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Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855.

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III. Cl. Gediegene Metalle: Kupfer.
Aber vor allen berühmt wurden durch Pallas (Reise 2. 144) die schönen
Krystalle der Turjinschen Gruben bei Bogoslowsk am nördlichen Ural,
die G. Rose so trefflich beschrieben hat (Reis. Ural I. 401). Sie liegen
im Kalkspath, der durch reine Salzsäure aufgelöst werden kann. Ein
Würfel w pflegt daran wenigstens auf einer Seite vorzuherrschen, Ok-
taeder o und Granatoeder g stumpfen Ecken und Kanten sehr ungleich
ab, und hin und wieder sieht man zwischen Granatoeder und Würfel noch
eine Pyramidenwürfelfläche, die Rose als a : 2/5 a : infinitya bestimmt, parallel
[Abbildung] der Würfelkante gestreift spiegelt sie nicht
scharf, und sie könnte daher wohl mit den
gewöhnlichen beim Gold und Silber be-
kannten a : 1/2a : infinitya übereinstimmen. Häu-
fig bilden sie Zwillinge, und solche Zwil-
linge lagern sich in den schönsten dendriti-
schen Formen an einander, sie werden dabei
zwar sehr verzogen, allein sämmtliche
Arme schneiden sich unter 60°, wie bei den
Schneesternen. Sie müssen daher drei Gra-
natoederflächen mit einander gemein haben,
denn Granatoeder kann man in sechsseiti-
gen Sternen an einander reihen, wie die
Bienenwaben zeigen. Der ganze Stern
bildet also im Grunde genommen
ein einziges Zwillingsindivi-
duum, die allen gemeinsame Ebene
ist die Oktaederfläche
, zugleich die Fläche des Sterns, in welches
die Individuen sich gegenseitig um 60° verdrehen. Die Arme des Sternes
gehen daher den Oktaederkanten parallel, und in der Zone der Oktaeder-
[Abbildung] kante liegen wod (Würfel, Oktaeder, Granatoder), d läßt
sich stets durch die rechten Winkel erkennen, unter welchen
sich die Kanten d/o und d/w unter einander schneiden.
Schwieriger ist der Beweis, daß es Zwillinge seien: allein
man sieht es schon an den Hauptstrahlen, die sich gewöhn-
lich in schmalen Lamellen erheben. Wenn die Lamellenfläche
oberhalb der Sternfläche w ist, so ist sie auch unterhalb w',
w/w' bilden aber keinen rechten Winkel, sondern den Oktaederwinkel 109°
28', das kann nur Zwilling sein. Oder wenn man die äußern Endspitzen
der Sternarme genau untersucht, so findet man öfter einspringende Winkel
von 109° 28', unter welchen sich die Würfelflächen w/w' des Zwillings
schneiden. Oft findet man aber auch ein scheinbar 2gliedriges Oktaeder
ww w'w' mit Endkantenwinkel w/w = 90° und w/w' = 109° 28', was
man sogar gut mit dem Anlegegoniometer messen kann. Das ist der
Würfelzwilling in zweigliedriger Stellung, woran durch Vergrößerung der
Flächen die einspringenden Winkel verschwanden. Es kommen Stücke vor,
woran die Unterseite des Sterns ein einfacher viel zerhackter Würfel ist,
während die Oberseite sich sternförmig gruppirt.

Zahn-, draht-, haarförmige Gestalten, Bleche und Platten, ganz wie
beim Silber.

Kupferroth und Metallglanz, aber meist angelaufen durch Kupfer-

III. Cl. Gediegene Metalle: Kupfer.
Aber vor allen berühmt wurden durch Pallas (Reiſe 2. 144) die ſchönen
Kryſtalle der Turjinſchen Gruben bei Bogoslowsk am nördlichen Ural,
die G. Roſe ſo trefflich beſchrieben hat (Reiſ. Ural I. 401). Sie liegen
im Kalkſpath, der durch reine Salzſäure aufgelöst werden kann. Ein
Würfel w pflegt daran wenigſtens auf einer Seite vorzuherrſchen, Ok-
taeder o und Granatoeder g ſtumpfen Ecken und Kanten ſehr ungleich
ab, und hin und wieder ſieht man zwiſchen Granatoeder und Würfel noch
eine Pyramidenwürfelfläche, die Roſe als a : ⅖a : ∞a beſtimmt, parallel
[Abbildung] der Würfelkante geſtreift ſpiegelt ſie nicht
ſcharf, und ſie könnte daher wohl mit den
gewöhnlichen beim Gold und Silber be-
kannten a : ½a : ∞a übereinſtimmen. Häu-
fig bilden ſie Zwillinge, und ſolche Zwil-
linge lagern ſich in den ſchönſten dendriti-
ſchen Formen an einander, ſie werden dabei
zwar ſehr verzogen, allein ſämmtliche
Arme ſchneiden ſich unter 60°, wie bei den
Schneeſternen. Sie müſſen daher drei Gra-
natoederflächen mit einander gemein haben,
denn Granatoeder kann man in ſechsſeiti-
gen Sternen an einander reihen, wie die
Bienenwaben zeigen. Der ganze Stern
bildet alſo im Grunde genommen
ein einziges Zwillingsindivi-
duum, die allen gemeinſame Ebene
iſt die Oktaederfläche
, zugleich die Fläche des Sterns, in welches
die Individuen ſich gegenſeitig um 60° verdrehen. Die Arme des Sternes
gehen daher den Oktaederkanten parallel, und in der Zone der Oktaeder-
[Abbildung] kante liegen wod (Würfel, Oktaeder, Granatoder), d läßt
ſich ſtets durch die rechten Winkel erkennen, unter welchen
ſich die Kanten d/o und d/w unter einander ſchneiden.
Schwieriger iſt der Beweis, daß es Zwillinge ſeien: allein
man ſieht es ſchon an den Hauptſtrahlen, die ſich gewöhn-
lich in ſchmalen Lamellen erheben. Wenn die Lamellenfläche
oberhalb der Sternfläche w iſt, ſo iſt ſie auch unterhalb w',
w/w' bilden aber keinen rechten Winkel, ſondern den Oktaederwinkel 109°
28′, das kann nur Zwilling ſein. Oder wenn man die äußern Endſpitzen
der Sternarme genau unterſucht, ſo findet man öfter einſpringende Winkel
von 109° 28′, unter welchen ſich die Würfelflächen w/w' des Zwillings
ſchneiden. Oft findet man aber auch ein ſcheinbar 2gliedriges Oktaeder
ww w'w' mit Endkantenwinkel w/w = 90° und w/w' = 109° 28′, was
man ſogar gut mit dem Anlegegoniometer meſſen kann. Das iſt der
Würfelzwilling in zweigliedriger Stellung, woran durch Vergrößerung der
Flächen die einſpringenden Winkel verſchwanden. Es kommen Stücke vor,
woran die Unterſeite des Sterns ein einfacher viel zerhackter Würfel iſt,
während die Oberſeite ſich ſternförmig gruppirt.

Zahn-, draht-, haarförmige Geſtalten, Bleche und Platten, ganz wie
beim Silber.

Kupferroth und Metallglanz, aber meiſt angelaufen durch Kupfer-

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[482/0494] III. Cl. Gediegene Metalle: Kupfer. Aber vor allen berühmt wurden durch Pallas (Reiſe 2. 144) die ſchönen Kryſtalle der Turjinſchen Gruben bei Bogoslowsk am nördlichen Ural, die G. Roſe ſo trefflich beſchrieben hat (Reiſ. Ural I. 401). Sie liegen im Kalkſpath, der durch reine Salzſäure aufgelöst werden kann. Ein Würfel w pflegt daran wenigſtens auf einer Seite vorzuherrſchen, Ok- taeder o und Granatoeder g ſtumpfen Ecken und Kanten ſehr ungleich ab, und hin und wieder ſieht man zwiſchen Granatoeder und Würfel noch eine Pyramidenwürfelfläche, die Roſe als a : ⅖a : ∞a beſtimmt, parallel [Abbildung] der Würfelkante geſtreift ſpiegelt ſie nicht ſcharf, und ſie könnte daher wohl mit den gewöhnlichen beim Gold und Silber be- kannten a : ½a : ∞a übereinſtimmen. Häu- fig bilden ſie Zwillinge, und ſolche Zwil- linge lagern ſich in den ſchönſten dendriti- ſchen Formen an einander, ſie werden dabei zwar ſehr verzogen, allein ſämmtliche Arme ſchneiden ſich unter 60°, wie bei den Schneeſternen. Sie müſſen daher drei Gra- natoederflächen mit einander gemein haben, denn Granatoeder kann man in ſechsſeiti- gen Sternen an einander reihen, wie die Bienenwaben zeigen. Der ganze Stern bildet alſo im Grunde genommen ein einziges Zwillingsindivi- duum, die allen gemeinſame Ebene iſt die Oktaederfläche, zugleich die Fläche des Sterns, in welches die Individuen ſich gegenſeitig um 60° verdrehen. Die Arme des Sternes gehen daher den Oktaederkanten parallel, und in der Zone der Oktaeder- [Abbildung] kante liegen wod (Würfel, Oktaeder, Granatoder), d läßt ſich ſtets durch die rechten Winkel erkennen, unter welchen ſich die Kanten d/o und d/w unter einander ſchneiden. Schwieriger iſt der Beweis, daß es Zwillinge ſeien: allein man ſieht es ſchon an den Hauptſtrahlen, die ſich gewöhn- lich in ſchmalen Lamellen erheben. Wenn die Lamellenfläche oberhalb der Sternfläche w iſt, ſo iſt ſie auch unterhalb w', w/w' bilden aber keinen rechten Winkel, ſondern den Oktaederwinkel 109° 28′, das kann nur Zwilling ſein. Oder wenn man die äußern Endſpitzen der Sternarme genau unterſucht, ſo findet man öfter einſpringende Winkel von 109° 28′, unter welchen ſich die Würfelflächen w/w' des Zwillings ſchneiden. Oft findet man aber auch ein ſcheinbar 2gliedriges Oktaeder ww w'w' mit Endkantenwinkel w/w = 90° und w/w' = 109° 28′, was man ſogar gut mit dem Anlegegoniometer meſſen kann. Das iſt der Würfelzwilling in zweigliedriger Stellung, woran durch Vergrößerung der Flächen die einſpringenden Winkel verſchwanden. Es kommen Stücke vor, woran die Unterſeite des Sterns ein einfacher viel zerhackter Würfel iſt, während die Oberſeite ſich ſternförmig gruppirt. Zahn-, draht-, haarförmige Geſtalten, Bleche und Platten, ganz wie beim Silber. Kupferroth und Metallglanz, aber meiſt angelaufen durch Kupfer-

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Zitationshilfe: Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855, S. 482. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quenstedt_mineralogie_1854/494>, abgerufen am 26.04.2024.