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Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 2. Erfurt, 1753.

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7. Cap. Von Anlegung
pflanzung solcher Bäume, welche etwas stark sind,
dies Regel beobachte. Und gesetzt, daß es allen-
fals nicht helfen solte, so kan es doch auch nichts
schaden, denn es lauft sowol in Ansehung des
Baumes selbst als auch in Ansehung der Ar-
beit auf eins hinaus, ob ich einen Baum nach
Mitternacht oder nach der Mittags-Seite zu
kehre

Bey Bäumen, welche nicht alt sind, und
folglich die Sonnen-Hitze wenige Jahre empfun-
den haben, hat man sich nicht so genau daran zu
kehren, wie ich denn dergleichen viele 100. ohne
daran zu gedenken versetzen lassen. Es geschie-
het auch öfters, daß ein solcher Baum eine Krüm-
me hat, wenn nun ein geschickter Gärtner densel-
ben mit in eine gleiche Reihe bringen wil, so muß
nothwendig eine solche Krümme nach dem Visire
in die Länge gebracht werden; sonst wird nim-
mermehr ein Gärtner, wenn er auch noch so ge-
schickt ist, eine Reihe Bäume, sonderlich wenn
die krummen schon etwas dicke sind, in eine
Gleichheit bringen können. Und wenn er auch
einen solchen krummen Baum mit Gewalt an ei-
nen Pfahl anziehen wolte, so leidet nicht nur die
Schale durch das feste Anbinden Noth, sondern
der Umlauf des Saftes wird auch dadurch gehem-
met, und man muß also aus der Noth eine Tu-
gend machen, und sich nicht so genau dran kehren,
denn bey einer alzustarken Accuratesse wird un-
terweilen vieles verdorben.

§. 5.

7. Cap. Von Anlegung
pflanzung ſolcher Baͤume, welche etwas ſtark ſind,
dieſ Regel beobachte. Und geſetzt, daß es allen-
fals nicht helfen ſolte, ſo kan es doch auch nichts
ſchaden, denn es lauft ſowol in Anſehung des
Baumes ſelbſt als auch in Anſehung der Ar-
beit auf eins hinaus, ob ich einen Baum nach
Mitternacht oder nach der Mittags-Seite zu
kehre

Bey Baͤumen, welche nicht alt ſind, und
folglich die Sonnen-Hitze wenige Jahre empfun-
den haben, hat man ſich nicht ſo genau daran zu
kehren, wie ich denn dergleichen viele 100. ohne
daran zu gedenken verſetzen laſſen. Es geſchie-
het auch oͤfters, daß ein ſolcher Baum eine Kruͤm-
me hat, wenn nun ein geſchickter Gaͤrtner denſel-
ben mit in eine gleiche Reihe bringen wil, ſo muß
nothwendig eine ſolche Kruͤmme nach dem Viſire
in die Laͤnge gebracht werden; ſonſt wird nim-
mermehr ein Gaͤrtner, wenn er auch noch ſo ge-
ſchickt iſt, eine Reihe Baͤume, ſonderlich wenn
die krummen ſchon etwas dicke ſind, in eine
Gleichheit bringen koͤnnen. Und wenn er auch
einen ſolchen krummen Baum mit Gewalt an ei-
nen Pfahl anziehen wolte, ſo leidet nicht nur die
Schale durch das feſte Anbinden Noth, ſondern
der Umlauf des Saftes wird auch dadurch gehem-
met, und man muß alſo aus der Noth eine Tu-
gend machen, und ſich nicht ſo genau dran kehren,
denn bey einer alzuſtarken Accurateſſe wird un-
terweilen vieles verdorben.

§. 5.
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[102/0134] 7. Cap. Von Anlegung pflanzung ſolcher Baͤume, welche etwas ſtark ſind, dieſ Regel beobachte. Und geſetzt, daß es allen- fals nicht helfen ſolte, ſo kan es doch auch nichts ſchaden, denn es lauft ſowol in Anſehung des Baumes ſelbſt als auch in Anſehung der Ar- beit auf eins hinaus, ob ich einen Baum nach Mitternacht oder nach der Mittags-Seite zu kehre Bey Baͤumen, welche nicht alt ſind, und folglich die Sonnen-Hitze wenige Jahre empfun- den haben, hat man ſich nicht ſo genau daran zu kehren, wie ich denn dergleichen viele 100. ohne daran zu gedenken verſetzen laſſen. Es geſchie- het auch oͤfters, daß ein ſolcher Baum eine Kruͤm- me hat, wenn nun ein geſchickter Gaͤrtner denſel- ben mit in eine gleiche Reihe bringen wil, ſo muß nothwendig eine ſolche Kruͤmme nach dem Viſire in die Laͤnge gebracht werden; ſonſt wird nim- mermehr ein Gaͤrtner, wenn er auch noch ſo ge- ſchickt iſt, eine Reihe Baͤume, ſonderlich wenn die krummen ſchon etwas dicke ſind, in eine Gleichheit bringen koͤnnen. Und wenn er auch einen ſolchen krummen Baum mit Gewalt an ei- nen Pfahl anziehen wolte, ſo leidet nicht nur die Schale durch das feſte Anbinden Noth, ſondern der Umlauf des Saftes wird auch dadurch gehem- met, und man muß alſo aus der Noth eine Tu- gend machen, und ſich nicht ſo genau dran kehren, denn bey einer alzuſtarken Accurateſſe wird un- terweilen vieles verdorben. §. 5.

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Zitationshilfe: Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 2. Erfurt, 1753, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz02_1753/134>, abgerufen am 26.04.2024.