Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite
Satyrische Briefe
Gnädiger Herr,

Es hat mich Herr - - - gebeten, ihn bey
Ew. Gnaden zu empfehlen, da er gehört hat,
daß Sie die erledigte Schösserstelle auf Jhren
Gütern wieder zu besetzen im Begriffe sind. Sie
sehen es selbst ein, Gnädiger Herr, daß dieses
Amt einen gelehrten, einen ehrlichen, und einen
arbeitsamen Mann haben will. Es ist schwer,
alle drey Tugenden beysammen anzutreffen; und
wer sie beysammen besitzt, der wird gemeiniglich
so sehr geschätzt, und so sorgfältig gesucht, daß
er sich kaum entschliessen dürfte, ein Amt, wie das
Jhrige, anzunehmen, welches ihn vom Hofe,
und von aller Gelegenheit, sein Glück weiter zu
treiben, entfernt. Ew. Gnaden kennen mich zu
gut, als daß Sie glauben sollten, ich stellte Jh-
nen die Sache um deswillen so schwer vor, damit
ich die Verdienste meines Candidaten desto gelten-
der machen könnte. Er besitzt wirklich alle die Ei-
genschaften, die ich oben gefodert habe, er weiß es
aber selbst so wenig, daß er immer zweifelt, ob er
auch geschickt genug sey, dem Amte so vorzustehn,
wie er ihm vorzustehen wünscht. Diese Furcht-
samkeit, vielleicht aber auch ein vernünftiges Ver-
langen, glücklich und ruhig zu bleiben, entfernen
ihn vom Hofe. Er wünscht, als ein ehrlicher
Mann, und unbekannt, auf Jhrer Herrschaft zu
sterben. Wollen Sie eine genauere Nachricht

von
L 2
Satyriſche Briefe
Gnaͤdiger Herr,

Es hat mich Herr ‒ ‒ ‒ gebeten, ihn bey
Ew. Gnaden zu empfehlen, da er gehoͤrt hat,
daß Sie die erledigte Schoͤſſerſtelle auf Jhren
Guͤtern wieder zu beſetzen im Begriffe ſind. Sie
ſehen es ſelbſt ein, Gnaͤdiger Herr, daß dieſes
Amt einen gelehrten, einen ehrlichen, und einen
arbeitſamen Mann haben will. Es iſt ſchwer,
alle drey Tugenden beyſammen anzutreffen; und
wer ſie beyſammen beſitzt, der wird gemeiniglich
ſo ſehr geſchaͤtzt, und ſo ſorgfaͤltig geſucht, daß
er ſich kaum entſchlieſſen duͤrfte, ein Amt, wie das
Jhrige, anzunehmen, welches ihn vom Hofe,
und von aller Gelegenheit, ſein Gluͤck weiter zu
treiben, entfernt. Ew. Gnaden kennen mich zu
gut, als daß Sie glauben ſollten, ich ſtellte Jh-
nen die Sache um deswillen ſo ſchwer vor, damit
ich die Verdienſte meines Candidaten deſto gelten-
der machen koͤnnte. Er beſitzt wirklich alle die Ei-
genſchaften, die ich oben gefodert habe, er weiß es
aber ſelbſt ſo wenig, daß er immer zweifelt, ob er
auch geſchickt genug ſey, dem Amte ſo vorzuſtehn,
wie er ihm vorzuſtehen wuͤnſcht. Dieſe Furcht-
ſamkeit, vielleicht aber auch ein vernuͤnftiges Ver-
langen, gluͤcklich und ruhig zu bleiben, entfernen
ihn vom Hofe. Er wuͤnſcht, als ein ehrlicher
Mann, und unbekannt, auf Jhrer Herrſchaft zu
ſterben. Wollen Sie eine genauere Nachricht

von
L 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <floatingText>
          <body>
            <pb facs="#f0191" n="163"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Satyri&#x017F;che Briefe</hi> </fw><lb/>
            <div type="letter">
              <salute> <hi rendition="#fr">Gna&#x0364;diger Herr,</hi> </salute><lb/>
              <p><hi rendition="#in">E</hi>s hat mich Herr &#x2012; &#x2012; &#x2012; gebeten, ihn bey<lb/>
Ew. Gnaden zu empfehlen, da er geho&#x0364;rt hat,<lb/>
daß Sie die erledigte Scho&#x0364;&#x017F;&#x017F;er&#x017F;telle auf Jhren<lb/>
Gu&#x0364;tern wieder zu be&#x017F;etzen im Begriffe &#x017F;ind. Sie<lb/>
&#x017F;ehen es &#x017F;elb&#x017F;t ein, Gna&#x0364;diger Herr, daß die&#x017F;es<lb/>
Amt einen gelehrten, einen ehrlichen, und einen<lb/>
arbeit&#x017F;amen Mann haben will. Es i&#x017F;t &#x017F;chwer,<lb/>
alle drey Tugenden bey&#x017F;ammen anzutreffen; und<lb/>
wer &#x017F;ie bey&#x017F;ammen be&#x017F;itzt, der wird gemeiniglich<lb/>
&#x017F;o &#x017F;ehr ge&#x017F;cha&#x0364;tzt, und &#x017F;o &#x017F;orgfa&#x0364;ltig ge&#x017F;ucht, daß<lb/>
er &#x017F;ich kaum ent&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en du&#x0364;rfte, ein Amt, wie das<lb/>
Jhrige, anzunehmen, welches ihn vom Hofe,<lb/>
und von aller Gelegenheit, &#x017F;ein Glu&#x0364;ck weiter zu<lb/>
treiben, entfernt. Ew. Gnaden kennen mich zu<lb/>
gut, als daß Sie glauben &#x017F;ollten, ich &#x017F;tellte Jh-<lb/>
nen die Sache um deswillen &#x017F;o &#x017F;chwer vor, damit<lb/>
ich die Verdien&#x017F;te meines Candidaten de&#x017F;to gelten-<lb/>
der machen ko&#x0364;nnte. Er be&#x017F;itzt wirklich alle die Ei-<lb/>
gen&#x017F;chaften, die ich oben gefodert habe, er weiß es<lb/>
aber &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;o wenig, daß er immer zweifelt, ob er<lb/>
auch ge&#x017F;chickt genug &#x017F;ey, dem Amte &#x017F;o vorzu&#x017F;tehn,<lb/>
wie er ihm vorzu&#x017F;tehen wu&#x0364;n&#x017F;cht. Die&#x017F;e Furcht-<lb/>
&#x017F;amkeit, vielleicht aber auch ein vernu&#x0364;nftiges Ver-<lb/>
langen, glu&#x0364;cklich und ruhig zu bleiben, entfernen<lb/>
ihn vom Hofe. Er wu&#x0364;n&#x017F;cht, als ein ehrlicher<lb/>
Mann, und unbekannt, auf Jhrer Herr&#x017F;chaft zu<lb/>
&#x017F;terben. Wollen Sie eine genauere Nachricht<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">L 2</fw><fw place="bottom" type="catch">von</fw><lb/></p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[163/0191] Satyriſche Briefe Gnaͤdiger Herr, Es hat mich Herr ‒ ‒ ‒ gebeten, ihn bey Ew. Gnaden zu empfehlen, da er gehoͤrt hat, daß Sie die erledigte Schoͤſſerſtelle auf Jhren Guͤtern wieder zu beſetzen im Begriffe ſind. Sie ſehen es ſelbſt ein, Gnaͤdiger Herr, daß dieſes Amt einen gelehrten, einen ehrlichen, und einen arbeitſamen Mann haben will. Es iſt ſchwer, alle drey Tugenden beyſammen anzutreffen; und wer ſie beyſammen beſitzt, der wird gemeiniglich ſo ſehr geſchaͤtzt, und ſo ſorgfaͤltig geſucht, daß er ſich kaum entſchlieſſen duͤrfte, ein Amt, wie das Jhrige, anzunehmen, welches ihn vom Hofe, und von aller Gelegenheit, ſein Gluͤck weiter zu treiben, entfernt. Ew. Gnaden kennen mich zu gut, als daß Sie glauben ſollten, ich ſtellte Jh- nen die Sache um deswillen ſo ſchwer vor, damit ich die Verdienſte meines Candidaten deſto gelten- der machen koͤnnte. Er beſitzt wirklich alle die Ei- genſchaften, die ich oben gefodert habe, er weiß es aber ſelbſt ſo wenig, daß er immer zweifelt, ob er auch geſchickt genug ſey, dem Amte ſo vorzuſtehn, wie er ihm vorzuſtehen wuͤnſcht. Dieſe Furcht- ſamkeit, vielleicht aber auch ein vernuͤnftiges Ver- langen, gluͤcklich und ruhig zu bleiben, entfernen ihn vom Hofe. Er wuͤnſcht, als ein ehrlicher Mann, und unbekannt, auf Jhrer Herrſchaft zu ſterben. Wollen Sie eine genauere Nachricht von L 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/191
Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/191>, abgerufen am 27.04.2024.