswaͤrts in die Hoͤhe halten, doch den linken
mehr als den rechten; und ſie ja nicht an den Leib druͤcken: damit man
nicht genoͤthiget werde, den Kopf nach der rechten Seite zu, ſchief zu hal-
ten; als welches nicht allein eine uͤble Stellung des Leibes verurſachet,

ſon-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0048" n="30"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das <hi rendition="#aq">II.</hi> Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck. Von Haltung</hi></fw><lb/>
Finger angedeutet werden: nur i&#x017F;t zu merken, daß die mit 1. bis 6. be-<lb/>
zeichneten Finger die Lo&#x0364;cher der Flo&#x0364;te zudecken; die mit 7. und 8. bemerk-<lb/>
ten aber, die Klappen niederdru&#x0364;cken, und folglich die Lo&#x0364;cher aufmachen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>2. §.</head><lb/>
            <p>Wenn die Flo&#x0364;te ungezwungen gehalten und ge&#x017F;pielet werden &#x017F;oll; &#x017F;o<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, wenn man die&#x017F;elbe zu&#x017F;ammen &#x017F;chraubet, die Lo&#x0364;cher der beyden<lb/>
Mittel&#x017F;tu&#x0364;cken, mit dem Loche, welches durch die krumme Klappe bedecket<lb/>
wird, in gerader Linie &#x017F;tehen: damit man mit dem kleinen Finger der<lb/>
rechten Hand, beyde Klappen bequem erreichen ko&#x0364;nne. Das Kopf&#x017F;tu&#x0364;ck<lb/>
muß, aus der geraden Linie, um &#x017F;o viel nach dem Munde einwa&#x0364;rts ge-<lb/>
drehet werden, als ohngefa&#x0364;hr der Durch&#x017F;chnitt des Mundlochs austra&#x0364;gt.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>3. §.</head><lb/>
            <p>Den Daumen der linken Hand &#x017F;etze man, dem mit 2. bezeichneten Fin-<lb/>
ger, fa&#x017F;t gerade gegen u&#x0364;ber; und zwar die Spitze vom Daumen einwa&#x0364;rts<lb/>
gebogen. Die Flo&#x0364;te lege man zwi&#x017F;chen den Ballen und das zweyte Glied<lb/>
des 1. Fingers, &#x017F;o, daß wenn man den er&#x017F;ten Finger krumm auf die Flo&#x0364;-<lb/>
te leget, der&#x017F;elbe das ober&#x017F;te Loch bequem bedecken ko&#x0364;nne. Auf die&#x017F;e Wei-<lb/>
&#x017F;e wird man die Flo&#x0364;te, wenn man &#x017F;ie an den Mund &#x017F;etzet, nicht allein mit<lb/>
dem 1. Finger und dem linken Daumen, welcher das Gegengewicht aus-<lb/>
macht, ohne Hu&#x0364;lfe der andern Finger, oder der rechten Hand, bequem<lb/>
an den Mund dru&#x0364;cken, und fe&#x017F;t halten; &#x017F;ondern auch mit einem jeden<lb/>
Finger der linken Hand, ohne Zuthun der rechten, Triller &#x017F;chlagen ko&#x0364;nnen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>4. §.</head><lb/>
            <p>Was die rechte Hand anlanget, &#x017F;o &#x017F;etze man den Daumen der&#x017F;elben,<lb/>
krumm und auswa&#x0364;rts gebogen, mit der Spitze unter den 4. Finger.<lb/>
Die u&#x0364;brigen Finger aber, &#x017F;o wohl die&#x017F;er, als der linken Hand, &#x017F;etze man<lb/>
krumm eingebogen auf die Lo&#x0364;cher; doch nicht mit den Spitzen: &#x017F;on&#x017F;t wu&#x0364;r-<lb/>
de man die Lo&#x0364;cher nicht &#x017F;o zumachen ko&#x0364;nnen, daß keine Luft heraus gien-<lb/>
ge. Das Krummbeugen der Finger aber dienet darzu, daß man dadurch<lb/>
mehr Kra&#x0364;fte hat, die Triller ge&#x017F;chwind und egal zu &#x017F;chlagen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>5. §.</head><lb/>
            <p>Den Kopf muß man be&#x017F;ta&#x0364;ndig gerade, doch ungezwungen, in die<lb/>
Ho&#x0364;he halten: damit der Wind im Steigen nicht verhindert werde. Die<lb/>
Arme muß man ein wenig auswa&#x0364;rts in die Ho&#x0364;he halten, doch den linken<lb/>
mehr als den rechten; und &#x017F;ie ja nicht an den Leib dru&#x0364;cken: damit man<lb/>
nicht geno&#x0364;thiget werde, den Kopf nach der rechten Seite zu, &#x017F;chief zu hal-<lb/>
ten; als welches nicht allein eine u&#x0364;ble Stellung des Leibes verur&#x017F;achet,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;on-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[30/0048] Das II. Hauptſtuͤck. Von Haltung Finger angedeutet werden: nur iſt zu merken, daß die mit 1. bis 6. be- zeichneten Finger die Loͤcher der Floͤte zudecken; die mit 7. und 8. bemerk- ten aber, die Klappen niederdruͤcken, und folglich die Loͤcher aufmachen. 2. §. Wenn die Floͤte ungezwungen gehalten und geſpielet werden ſoll; ſo muͤſſen, wenn man dieſelbe zuſammen ſchraubet, die Loͤcher der beyden Mittelſtuͤcken, mit dem Loche, welches durch die krumme Klappe bedecket wird, in gerader Linie ſtehen: damit man mit dem kleinen Finger der rechten Hand, beyde Klappen bequem erreichen koͤnne. Das Kopfſtuͤck muß, aus der geraden Linie, um ſo viel nach dem Munde einwaͤrts ge- drehet werden, als ohngefaͤhr der Durchſchnitt des Mundlochs austraͤgt. 3. §. Den Daumen der linken Hand ſetze man, dem mit 2. bezeichneten Fin- ger, faſt gerade gegen uͤber; und zwar die Spitze vom Daumen einwaͤrts gebogen. Die Floͤte lege man zwiſchen den Ballen und das zweyte Glied des 1. Fingers, ſo, daß wenn man den erſten Finger krumm auf die Floͤ- te leget, derſelbe das oberſte Loch bequem bedecken koͤnne. Auf dieſe Wei- ſe wird man die Floͤte, wenn man ſie an den Mund ſetzet, nicht allein mit dem 1. Finger und dem linken Daumen, welcher das Gegengewicht aus- macht, ohne Huͤlfe der andern Finger, oder der rechten Hand, bequem an den Mund druͤcken, und feſt halten; ſondern auch mit einem jeden Finger der linken Hand, ohne Zuthun der rechten, Triller ſchlagen koͤnnen. 4. §. Was die rechte Hand anlanget, ſo ſetze man den Daumen derſelben, krumm und auswaͤrts gebogen, mit der Spitze unter den 4. Finger. Die uͤbrigen Finger aber, ſo wohl dieſer, als der linken Hand, ſetze man krumm eingebogen auf die Loͤcher; doch nicht mit den Spitzen: ſonſt wuͤr- de man die Loͤcher nicht ſo zumachen koͤnnen, daß keine Luft heraus gien- ge. Das Krummbeugen der Finger aber dienet darzu, daß man dadurch mehr Kraͤfte hat, die Triller geſchwind und egal zu ſchlagen. 5. §. Den Kopf muß man beſtaͤndig gerade, doch ungezwungen, in die Hoͤhe halten: damit der Wind im Steigen nicht verhindert werde. Die Arme muß man ein wenig auswaͤrts in die Hoͤhe halten, doch den linken mehr als den rechten; und ſie ja nicht an den Leib druͤcken: damit man nicht genoͤthiget werde, den Kopf nach der rechten Seite zu, ſchief zu hal- ten; als welches nicht allein eine uͤble Stellung des Leibes verurſachet, ſon-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752/48
Zitationshilfe: Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752/48>, abgerufen am 26.04.2024.