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Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.

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hiezu locket CHristus selbsten nicht nur an: sondern treibt auch darzu mit ernstlichem Befehl Joh. 5. v. 39. Sucht in der Schrifft.

XVII. Es haben sich doch die Kinder der päbstischen Kirchen nicht zu beklagen/ wegen Mangel und Abgang des Göttlichen Worts: dann solches wird ihnen deutlich gnug von den Priestern in ihren Predigten vorgetragen.

Antwort. Was wissen doch die päbstische Pfaffen von dem Wort GOttes/ als nur hie und dort einen verlegenen Spruch/ so sie aus einer Kirchen-Postille zum Behuef ihrer Predigt hervorscharren? Zudem ist GOtt nicht vergnüget/ daß man das Wort GOttes predige: sondern er befiehlt darneben/ es solle zu Hauß nachgelesen/ und ins Hertz gefasset werden; da er spricht: Diese Wort/ die ich dir gebiehte/ sollen seyen in deinem Hertzen/ und solt sie deinen Kindern ansagen/ und daran gedencken/ und davon reden/ wann du in deinem Hause sitzest oder auf dem Weg gehest/ wann du dich nieder legest oder aufstehest/ und solt sie binden zum Zeichen auf deine Hand/ und sollen dir ein Denckmahl für deinen Augen seyn / und solt sie über deines Hauses Pfosten schreiben/ und an die Thore. Deut. 6. v. 6.

Das vierdte Capitel.

Ob man die Auslegung der Heil. Schrifft bey der Römischen Kirchen/ und aus den Hertzen des Pabsts/ Cardinälen sc. oder aber aus den beschriebenen Büchern der Aposteln sc. erhohlen müsse?

DIe Papisten appelliren von der Heil. Schrifft zu ihrer Kirchen/ das ist: Pabst / Cardinälen/ und die Rotte der päbstischen Pfaffen. Wir aber appelliren von diesem Geschwader gerad auf GOttes Wort/ aus folgenden Ursachen.

Erstlich: Dieweil die päbstische Auslegungen der Heil. Schrift handgreiflich zuwider lauffen/ wie solches im Verlauff dieses Tractats zum Augenschein soll erwiesen werden.

Zweytens: dieweilen die päbstische Auslegungen die Heil. Schrifft mehrmahls gar nicht erklären: sondern dieselbe mit mehr als einem enthusiastischen Geist und Schwenckfeldischen/ Carolstadischen/ und Müntzerschen Entgröbungen drehen und lencken gantz verschlagener Weise: ja mit Gewalt/ wieder die Augenscheinliche Meinung der Schrifft/ auf ihre Narrentheidungen und Fabeln verleiten und radbrechen.

Drittens: so wissen wir auch/ daß die Gaben GOttes (unter welchen dann auch ist die Erklärung der hohen Geheimnissen der Schrifft) an gewisse Personen und Orten nicht / gebunden seyn: Dann GOtt theilet einem jeglichen seine Gaben zu/ nachdem er will I. Cor. 12. v. II.

Viertens: auch wird nirgend gelesen/ daß die gantze Kirch dergestalt an die Römische Kirche verbunden seye/ daß sie sich nach derselbigen Meinung richten und reguliren müsse: an die Schrift aber ist sie allwegen verbunden gewesen/ und bleibt auch annoch verbunden / bey welcher man sich richtigen und beständigen Bescheidts erhohlen kan und soll.

Fünfftens: so müste folgen/ daß die Aposteln und Evangelisten ihre Müh und

hiezu locket CHristus selbsten nicht nur an: sondern treibt auch darzu mit ernstlichem Befehl Joh. 5. v. 39. Sucht in der Schrifft.

XVII. Es haben sich doch die Kinder der päbstischen Kirchen nicht zu beklagen/ wegen Mangel und Abgang des Göttlichen Worts: dann solches wird ihnen deutlich gnug von den Priestern in ihren Predigten vorgetragen.

Antwort. Was wissen doch die päbstische Pfaffen von dem Wort GOttes/ als nur hie und dort einen verlegenen Spruch/ so sie aus einer Kirchen-Postille zum Behuef ihrer Predigt hervorscharren? Zudem ist GOtt nicht vergnüget/ daß man das Wort GOttes predige: sondern er befiehlt darneben/ es solle zu Hauß nachgelesen/ und ins Hertz gefasset werden; da er spricht: Diese Wort/ die ich dir gebiehte/ sollen seyen in deinem Hertzen/ und solt sie deinen Kindern ansagen/ und daran gedencken/ und davon reden/ wann du in deinem Hause sitzest oder auf dem Weg gehest/ wann du dich nieder legest oder aufstehest/ und solt sie binden zum Zeichen auf deine Hand/ und sollen dir ein Denckmahl für deinen Augen seyn / und solt sie über deines Hauses Pfosten schreiben/ und an die Thore. Deut. 6. v. 6.

Das vierdte Capitel.

Ob man die Auslegung der Heil. Schrifft bey der Römischen Kirchen/ und aus den Hertzen des Pabsts/ Cardinälen sc. oder aber aus den beschriebenen Büchern der Aposteln sc. erhohlen müsse?

DIe Papisten appelliren von der Heil. Schrifft zu ihrer Kirchen/ das ist: Pabst / Cardinälen/ und die Rotte der päbstischen Pfaffen. Wir aber appelliren von diesem Geschwader gerad auf GOttes Wort/ aus folgenden Ursachen.

Erstlich: Dieweil die päbstische Auslegungen der Heil. Schrift handgreiflich zuwider lauffen/ wie solches im Verlauff dieses Tractats zum Augenschein soll erwiesen werden.

Zweytens: dieweilen die päbstische Auslegungen die Heil. Schrifft mehrmahls gar nicht erklären: sondern dieselbe mit mehr als einem enthusiastischen Geist und Schwenckfeldischen/ Carolstadischen/ und Müntzerschen Entgröbungen drehen und lencken gantz verschlagener Weise: ja mit Gewalt/ wieder die Augenscheinliche Meinung der Schrifft/ auf ihre Narrentheidungen und Fabeln verleiten und radbrechen.

Drittens: so wissen wir auch/ daß die Gaben GOttes (unter welchen dann auch ist die Erklärung der hohen Geheimnissen der Schrifft) an gewisse Personen und Orten nicht / gebunden seyn: Dann GOtt theilet einem jeglichen seine Gaben zu/ nachdem er will I. Cor. 12. v. II.

Viertens: auch wird nirgend gelesen/ daß die gantze Kirch dergestalt an die Römische Kirche verbunden seye/ daß sie sich nach derselbigen Meinung richten und reguliren müsse: an die Schrift aber ist sie allwegen verbunden gewesen/ und bleibt auch annoch verbunden / bey welcher man sich richtigen und beständigen Bescheidts erhohlen kan und soll.

Fünfftens: so müste folgen/ daß die Aposteln und Evangelisten ihre Müh und

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        <p>DIe Papisten appelliren von der Heil. Schrifft zu ihrer Kirchen/ das ist: Pabst /            Cardinälen/ und die Rotte der päbstischen Pfaffen. Wir aber appelliren von diesem            Geschwader gerad auf GOttes Wort/ aus folgenden Ursachen.</p>
        <p>Erstlich: Dieweil die päbstische Auslegungen der Heil. Schrift handgreiflich zuwider            lauffen/ wie solches im Verlauff dieses Tractats zum Augenschein soll erwiesen            werden.</p>
        <p>Zweytens: dieweilen die päbstische Auslegungen die Heil. Schrifft mehrmahls gar nicht            erklären: sondern dieselbe mit mehr als einem enthusiastischen Geist und            Schwenckfeldischen/ Carolstadischen/ und Müntzerschen Entgröbungen drehen und lencken            gantz verschlagener Weise: ja mit Gewalt/ wieder die Augenscheinliche Meinung der            Schrifft/ auf ihre Narrentheidungen und Fabeln verleiten und radbrechen.</p>
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        <p>Viertens: auch wird nirgend gelesen/ daß die gantze Kirch dergestalt an die Römische            Kirche verbunden seye/ daß sie sich nach derselbigen Meinung richten und reguliren müsse:            an die Schrift aber ist sie allwegen verbunden gewesen/ und bleibt auch annoch verbunden           / bey welcher man sich richtigen und beständigen Bescheidts erhohlen kan und soll.</p>
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[57/0077] hiezu locket CHristus selbsten nicht nur an: sondern treibt auch darzu mit ernstlichem Befehl Joh. 5. v. 39. Sucht in der Schrifft. XVII. Es haben sich doch die Kinder der päbstischen Kirchen nicht zu beklagen/ wegen Mangel und Abgang des Göttlichen Worts: dann solches wird ihnen deutlich gnug von den Priestern in ihren Predigten vorgetragen. Antwort. Was wissen doch die päbstische Pfaffen von dem Wort GOttes/ als nur hie und dort einen verlegenen Spruch/ so sie aus einer Kirchen-Postille zum Behuef ihrer Predigt hervorscharren? Zudem ist GOtt nicht vergnüget/ daß man das Wort GOttes predige: sondern er befiehlt darneben/ es solle zu Hauß nachgelesen/ und ins Hertz gefasset werden; da er spricht: Diese Wort/ die ich dir gebiehte/ sollen seyen in deinem Hertzen/ und solt sie deinen Kindern ansagen/ und daran gedencken/ und davon reden/ wann du in deinem Hause sitzest oder auf dem Weg gehest/ wann du dich nieder legest oder aufstehest/ und solt sie binden zum Zeichen auf deine Hand/ und sollen dir ein Denckmahl für deinen Augen seyn / und solt sie über deines Hauses Pfosten schreiben/ und an die Thore. Deut. 6. v. 6. Das vierdte Capitel. Ob man die Auslegung der Heil. Schrifft bey der Römischen Kirchen/ und aus den Hertzen des Pabsts/ Cardinälen sc. oder aber aus den beschriebenen Büchern der Aposteln sc. erhohlen müsse? DIe Papisten appelliren von der Heil. Schrifft zu ihrer Kirchen/ das ist: Pabst / Cardinälen/ und die Rotte der päbstischen Pfaffen. Wir aber appelliren von diesem Geschwader gerad auf GOttes Wort/ aus folgenden Ursachen. Erstlich: Dieweil die päbstische Auslegungen der Heil. Schrift handgreiflich zuwider lauffen/ wie solches im Verlauff dieses Tractats zum Augenschein soll erwiesen werden. Zweytens: dieweilen die päbstische Auslegungen die Heil. Schrifft mehrmahls gar nicht erklären: sondern dieselbe mit mehr als einem enthusiastischen Geist und Schwenckfeldischen/ Carolstadischen/ und Müntzerschen Entgröbungen drehen und lencken gantz verschlagener Weise: ja mit Gewalt/ wieder die Augenscheinliche Meinung der Schrifft/ auf ihre Narrentheidungen und Fabeln verleiten und radbrechen. Drittens: so wissen wir auch/ daß die Gaben GOttes (unter welchen dann auch ist die Erklärung der hohen Geheimnissen der Schrifft) an gewisse Personen und Orten nicht / gebunden seyn: Dann GOtt theilet einem jeglichen seine Gaben zu/ nachdem er will I. Cor. 12. v. II. Viertens: auch wird nirgend gelesen/ daß die gantze Kirch dergestalt an die Römische Kirche verbunden seye/ daß sie sich nach derselbigen Meinung richten und reguliren müsse: an die Schrift aber ist sie allwegen verbunden gewesen/ und bleibt auch annoch verbunden / bey welcher man sich richtigen und beständigen Bescheidts erhohlen kan und soll. Fünfftens: so müste folgen/ daß die Aposteln und Evangelisten ihre Müh und

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Zitationshilfe: Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/77>, abgerufen am 26.04.2024.