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Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798.

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zu beglücken, nicht aber Selbstheit, Nachgiebigkeit von dem andern verlange.

Es liegt in der Natur der Sache, daß dem Manne die endliche Bestimmung des Charakters, den die zusammengesetzte Person in der örtlichen und bürgerlichen Gesellschaft behaupten soll, zukomme. Mich dünkt, es ist der höchste Ruhm des Weibes, wenn es durch seinen Rath den Willen des Mannes nicht ändern kann, sich in diese Bestimmung zu schicken, und dann bey der Ausführung seiner Plane die nachtheiligen Folgen derselben durch kluge Behandlung zu mindern. Es wird der Frau leicht werden, wenn sie überzeugt ist, daß der Genosse ihres Schicksals sein Wohl nicht von dem ihrigen trennt, und dieß mehr als das seinige vor Augen hat. Aber zuweilen kann ihre Selbstheit die liebenden Absichten des Mannes verkennen: und welches ist dann des letztern Pflicht? Bey einer zarten Behandlung sich dennoch unerschütterlich und fest zu zeigen! Die Frau muß sehen, daß es dem Manne wehe thut versagen zu müssen, aber sie muß zugleich die Hoffnung verlieren, ihn von dem wohl überlegten, ihr verständigten Entschlusse abzubringen. Es ist gewiß, daß die erste Schwäche, die der Mann bey einem Zwiste zeigt, worin er von seinem Rechte überzeugt ist, die Gelegenheiten und die Lust zu ferneren Zwisten mehrt, daß hingegen ein Beyspiel von Energie des Charakters, verbunden mit Liebe, dem Weibe auf lange Zeit die Lust nimmt, sich in einen ähnlichen Kampf einzulassen.

Dann ist es aber auch Pflicht des Mannes, sich um das Detail desjenigen nicht zu bekümmern, was ohne Nachtheil für die vereinigte Person der Gattin als einzelnem Individuo ihres Geschlechts, allein oder vorzüglich

zu beglücken, nicht aber Selbstheit, Nachgiebigkeit von dem andern verlange.

Es liegt in der Natur der Sache, daß dem Manne die endliche Bestimmung des Charakters, den die zusammengesetzte Person in der örtlichen und bürgerlichen Gesellschaft behaupten soll, zukomme. Mich dünkt, es ist der höchste Ruhm des Weibes, wenn es durch seinen Rath den Willen des Mannes nicht ändern kann, sich in diese Bestimmung zu schicken, und dann bey der Ausführung seiner Plane die nachtheiligen Folgen derselben durch kluge Behandlung zu mindern. Es wird der Frau leicht werden, wenn sie überzeugt ist, daß der Genosse ihres Schicksals sein Wohl nicht von dem ihrigen trennt, und dieß mehr als das seinige vor Augen hat. Aber zuweilen kann ihre Selbstheit die liebenden Absichten des Mannes verkennen: und welches ist dann des letztern Pflicht? Bey einer zarten Behandlung sich dennoch unerschütterlich und fest zu zeigen! Die Frau muß sehen, daß es dem Manne wehe thut versagen zu müssen, aber sie muß zugleich die Hoffnung verlieren, ihn von dem wohl überlegten, ihr verständigten Entschlusse abzubringen. Es ist gewiß, daß die erste Schwäche, die der Mann bey einem Zwiste zeigt, worin er von seinem Rechte überzeugt ist, die Gelegenheiten und die Lust zu ferneren Zwisten mehrt, daß hingegen ein Beyspiel von Energie des Charakters, verbunden mit Liebe, dem Weibe auf lange Zeit die Lust nimmt, sich in einen ähnlichen Kampf einzulassen.

Dann ist es aber auch Pflicht des Mannes, sich um das Detail desjenigen nicht zu bekümmern, was ohne Nachtheil für die vereinigte Person der Gattin als einzelnem Individuo ihres Geschlechts, allein oder vorzüglich

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[373/0373] zu beglücken, nicht aber Selbstheit, Nachgiebigkeit von dem andern verlange. Es liegt in der Natur der Sache, daß dem Manne die endliche Bestimmung des Charakters, den die zusammengesetzte Person in der örtlichen und bürgerlichen Gesellschaft behaupten soll, zukomme. Mich dünkt, es ist der höchste Ruhm des Weibes, wenn es durch seinen Rath den Willen des Mannes nicht ändern kann, sich in diese Bestimmung zu schicken, und dann bey der Ausführung seiner Plane die nachtheiligen Folgen derselben durch kluge Behandlung zu mindern. Es wird der Frau leicht werden, wenn sie überzeugt ist, daß der Genosse ihres Schicksals sein Wohl nicht von dem ihrigen trennt, und dieß mehr als das seinige vor Augen hat. Aber zuweilen kann ihre Selbstheit die liebenden Absichten des Mannes verkennen: und welches ist dann des letztern Pflicht? Bey einer zarten Behandlung sich dennoch unerschütterlich und fest zu zeigen! Die Frau muß sehen, daß es dem Manne wehe thut versagen zu müssen, aber sie muß zugleich die Hoffnung verlieren, ihn von dem wohl überlegten, ihr verständigten Entschlusse abzubringen. Es ist gewiß, daß die erste Schwäche, die der Mann bey einem Zwiste zeigt, worin er von seinem Rechte überzeugt ist, die Gelegenheiten und die Lust zu ferneren Zwisten mehrt, daß hingegen ein Beyspiel von Energie des Charakters, verbunden mit Liebe, dem Weibe auf lange Zeit die Lust nimmt, sich in einen ähnlichen Kampf einzulassen. Dann ist es aber auch Pflicht des Mannes, sich um das Detail desjenigen nicht zu bekümmern, was ohne Nachtheil für die vereinigte Person der Gattin als einzelnem Individuo ihres Geschlechts, allein oder vorzüglich

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Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus02_1798/373>, abgerufen am 26.04.2024.