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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751.

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Vorbericht.
den; das weis ich wohl. Daß ich Ursache habe,
auf meine Frau eifersüchtig zu werden, und daß es
von Stutzern unter meinen Fenstern wimmelt, ist
leider der ganzen Stadt bekannt. Aber daß mich
ein junger Mensch einen Wuchrer nennt, das ist ei-
ne Jnjurie! Die muß die Obrigkeit bestrafen! Funf-
zig Thaler wende ich daran, damit sie sehen sollen,
daß ich kein Wuchrer bin. Jch bin

G * *

Herr G ** muß mehr bieten, wenn der Verle-
ger seinen Schriftsteller verrathen soll. Der Jüng-
ling läßt sich um einen so geringen Preis nicht nen-
nen. Jch könnte zwar sagen, daß ich den Charak-
ter des G ** aus dem Martiale i) genommen. Al-
lein ich will noch einige Zeit mit der Erklärung ver-
ziehen, ob er es ist. Denn er versteht ohne Zwei-
fel kein Latein, und kann also nicht wissen, ob ich
nicht einige neue Züge hinzugesetzt habe.

Mein
i) Nullus in urbe fuit tota, qui tangere vellet
Uxorem gratis, Caeciliane, tuam,
Dum licuit; sed nunc, positis custodibus, ingens
Turba fututorum est. Ingeniosus homo es.

Martial. libr. I. epigr. 74.
e 3

Vorbericht.
den; das weis ich wohl. Daß ich Urſache habe,
auf meine Frau eiferſuͤchtig zu werden, und daß es
von Stutzern unter meinen Fenſtern wimmelt, iſt
leider der ganzen Stadt bekannt. Aber daß mich
ein junger Menſch einen Wuchrer nennt, das iſt ei-
ne Jnjurie! Die muß die Obrigkeit beſtrafen! Funf-
zig Thaler wende ich daran, damit ſie ſehen ſollen,
daß ich kein Wuchrer bin. Jch bin

G * *

Herr G ** muß mehr bieten, wenn der Verle-
ger ſeinen Schriftſteller verrathen ſoll. Der Juͤng-
ling laͤßt ſich um einen ſo geringen Preis nicht nen-
nen. Jch koͤnnte zwar ſagen, daß ich den Charak-
ter des G ** aus dem Martiale i) genommen. Al-
lein ich will noch einige Zeit mit der Erklaͤrung ver-
ziehen, ob er es iſt. Denn er verſteht ohne Zwei-
fel kein Latein, und kann alſo nicht wiſſen, ob ich
nicht einige neue Zuͤge hinzugeſetzt habe.

Mein
i) Nullus in urbe fuit tota, qui tangere vellet
Uxorem gratis, Caeciliane, tuam,
Dum licuit; ſed nunc, poſitis cuſtodibus, ingens
Turba fututorum eſt. Ingenioſus homo es.

Martial. libr. I. epigr. 74.
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[69/0069] Vorbericht. den; das weis ich wohl. Daß ich Urſache habe, auf meine Frau eiferſuͤchtig zu werden, und daß es von Stutzern unter meinen Fenſtern wimmelt, iſt leider der ganzen Stadt bekannt. Aber daß mich ein junger Menſch einen Wuchrer nennt, das iſt ei- ne Jnjurie! Die muß die Obrigkeit beſtrafen! Funf- zig Thaler wende ich daran, damit ſie ſehen ſollen, daß ich kein Wuchrer bin. Jch bin G * * Herr G ** muß mehr bieten, wenn der Verle- ger ſeinen Schriftſteller verrathen ſoll. Der Juͤng- ling laͤßt ſich um einen ſo geringen Preis nicht nen- nen. Jch koͤnnte zwar ſagen, daß ich den Charak- ter des G ** aus dem Martiale i) genommen. Al- lein ich will noch einige Zeit mit der Erklaͤrung ver- ziehen, ob er es iſt. Denn er verſteht ohne Zwei- fel kein Latein, und kann alſo nicht wiſſen, ob ich nicht einige neue Zuͤge hinzugeſetzt habe. Mein i) Nullus in urbe fuit tota, qui tangere vellet Uxorem gratis, Caeciliane, tuam, Dum licuit; ſed nunc, poſitis cuſtodibus, ingens Turba fututorum eſt. Ingenioſus homo es. Martial. libr. I. epigr. 74. e 3

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung01_1751/69>, abgerufen am 19.03.2024.