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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787.

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Pallast Quirinale.
Im ersten.

+ Der heilige Sebastian von Tizian.Der heilige
Sebastian
von Tizian.

Mehrere Heilige stehen in einer Reihe neben einander,
ohne die geringste Verbindung. In der Glorie sieht
man die Madonna mit dem Christ, und einigen En-
geln die Märtyrer Kronen halten. Die Köpfe haben
alle Wahrheit, aber außer den zwei ältesten, beinahe
gar keinen Ausdruck. Die Zeichnung der Körper
und Gewänder ist schlecht. Aber was man in die-
sem Gemählde bewundern muß, ist die Ründung,
die Wahrheit des Fleisches und der Stoffe. Der
heilige Sebastian ist die schönste Figur. Nach ihr
führt das Bild den Nahmen. Es ist aus seiner
dunklern Manier, und dem Pabste von der Republik
Venedig geschenkt.

Der heilige Petrus und der heilige Paul.
Zwei Gemählde, die viel von der Manier des Fra
Bartholomäo haben. Sie könnten von ihm seyn.

Man hat in Rom von diesem Meister keineBemerkun-
gen über den
Stil des Fra
Bartholo-
mäo di St.
Marco.

Werke, die uns in die Kenntniß seines Stils einfüh-
ren könnten. Was ich von Unterscheidungszeichen
desselben in Florenz gesammelt habe, will ich hie-
her setzen.

Er wagte sich selten an große Compositionen,
und wenn er es that, so begnügte er sich die Figuren,
die zu seinem Süjet gehörten, symmetrisch neben ein-
ander zu stellen. Seine Köpfe haben wenig Aus-
druck, und scheinen alle von dem nämlichen Modelle
genommen zu seyn. In der Zeichnung bemerkt man
große Formen; seine Extremitäten sind sehr genau,
und sogar mit zu scharfen Umrissen angegeben. Seine

Gewän-
Zweiter Theil. N
Pallaſt Quirinale.
Im erſten.

Der heilige Sebaſtian von Tizian.Der heilige
Sebaſtian
von Tizian.

Mehrere Heilige ſtehen in einer Reihe neben einander,
ohne die geringſte Verbindung. In der Glorie ſieht
man die Madonna mit dem Chriſt, und einigen En-
geln die Maͤrtyrer Kronen halten. Die Koͤpfe haben
alle Wahrheit, aber außer den zwei aͤlteſten, beinahe
gar keinen Ausdruck. Die Zeichnung der Koͤrper
und Gewaͤnder iſt ſchlecht. Aber was man in die-
ſem Gemaͤhlde bewundern muß, iſt die Ruͤndung,
die Wahrheit des Fleiſches und der Stoffe. Der
heilige Sebaſtian iſt die ſchoͤnſte Figur. Nach ihr
fuͤhrt das Bild den Nahmen. Es iſt aus ſeiner
dunklern Manier, und dem Pabſte von der Republik
Venedig geſchenkt.

Der heilige Petrus und der heilige Paul.
Zwei Gemaͤhlde, die viel von der Manier des Fra
Bartholomaͤo haben. Sie koͤnnten von ihm ſeyn.

Man hat in Rom von dieſem Meiſter keineBemerkun-
gen uͤber den
Stil des Fra
Bartholo-
maͤo di St.
Marco.

Werke, die uns in die Kenntniß ſeines Stils einfuͤh-
ren koͤnnten. Was ich von Unterſcheidungszeichen
deſſelben in Florenz geſammelt habe, will ich hie-
her ſetzen.

Er wagte ſich ſelten an große Compoſitionen,
und wenn er es that, ſo begnuͤgte er ſich die Figuren,
die zu ſeinem Suͤjet gehoͤrten, ſymmetriſch neben ein-
ander zu ſtellen. Seine Koͤpfe haben wenig Aus-
druck, und ſcheinen alle von dem naͤmlichen Modelle
genommen zu ſeyn. In der Zeichnung bemerkt man
große Formen; ſeine Extremitaͤten ſind ſehr genau,
und ſogar mit zu ſcharfen Umriſſen angegeben. Seine

Gewaͤn-
Zweiter Theil. N
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[193/0207] Pallaſt Quirinale. Im erſten. † Der heilige Sebaſtian von Tizian. Mehrere Heilige ſtehen in einer Reihe neben einander, ohne die geringſte Verbindung. In der Glorie ſieht man die Madonna mit dem Chriſt, und einigen En- geln die Maͤrtyrer Kronen halten. Die Koͤpfe haben alle Wahrheit, aber außer den zwei aͤlteſten, beinahe gar keinen Ausdruck. Die Zeichnung der Koͤrper und Gewaͤnder iſt ſchlecht. Aber was man in die- ſem Gemaͤhlde bewundern muß, iſt die Ruͤndung, die Wahrheit des Fleiſches und der Stoffe. Der heilige Sebaſtian iſt die ſchoͤnſte Figur. Nach ihr fuͤhrt das Bild den Nahmen. Es iſt aus ſeiner dunklern Manier, und dem Pabſte von der Republik Venedig geſchenkt. Der heilige Sebaſtian von Tizian. Der heilige Petrus und der heilige Paul. Zwei Gemaͤhlde, die viel von der Manier des Fra Bartholomaͤo haben. Sie koͤnnten von ihm ſeyn. Man hat in Rom von dieſem Meiſter keine Werke, die uns in die Kenntniß ſeines Stils einfuͤh- ren koͤnnten. Was ich von Unterſcheidungszeichen deſſelben in Florenz geſammelt habe, will ich hie- her ſetzen. Bemerkun- gen uͤber den Stil des Fra Bartholo- maͤo di St. Marco. Er wagte ſich ſelten an große Compoſitionen, und wenn er es that, ſo begnuͤgte er ſich die Figuren, die zu ſeinem Suͤjet gehoͤrten, ſymmetriſch neben ein- ander zu ſtellen. Seine Koͤpfe haben wenig Aus- druck, und ſcheinen alle von dem naͤmlichen Modelle genommen zu ſeyn. In der Zeichnung bemerkt man große Formen; ſeine Extremitaͤten ſind ſehr genau, und ſogar mit zu ſcharfen Umriſſen angegeben. Seine Gewaͤn- Zweiter Theil. N

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Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei02_1787/207>, abgerufen am 26.04.2024.