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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749.

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solcher Bösewicht in der Welt ist, der es wagen soll-
te, sie zu entweihen. Jhre Tugend und ihres
Hertzens wegen bin ich ausser Sorgen: wenn nur
GOtt geben wollte, daß sie ausser Gefahr wäre,
durch List oder durch Gewalt überwunden zu werden!
Jch bin allzu ängstlich: machen Sie mir, gnädige
Fräulein, das Hertze durch eine Zeile (wenn es auch
weiter nichts als eine eintzige Zeile seyn sollte (leich-
ter, und versichern Sie mir, daß ihre Ehre noch
unbefleckt ist. Jch weiß gewiß, daß Sie dieses
thun können: irre ich mich aber, so gebe ich allem
Vergnügen dieses Lebens gute Nacht. Es wird
alsdenn untröstbar seyn

Jhre gehorsamste Dienerin
die unglückliche Judith Norton.


Der achte Brief
von
Fräulein Howe an Frau Judith Norton.

Die Ehre Jhrer allerliebsten Fräulein ist noch
unverletzt: sie soll und wird auch unverletzt
bleiben, Menschen und Teuffeln zum Trotz. Meine
gantze Absicht war, daß sie den Lovelace nicht
heyrathen sollte, wenn einige Hoffnung zur Ver-
sohnung übrig wäre. Nun aber kann man weiter
nichts sagen, als dieses: sie muß es wagen eine un-
glückliche Ehe zu treffen, obgleich kein Mensch auf
dem Erdboden sie zu besitzen würdig ist.

Sie



ſolcher Boͤſewicht in der Welt iſt, der es wagen ſoll-
te, ſie zu entweihen. Jhre Tugend und ihres
Hertzens wegen bin ich auſſer Sorgen: wenn nur
GOtt geben wollte, daß ſie auſſer Gefahr waͤre,
durch Liſt oder durch Gewalt uͤberwunden zu werden!
Jch bin allzu aͤngſtlich: machen Sie mir, gnaͤdige
Fraͤulein, das Hertze durch eine Zeile (wenn es auch
weiter nichts als eine eintzige Zeile ſeyn ſollte (leich-
ter, und verſichern Sie mir, daß ihre Ehre noch
unbefleckt iſt. Jch weiß gewiß, daß Sie dieſes
thun koͤnnen: irre ich mich aber, ſo gebe ich allem
Vergnuͤgen dieſes Lebens gute Nacht. Es wird
alsdenn untroͤſtbar ſeyn

Jhre gehorſamſte Dienerin
die ungluͤckliche Judith Norton.


Der achte Brief
von
Fraͤulein Howe an Frau Judith Norton.

Die Ehre Jhrer allerliebſten Fraͤulein iſt noch
unverletzt: ſie ſoll und wird auch unverletzt
bleiben, Menſchen und Teuffeln zum Trotz. Meine
gantze Abſicht war, daß ſie den Lovelace nicht
heyrathen ſollte, wenn einige Hoffnung zur Ver-
ſohnung uͤbrig waͤre. Nun aber kann man weiter
nichts ſagen, als dieſes: ſie muß es wagen eine un-
gluͤckliche Ehe zu treffen, obgleich kein Menſch auf
dem Erdboden ſie zu beſitzen wuͤrdig iſt.

Sie
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[46/0052] ſolcher Boͤſewicht in der Welt iſt, der es wagen ſoll- te, ſie zu entweihen. Jhre Tugend und ihres Hertzens wegen bin ich auſſer Sorgen: wenn nur GOtt geben wollte, daß ſie auſſer Gefahr waͤre, durch Liſt oder durch Gewalt uͤberwunden zu werden! Jch bin allzu aͤngſtlich: machen Sie mir, gnaͤdige Fraͤulein, das Hertze durch eine Zeile (wenn es auch weiter nichts als eine eintzige Zeile ſeyn ſollte (leich- ter, und verſichern Sie mir, daß ihre Ehre noch unbefleckt iſt. Jch weiß gewiß, daß Sie dieſes thun koͤnnen: irre ich mich aber, ſo gebe ich allem Vergnuͤgen dieſes Lebens gute Nacht. Es wird alsdenn untroͤſtbar ſeyn Jhre gehorſamſte Dienerin die ungluͤckliche Judith Norton. Der achte Brief von Fraͤulein Howe an Frau Judith Norton. Sonnabend Abends den 13ten May. Die Ehre Jhrer allerliebſten Fraͤulein iſt noch unverletzt: ſie ſoll und wird auch unverletzt bleiben, Menſchen und Teuffeln zum Trotz. Meine gantze Abſicht war, daß ſie den Lovelace nicht heyrathen ſollte, wenn einige Hoffnung zur Ver- ſohnung uͤbrig waͤre. Nun aber kann man weiter nichts ſagen, als dieſes: ſie muß es wagen eine un- gluͤckliche Ehe zu treffen, obgleich kein Menſch auf dem Erdboden ſie zu beſitzen wuͤrdig iſt. Sie

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/52>, abgerufen am 26.04.2024.