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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Buch IV. Staat und Hof.
man es auf. Was ihm in seinem Leben Wichtiges begeg-
net ist, wo er jedes Mal in den Fasten gepredigt, welche
Commissionen er empfangen und ausgeführt hat, auch die
Bücher, die er besaß, welche einzeln und welche zusam-
mengebunden, endlich seinen ganzen kleinen mönchischen
Haushalt hat er darin sorgfältig verzeichnet. Da liest
man z. B. wie sein Schwager Baptista 12 Schafe für
ihn kaufte; wie er, der Frate, erst 12, dann noch einmal
2 Floren 20 Bolognin darauf bezahlte, so daß sie sein
Eigenthum waren: der Schwager hatte sie bei sich, wie es
in Montalto herkömmlich, um die halbe Nutzung. In
dieser Weise geht es fort. Man sieht, wie er seine klei-
nen Ersparnisse zu Rathe hielt, wie sorgfältig er Rechnung
darüber führte, wie dann die Summen allmählig bis zu
ein paar hundert Floren anwuchsen; mit Interesse verfolgt
man dieß: es ist die nemliche haushälterische Gesinnung,
welche dieser Franciscaner kurz darauf auf die Verwaltung
des päpstlichen Staates übertrug. Seine Sparsamkeit ist
eine Eigenschaft, deren er sich in jeder Bulle, wo es die
Gelegenheit irgend zuläßt, und in vielen Inschriften rühmt.
In der That hat weder vor noch nach ihm ein Papst mit
ähnlichem Erfolg verwaltet.

Bei seiner Thronbesteigung fand er eine völlige Erschö-
pfung vor; bitter beschwert er sich über Papst Gregor, der
zugleich von den Pontificaten seines Vorgängers und seines
Nachfolgers einen guten Theil aufgebraucht habe 1). Er

1) Vita e successi del Cl. di Santaseverina. Ms. Bibl.
Alb. Mentre gli parlavo del collegio de neofiti e di quel degli
Armeni, che havevano bisogno di soccorso, mi rispose con
qualche alteratione, che in castello non vi erano danari e che

Buch IV. Staat und Hof.
man es auf. Was ihm in ſeinem Leben Wichtiges begeg-
net iſt, wo er jedes Mal in den Faſten gepredigt, welche
Commiſſionen er empfangen und ausgefuͤhrt hat, auch die
Buͤcher, die er beſaß, welche einzeln und welche zuſam-
mengebunden, endlich ſeinen ganzen kleinen moͤnchiſchen
Haushalt hat er darin ſorgfaͤltig verzeichnet. Da lieſt
man z. B. wie ſein Schwager Baptiſta 12 Schafe fuͤr
ihn kaufte; wie er, der Frate, erſt 12, dann noch einmal
2 Floren 20 Bolognin darauf bezahlte, ſo daß ſie ſein
Eigenthum waren: der Schwager hatte ſie bei ſich, wie es
in Montalto herkoͤmmlich, um die halbe Nutzung. In
dieſer Weiſe geht es fort. Man ſieht, wie er ſeine klei-
nen Erſparniſſe zu Rathe hielt, wie ſorgfaͤltig er Rechnung
daruͤber fuͤhrte, wie dann die Summen allmaͤhlig bis zu
ein paar hundert Floren anwuchſen; mit Intereſſe verfolgt
man dieß: es iſt die nemliche haushaͤlteriſche Geſinnung,
welche dieſer Franciscaner kurz darauf auf die Verwaltung
des paͤpſtlichen Staates uͤbertrug. Seine Sparſamkeit iſt
eine Eigenſchaft, deren er ſich in jeder Bulle, wo es die
Gelegenheit irgend zulaͤßt, und in vielen Inſchriften ruͤhmt.
In der That hat weder vor noch nach ihm ein Papſt mit
aͤhnlichem Erfolg verwaltet.

Bei ſeiner Thronbeſteigung fand er eine voͤllige Erſchoͤ-
pfung vor; bitter beſchwert er ſich uͤber Papſt Gregor, der
zugleich von den Pontificaten ſeines Vorgaͤngers und ſeines
Nachfolgers einen guten Theil aufgebraucht habe 1). Er

1) Vita e successi del Cl. di Santaseverina. Ms. Bibl.
Alb. Mentre gli parlavo del collegio de neofiti e di quel degli
Armeni, che havevano bisogno di soccorso, mi rispose con
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[460/0486] Buch IV. Staat und Hof. man es auf. Was ihm in ſeinem Leben Wichtiges begeg- net iſt, wo er jedes Mal in den Faſten gepredigt, welche Commiſſionen er empfangen und ausgefuͤhrt hat, auch die Buͤcher, die er beſaß, welche einzeln und welche zuſam- mengebunden, endlich ſeinen ganzen kleinen moͤnchiſchen Haushalt hat er darin ſorgfaͤltig verzeichnet. Da lieſt man z. B. wie ſein Schwager Baptiſta 12 Schafe fuͤr ihn kaufte; wie er, der Frate, erſt 12, dann noch einmal 2 Floren 20 Bolognin darauf bezahlte, ſo daß ſie ſein Eigenthum waren: der Schwager hatte ſie bei ſich, wie es in Montalto herkoͤmmlich, um die halbe Nutzung. In dieſer Weiſe geht es fort. Man ſieht, wie er ſeine klei- nen Erſparniſſe zu Rathe hielt, wie ſorgfaͤltig er Rechnung daruͤber fuͤhrte, wie dann die Summen allmaͤhlig bis zu ein paar hundert Floren anwuchſen; mit Intereſſe verfolgt man dieß: es iſt die nemliche haushaͤlteriſche Geſinnung, welche dieſer Franciscaner kurz darauf auf die Verwaltung des paͤpſtlichen Staates uͤbertrug. Seine Sparſamkeit iſt eine Eigenſchaft, deren er ſich in jeder Bulle, wo es die Gelegenheit irgend zulaͤßt, und in vielen Inſchriften ruͤhmt. In der That hat weder vor noch nach ihm ein Papſt mit aͤhnlichem Erfolg verwaltet. Bei ſeiner Thronbeſteigung fand er eine voͤllige Erſchoͤ- pfung vor; bitter beſchwert er ſich uͤber Papſt Gregor, der zugleich von den Pontificaten ſeines Vorgaͤngers und ſeines Nachfolgers einen guten Theil aufgebraucht habe 1). Er 1) Vita e successi del Cl. di Santaseverina. Ms. Bibl. Alb. Mentre gli parlavo del collegio de neofiti e di quel degli Armeni, che havevano bisogno di soccorso, mi rispose con qualche alteratione, che in castello non vi erano danari e che

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 460. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/486>, abgerufen am 26.04.2024.