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Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752.

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man es hingegen mit der Unterlippe zu viel, und hält den Kopf dabey nicht in die Höhe; so wird der Ton zu schwach, und nicht hell genug. Das allzufeste Zusammendrücken der Lippen und Zähne machet den Ton zischend; durch das überflüßige Ausdehnen des Mundes und der Kehle wird er dumpfig.

9. §.

Das Kinn und die Lippen müssen sich im Blasen beständig, nach dem Verhalte der steigenden und fallenden Noten, vor- oder rückwärts bewegen. Von dem zweygestrichenen D an, bis an das eingestrichene D, müßen die Lippen nach und nach zurück an die Zähne gezogen, und der Lippen Oeffnung etwas länger und weiter gemachet werden: damit man in der Tiefe einen dicken und schneidenden Ton heraus bringen könne. Von dem zweygestrichenen D bis in das dreygestrichene D, muß das Kinn und beyde Lippen, nach und nach, vorwärts von den Zähnen abgeschoben werden; doch so, daß die Unterlippe gegen der obern ein wenig vorstehe, und die Oeffnung der Lippen etwas schmaler und enger werde. Man drücke die Lippen aber nicht zu fest auf einander; damit das Zischen der Luft nicht gehöret werde.

10. §.

Wer sehr dicke Lippen hat, der thut wohl, wenn er den Ansatz um ein klein wenig mehr auf der linken Seite suchet; nicht aber ganz mitten auf den Lippen: denn der Wind bekömmt alsdenn mehr Schärfe, wenn er zur linken des Mundloches in den Winkel gebracht wird; wie solches die Erfahrung besser, als man es beschreiben kann, zeiget.

11. §.

Ich will eine Richtschnur geben, wie viel man bey einer jeden Octave, das Kinn und die Lippen zurück zu ziehen, oder vorwärts zu schieben hat. Man betrachte das abgezeichnete Mundloch (Embouchure) s. Tab. II. Fig. 2. welches zugleich die gehörige Größe, so es auf der Flöte haben muß, darstellet. In demselben wird man vier Querlinien erblicken. Die zweyte Linie von unten zeiget die Mitte, und wie weit das Mundloch, zu dem zweygestrichenen D, mit der Lippe bedecket werden müsse. Die unterste Linie weiset, wie weit man beyde Lippen auf dem Mundloche zurück ziehen müsse, wenn man das eingestrichene D angeben will. Die dritte Linie zeiget, wie weit man die Lippen zu dem dreygestrichenen D vorwärts zu schieben habe. Und die vierte Linie, wo der Zwischenraum nur halb so viel beträgt, lehret, wie weit man die Lippen

man es hingegen mit der Unterlippe zu viel, und hält den Kopf dabey nicht in die Höhe; so wird der Ton zu schwach, und nicht hell genug. Das allzufeste Zusammendrücken der Lippen und Zähne machet den Ton zischend; durch das überflüßige Ausdehnen des Mundes und der Kehle wird er dumpfig.

9. §.

Das Kinn und die Lippen müssen sich im Blasen beständig, nach dem Verhalte der steigenden und fallenden Noten, vor- oder rückwärts bewegen. Von dem zweygestrichenen D an, bis an das eingestrichene D, müßen die Lippen nach und nach zurück an die Zähne gezogen, und der Lippen Oeffnung etwas länger und weiter gemachet werden: damit man in der Tiefe einen dicken und schneidenden Ton heraus bringen könne. Von dem zweygestrichenen D bis in das dreygestrichene D, muß das Kinn und beyde Lippen, nach und nach, vorwärts von den Zähnen abgeschoben werden; doch so, daß die Unterlippe gegen der obern ein wenig vorstehe, und die Oeffnung der Lippen etwas schmaler und enger werde. Man drücke die Lippen aber nicht zu fest auf einander; damit das Zischen der Luft nicht gehöret werde.

10. §.

Wer sehr dicke Lippen hat, der thut wohl, wenn er den Ansatz um ein klein wenig mehr auf der linken Seite suchet; nicht aber ganz mitten auf den Lippen: denn der Wind bekömmt alsdenn mehr Schärfe, wenn er zur linken des Mundloches in den Winkel gebracht wird; wie solches die Erfahrung besser, als man es beschreiben kann, zeiget.

11. §.

Ich will eine Richtschnur geben, wie viel man bey einer jeden Octave, das Kinn und die Lippen zurück zu ziehen, oder vorwärts zu schieben hat. Man betrachte das abgezeichnete Mundloch (Embouchure) s. Tab. II. Fig. 2. welches zugleich die gehörige Größe, so es auf der Flöte haben muß, darstellet. In demselben wird man vier Querlinien erblicken. Die zweyte Linie von unten zeiget die Mitte, und wie weit das Mundloch, zu dem zweygestrichenen D, mit der Lippe bedecket werden müsse. Die unterste Linie weiset, wie weit man beyde Lippen auf dem Mundloche zurück ziehen müsse, wenn man das eingestrichene D angeben will. Die dritte Linie zeiget, wie weit man die Lippen zu dem dreygestrichenen D vorwärts zu schieben habe. Und die vierte Linie, wo der Zwischenraum nur halb so viel beträgt, lehret, wie weit man die Lippen

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[44/0058] man es hingegen mit der Unterlippe zu viel, und hält den Kopf dabey nicht in die Höhe; so wird der Ton zu schwach, und nicht hell genug. Das allzufeste Zusammendrücken der Lippen und Zähne machet den Ton zischend; durch das überflüßige Ausdehnen des Mundes und der Kehle wird er dumpfig. 9. §. Das Kinn und die Lippen müssen sich im Blasen beständig, nach dem Verhalte der steigenden und fallenden Noten, vor- oder rückwärts bewegen. Von dem zweygestrichenen D an, bis an das eingestrichene D, müßen die Lippen nach und nach zurück an die Zähne gezogen, und der Lippen Oeffnung etwas länger und weiter gemachet werden: damit man in der Tiefe einen dicken und schneidenden Ton heraus bringen könne. Von dem zweygestrichenen D bis in das dreygestrichene D, muß das Kinn und beyde Lippen, nach und nach, vorwärts von den Zähnen abgeschoben werden; doch so, daß die Unterlippe gegen der obern ein wenig vorstehe, und die Oeffnung der Lippen etwas schmaler und enger werde. Man drücke die Lippen aber nicht zu fest auf einander; damit das Zischen der Luft nicht gehöret werde. 10. §. Wer sehr dicke Lippen hat, der thut wohl, wenn er den Ansatz um ein klein wenig mehr auf der linken Seite suchet; nicht aber ganz mitten auf den Lippen: denn der Wind bekömmt alsdenn mehr Schärfe, wenn er zur linken des Mundloches in den Winkel gebracht wird; wie solches die Erfahrung besser, als man es beschreiben kann, zeiget. 11. §. Ich will eine Richtschnur geben, wie viel man bey einer jeden Octave, das Kinn und die Lippen zurück zu ziehen, oder vorwärts zu schieben hat. Man betrachte das abgezeichnete Mundloch (Embouchure) s. Tab. II. Fig. 2. welches zugleich die gehörige Größe, so es auf der Flöte haben muß, darstellet. In demselben wird man vier Querlinien erblicken. Die zweyte Linie von unten zeiget die Mitte, und wie weit das Mundloch, zu dem zweygestrichenen D, mit der Lippe bedecket werden müsse. Die unterste Linie weiset, wie weit man beyde Lippen auf dem Mundloche zurück ziehen müsse, wenn man das eingestrichene D angeben will. Die dritte Linie zeiget, wie weit man die Lippen zu dem dreygestrichenen D vorwärts zu schieben habe. Und die vierte Linie, wo der Zwischenraum nur halb so viel beträgt, lehret, wie weit man die Lippen

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Zitationshilfe: Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuchws_1752/58>, abgerufen am 26.04.2024.