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Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.

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XVI. Was man doch für Augen siehet/ ist kein Fabel-Werck und Betrug: Nun aber wird in Speculo exemplorum exempl. 62. für die gewisse Wahrheit erzehlet/ daß einsmahls ein Mönnich in seiner Entzückung gesehen habe/ wie die Seelen im Fegfeur an Bradtspiessen vor einem grossen ungeheuren Feur/ als Gänse oder Capaunen/ seynd herumgewand und gebraten worden/ und seynd die höllische Scharffrichter darbey gestanden/ welche mit Blaßbälgen das Feur auffgeblasen/ und die Seelen mit ihrem herabfliessenden Fett begossen haben.

Antwort. Dieser Mönnich mochte wohl berauschet in seiner Küchen beym Feur sitzen/ und wegen eines Daumels eine Entzückung leiden. Sonsten ist bißhero noch keine Philosophie erfunden worden/ welche Lehre/ daß ein Geist/ (wie die Seele ist) Fett und Schmaltz habe/ und sich wie eine Gans am Spieß braten lasse. Summa, es ist das sicherste/ man lasse das Fabel-Werck und die Entzückungen der Mönchen fahren/ und verlasse sich festiglich auff Christum und dessen unendliches Verdienst/ welches ist das eintzige Fegfeur der Christen: Und der nicht betrogen werden will/ traue nur GOtt/ und seinem heiligen Wort.

Das dreyzehnte Capitel.

Von dem Päbstischen Fasten mit beylauffenden Irrthümeren.

ES ist allhier nicht der Streit/ ob den Christen gebühre zu fasten: Dann solches gestehen wir willig: Sondern das ist die Frage/ ob man das Päbstische Fasten/ wie es bey ihnen geübt wird/ billigen/ und also auch nohtwendig halten müsse.

Darauff antworten wir Nein/ wegen vieler der H. Schrifft zuwieder lauffenden Irrthümern.

Erster Irrthum.

Wegen Nohtzwang zur Enthaltung gewisser Speisen.

ES bestehet das Päbstische Fasten nicht in Nüchterkeit/ noch in Mässigkeit/ vielweniger in Enthaltung von aller Speiß und Tranck/ so etwan auff gewisse Zeit bestimmet wäre: Wie solches vor Alters gebräuchlich gewesen: Sondern ihr Fasten bestehet nur in Enthaltung vom Fleisch-Werck sc. Auff welche Enthaltung sie so eyffrig tringen/ als auff die Enthaltung vom Ehebruch. Wir aber halten von solchem vermeinten Fasten und aberglaubischer Enthaltung gar nichts:

Dann erstlich: So finden wir von solchem Unterscheid der Speisen in dem gantzen Neuen Testament weder Befehl/ noch einiges Exempel: Das finden wir aber/ daß Christus spricht: Vergeblich dienen sie mir/ dieweilen sie lehren solche Lehr/ die nichts dann Menschen Gebot seyn. Matth. 15. v. 9. Und daß er seinen Jüngern befiehlt/ lehret sie halten alles / was ich euch befohlen habe Matth. 28. v. 19. Nun hat aber Christus solchen Unterscheid der Speisen ihnen nirgend befohlen/ sondern ihnen vielmehr gesagt: Esset was sie euch vorsetzen Luc. 10. v. 8. Bleibens derowegen nur lauter Menschen-Satzungen/ mit welchen / auch nach der Aussage Christi/ GOtt dem HErrn vergeblich gedienet wird.

Zum andern: So seynd ja im Neuen Testament die Levitische Unterscheid der Speisen auffgehoben/ welche die Papisten sich unterstehen etlicher Maassen wiedrum einzuführen: Dann als Petrus in seiner Entzückung sich wegen etlicher Speisen weigerte/ und sagte/ er habe noch nie etwas gemeines oder unrei-

XVI. Was man doch für Augen siehet/ ist kein Fabel-Werck und Betrug: Nun aber wird in Speculo exemplorum exempl. 62. für die gewisse Wahrheit erzehlet/ daß einsmahls ein Mönnich in seiner Entzückung gesehen habe/ wie die Seelen im Fegfeur an Bradtspiessen vor einem grossen ungeheuren Feur/ als Gänse oder Capaunen/ seynd herumgewand und gebraten worden/ und seynd die höllische Scharffrichter darbey gestanden/ welche mit Blaßbälgen das Feur auffgeblasen/ und die Seelen mit ihrem herabfliessenden Fett begossen haben.

Antwort. Dieser Mönnich mochte wohl berauschet in seiner Küchen beym Feur sitzen/ und wegen eines Daumels eine Entzückung leiden. Sonsten ist bißhero noch keine Philosophie erfunden worden/ welche Lehre/ daß ein Geist/ (wie die Seele ist) Fett und Schmaltz habe/ und sich wie eine Gans am Spieß braten lasse. Summa, es ist das sicherste/ man lasse das Fabel-Werck und die Entzückungen der Mönchen fahren/ und verlasse sich festiglich auff Christum und dessen unendliches Verdienst/ welches ist das eintzige Fegfeur der Christen: Und der nicht betrogen werden will/ traue nur GOtt/ und seinem heiligen Wort.

Das dreyzehnte Capitel.

Von dem Päbstischen Fasten mit beylauffenden Irrthümeren.

ES ist allhier nicht der Streit/ ob den Christen gebühre zu fasten: Dann solches gestehen wir willig: Sondern das ist die Frage/ ob man das Päbstische Fasten/ wie es bey ihnen geübt wird/ billigen/ und also auch nohtwendig halten müsse.

Darauff antworten wir Nein/ wegen vieler der H. Schrifft zuwieder lauffenden Irrthümern.

Erster Irrthum.

Wegen Nohtzwang zur Enthaltung gewisser Speisen.

ES bestehet das Päbstische Fasten nicht in Nüchterkeit/ noch in Mässigkeit/ vielweniger in Enthaltung von aller Speiß und Tranck/ so etwan auff gewisse Zeit bestimmet wäre: Wie solches vor Alters gebräuchlich gewesen: Sondern ihr Fasten bestehet nur in Enthaltung vom Fleisch-Werck sc. Auff welche Enthaltung sie so eyffrig tringen/ als auff die Enthaltung vom Ehebruch. Wir aber halten von solchem vermeinten Fasten und aberglaubischer Enthaltung gar nichts:

Dann erstlich: So finden wir von solchem Unterscheid der Speisen in dem gantzen Neuen Testament weder Befehl/ noch einiges Exempel: Das finden wir aber/ daß Christus spricht: Vergeblich dienen sie mir/ dieweilen sie lehren solche Lehr/ die nichts dann Menschen Gebot seyn. Matth. 15. v. 9. Und daß er seinen Jüngern befiehlt/ lehret sie halten alles / was ich euch befohlen habe Matth. 28. v. 19. Nun hat aber Christus solchen Unterscheid der Speisen ihnen nirgend befohlen/ sondern ihnen vielmehr gesagt: Esset was sie euch vorsetzen Luc. 10. v. 8. Bleibens derowegen nur lauter Menschen-Satzungen/ mit welchen / auch nach der Aussage Christi/ GOtt dem HErrn vergeblich gedienet wird.

Zum andern: So seynd ja im Neuen Testament die Levitische Unterscheid der Speisen auffgehoben/ welche die Papisten sich unterstehen etlicher Maassen wiedrum einzuführen: Dann als Petrus in seiner Entzückung sich wegen etlicher Speisen weigerte/ und sagte/ er habe noch nie etwas gemeines oder unrei-

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        <p>Antwort. Dieser Mönnich mochte wohl berauschet in seiner Küchen beym Feur sitzen/ und            wegen eines Daumels eine Entzückung leiden. Sonsten ist bißhero noch keine Philosophie            erfunden worden/ welche Lehre/ daß ein Geist/ (wie die Seele ist) Fett und Schmaltz            habe/ und sich wie eine Gans am Spieß braten lasse. Summa, es ist das sicherste/ man            lasse das Fabel-Werck und die Entzückungen der Mönchen fahren/ und verlasse sich            festiglich auff Christum und dessen unendliches Verdienst/ welches ist das eintzige            Fegfeur der Christen: Und der nicht betrogen werden will/ traue nur GOtt/ und seinem            heiligen Wort.</p>
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        <p>Darauff antworten wir Nein/ wegen vieler der H. Schrifft zuwieder lauffenden            Irrthümern.</p>
        <p>Erster Irrthum.</p>
        <p>Wegen Nohtzwang zur Enthaltung gewisser Speisen.</p>
        <p>ES bestehet das Päbstische Fasten nicht in Nüchterkeit/ noch in Mässigkeit/ vielweniger            in Enthaltung von aller Speiß und Tranck/ so etwan auff gewisse Zeit bestimmet wäre: Wie            solches vor Alters gebräuchlich gewesen: Sondern ihr Fasten bestehet nur in Enthaltung vom            Fleisch-Werck sc. Auff welche Enthaltung sie so eyffrig tringen/ als auff die Enthaltung            vom Ehebruch. Wir aber halten von solchem vermeinten Fasten und aberglaubischer Enthaltung            gar nichts:</p>
        <p>Dann erstlich: So finden wir von solchem Unterscheid der Speisen in dem gantzen Neuen            Testament weder Befehl/ noch einiges Exempel: Das finden wir aber/ daß Christus spricht:            Vergeblich dienen sie mir/ dieweilen sie lehren solche Lehr/ die nichts dann Menschen            Gebot seyn. Matth. 15. v. 9. Und daß er seinen Jüngern befiehlt/ lehret sie halten alles           / was ich euch befohlen habe Matth. 28. v. 19. Nun hat aber Christus solchen Unterscheid            der Speisen ihnen nirgend befohlen/ sondern ihnen vielmehr gesagt: Esset was sie euch            vorsetzen Luc. 10. v. 8. Bleibens derowegen nur lauter Menschen-Satzungen/ mit welchen /            auch nach der Aussage Christi/ GOtt dem HErrn vergeblich gedienet wird.</p>
        <p>Zum andern: So seynd ja im Neuen Testament die Levitische Unterscheid der Speisen            auffgehoben/ welche die Papisten sich unterstehen etlicher Maassen wiedrum einzuführen:            Dann als Petrus in seiner Entzückung sich wegen etlicher Speisen weigerte/ und sagte/ er            habe noch nie etwas gemeines oder unrei-
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[204/0504] XVI. Was man doch für Augen siehet/ ist kein Fabel-Werck und Betrug: Nun aber wird in Speculo exemplorum exempl. 62. für die gewisse Wahrheit erzehlet/ daß einsmahls ein Mönnich in seiner Entzückung gesehen habe/ wie die Seelen im Fegfeur an Bradtspiessen vor einem grossen ungeheuren Feur/ als Gänse oder Capaunen/ seynd herumgewand und gebraten worden/ und seynd die höllische Scharffrichter darbey gestanden/ welche mit Blaßbälgen das Feur auffgeblasen/ und die Seelen mit ihrem herabfliessenden Fett begossen haben. Antwort. Dieser Mönnich mochte wohl berauschet in seiner Küchen beym Feur sitzen/ und wegen eines Daumels eine Entzückung leiden. Sonsten ist bißhero noch keine Philosophie erfunden worden/ welche Lehre/ daß ein Geist/ (wie die Seele ist) Fett und Schmaltz habe/ und sich wie eine Gans am Spieß braten lasse. Summa, es ist das sicherste/ man lasse das Fabel-Werck und die Entzückungen der Mönchen fahren/ und verlasse sich festiglich auff Christum und dessen unendliches Verdienst/ welches ist das eintzige Fegfeur der Christen: Und der nicht betrogen werden will/ traue nur GOtt/ und seinem heiligen Wort. Das dreyzehnte Capitel. Von dem Päbstischen Fasten mit beylauffenden Irrthümeren. ES ist allhier nicht der Streit/ ob den Christen gebühre zu fasten: Dann solches gestehen wir willig: Sondern das ist die Frage/ ob man das Päbstische Fasten/ wie es bey ihnen geübt wird/ billigen/ und also auch nohtwendig halten müsse. Darauff antworten wir Nein/ wegen vieler der H. Schrifft zuwieder lauffenden Irrthümern. Erster Irrthum. Wegen Nohtzwang zur Enthaltung gewisser Speisen. ES bestehet das Päbstische Fasten nicht in Nüchterkeit/ noch in Mässigkeit/ vielweniger in Enthaltung von aller Speiß und Tranck/ so etwan auff gewisse Zeit bestimmet wäre: Wie solches vor Alters gebräuchlich gewesen: Sondern ihr Fasten bestehet nur in Enthaltung vom Fleisch-Werck sc. Auff welche Enthaltung sie so eyffrig tringen/ als auff die Enthaltung vom Ehebruch. Wir aber halten von solchem vermeinten Fasten und aberglaubischer Enthaltung gar nichts: Dann erstlich: So finden wir von solchem Unterscheid der Speisen in dem gantzen Neuen Testament weder Befehl/ noch einiges Exempel: Das finden wir aber/ daß Christus spricht: Vergeblich dienen sie mir/ dieweilen sie lehren solche Lehr/ die nichts dann Menschen Gebot seyn. Matth. 15. v. 9. Und daß er seinen Jüngern befiehlt/ lehret sie halten alles / was ich euch befohlen habe Matth. 28. v. 19. Nun hat aber Christus solchen Unterscheid der Speisen ihnen nirgend befohlen/ sondern ihnen vielmehr gesagt: Esset was sie euch vorsetzen Luc. 10. v. 8. Bleibens derowegen nur lauter Menschen-Satzungen/ mit welchen / auch nach der Aussage Christi/ GOtt dem HErrn vergeblich gedienet wird. Zum andern: So seynd ja im Neuen Testament die Levitische Unterscheid der Speisen auffgehoben/ welche die Papisten sich unterstehen etlicher Maassen wiedrum einzuführen: Dann als Petrus in seiner Entzückung sich wegen etlicher Speisen weigerte/ und sagte/ er habe noch nie etwas gemeines oder unrei-

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Zitationshilfe: Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/504>, abgerufen am 27.04.2024.