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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, Wien, 1912.

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auffordern, ihn vorbereiten oder organisieren, werden daneben Strafen von 50-200 Fr. oder Gefängnis von 14 Tagen bis zu 3 Monaten angedroht. Diese Strafe soll auf 100-300 Fr. oder Gefängnis von 2 Monaten bis zu 1 Jahr verschärft werden, wenn das Vergehen während einer Differenz begangen wird, auf die das Schiedsverfahren Anwendung zu finden hat.

Wenn auch die näheren Beziehungen zum Eisenbahnverkehr hierbei fehlen, sei schließlich erwähnt, daß in einer Reihe von Staaten, u. a. in Deutschland durch die Gewerbeordnung vom 21. Juni 1869, in Österreich durch das Gesetz vom 7. April 1870 Bestimmungen gegen Mißbrauch des Koalitionsrechtes erlassen sind, die der Hauptsache nach den Zwang zur Teilnahme an A. verbieten und unter Strafe stellen.

A. größeren Umfangs auf den Eisenbahnen gehören immerhin zu den Seltenheiten. Am häufigsten kommen sie in Amerika vor. Dies hängt vielleicht mit dem Umstände zusammen, daß Lohnherabsetzungen und Personalentlassungen bei den schwankenden finanziellen Verhältnissen vieler amerikanischer Bahnen häufig wiederkehren. Amerika ist auch das Ursprungsland der Eisenbahnstreiks. Der erste war wohl ein partieller Streik der Bremser der Ohio-Mississippi-Bahn im Jahre 1876. Im darauffolgenden Jahr entstanden im Osten der Vereinigten Staaten Arbeitsausstände, die sich über die ganze Union verbreiteten und durch eine Reihe von Riesenstreiks viele andere Gewerbe in Mitleidenschaft zogen. Seit jener Zeit hat es auf den verschiedensten Bahnen A. in mehr oder minder großem Umfang gegeben.

In Europa ist es erst in diesem Jahrhundert zu ernsteren A. gekommen. Hervorzuheben ist hier der Eisenbahnausstand in Amsterdam 1903, der zunächst klein anfing, indem die Eisenbahnbediensteten an den Hafengleisen sich mit den streikenden Hafenarbeitern solidarisch erklärten und die Behandlung der von Arbeitswilligen beladenen Wagen verweigerten. Die Bewegung wuchs sich dann allmählich zu einem allgemeinen Sympathiestreik aus, der den ganzen Amsterdamer Verkehr fast vollständig lahm legte.

Eine besondere Natur gewannen die Arbeitsverweigerungen in Italien und Österreich. Hier stellten die Bediensteten die Arbeit nicht ein, legten aber trotzdem den Verkehr ziemlich lahm, indem sie den Dienst durch wirklich oder angeblich genaue instruktionsmäßige Manipulationen, die sie außerdem in langsamster und lässigster Weise betrieben, behinderten und verzögerten. Diese Art des Streiks wird als passive Resistenz oder Obstruktion bezeichnet. In Italien wurden auf diese Weise im Jahre 1904 dem Verkehrsleben tiefe Wunden geschlagen. Im Herbst 1907 wiederholten sich diese Vorkommnisse, allerdings in wesentlich kleinerem Maßstabe. In Österreich wurde Ende 1905 passive Resistenz in weit ausgedehntem Maßstabe geübt, die nicht nur auf die Privatbahnen beschränkt blieb, sondern auch auf die Staatsbahnen übergriff. In beschränktem Umfang kam es dann noch im Jahre 1907 bei mehreren Privatbahnen zu einer Wiederholung der passiven Resistenz.

Ein großer Eisenbahnerstreik fand in der Woche vom 11. bis 18. Oktober 1910 in Frankreich statt. Hier beabsichtigte das Arbeitersyndikat nichts weniger als einen Generalstreik auf allen französischen Bahnen. Ausgebrochen bei der Nordbahn, ergriff der Streik außer diesem Netz nur noch die verstaatlichte Westbahn in großem Umfange. Als besonders bemerkenswerte Begleiterscheinung des Streiks trat die planmäßige Sabotage auf, d. h. im wesentlichen die Unbrauchbarmachung der zum Betriebe notwendigen Anlagen für Nachrichtenübermittelung, Signal- und Weichenstellung. Dabei blieb es aber nicht. Auch eine Reihe gefährlicher Attentate auf die Sicherheit des Zugverkehrs wurde versucht. Dank der energischen Maßnahmen der französischen Regierung, die insbesondere, wie das zuvor schon in Italien und Ungarn geschehen war, die militärpflichtigen Eisenbahnbediensteten einberief und unter dem Zwange des Militärgesetzes anhielt, ihren Dienst zu verrichten, wurde die Bewegung im Keime erstickt, bevor sie noch auf die anderen großen Eisenbahnnetze in nennenswertem Maße übergegriffen hatte.

Der letzte große Eisenbahnerstreik war der englische, derselbe dauerte vom 7. bis 20. August 1911 und ging in einen Generalstreik über, der zu gewaltigen Ausschreitungen und heftigen Zusammenstößen mit der Polizei führte. Über Veranlassung der Regierung wurden von den Eisenbahngesellschaften Unterhandlungen mit den Bediensteten eingeleitet, außerdem wurde Militär in Bereitschaft gestellt, um den Verkehr nach Möglichkeit aufrecht zu erhalten. Am 19. August 1911 führten die Verhandlungen zu einer Verständigung.

Literatur: Roskoschny, Geschichte der Streiks, Berlin 1890. - Maximilian Meyer, Statistik der Streiks und Aussperrungen im In- und Auslande, Leipzig 1907. - Soz. Rdsch., Nov. 1905 u. Mai 1906. - S. Kaff, Das Recht der Eisenbahner, Wien 1907. - W. Sombart, Sozialismus und soziale Bewegung, 6. Aufl., Jena 1908. - Elsbeth Georgi, Theorie und Praxis des Generalstreiks, Jena 1908. - Reichsarbeitsbl., Berlin 1903-1908.

Leese.


Arbeitsgleis (temporary track; voie provisoire; binario provisorio), ein für die Ausführung von

auffordern, ihn vorbereiten oder organisieren, werden daneben Strafen von 50–200 Fr. oder Gefängnis von 14 Tagen bis zu 3 Monaten angedroht. Diese Strafe soll auf 100–300 Fr. oder Gefängnis von 2 Monaten bis zu 1 Jahr verschärft werden, wenn das Vergehen während einer Differenz begangen wird, auf die das Schiedsverfahren Anwendung zu finden hat.

Wenn auch die näheren Beziehungen zum Eisenbahnverkehr hierbei fehlen, sei schließlich erwähnt, daß in einer Reihe von Staaten, u. a. in Deutschland durch die Gewerbeordnung vom 21. Juni 1869, in Österreich durch das Gesetz vom 7. April 1870 Bestimmungen gegen Mißbrauch des Koalitionsrechtes erlassen sind, die der Hauptsache nach den Zwang zur Teilnahme an A. verbieten und unter Strafe stellen.

A. größeren Umfangs auf den Eisenbahnen gehören immerhin zu den Seltenheiten. Am häufigsten kommen sie in Amerika vor. Dies hängt vielleicht mit dem Umstände zusammen, daß Lohnherabsetzungen und Personalentlassungen bei den schwankenden finanziellen Verhältnissen vieler amerikanischer Bahnen häufig wiederkehren. Amerika ist auch das Ursprungsland der Eisenbahnstreiks. Der erste war wohl ein partieller Streik der Bremser der Ohio-Mississippi-Bahn im Jahre 1876. Im darauffolgenden Jahr entstanden im Osten der Vereinigten Staaten Arbeitsausstände, die sich über die ganze Union verbreiteten und durch eine Reihe von Riesenstreiks viele andere Gewerbe in Mitleidenschaft zogen. Seit jener Zeit hat es auf den verschiedensten Bahnen A. in mehr oder minder großem Umfang gegeben.

In Europa ist es erst in diesem Jahrhundert zu ernsteren A. gekommen. Hervorzuheben ist hier der Eisenbahnausstand in Amsterdam 1903, der zunächst klein anfing, indem die Eisenbahnbediensteten an den Hafengleisen sich mit den streikenden Hafenarbeitern solidarisch erklärten und die Behandlung der von Arbeitswilligen beladenen Wagen verweigerten. Die Bewegung wuchs sich dann allmählich zu einem allgemeinen Sympathiestreik aus, der den ganzen Amsterdamer Verkehr fast vollständig lahm legte.

Eine besondere Natur gewannen die Arbeitsverweigerungen in Italien und Österreich. Hier stellten die Bediensteten die Arbeit nicht ein, legten aber trotzdem den Verkehr ziemlich lahm, indem sie den Dienst durch wirklich oder angeblich genaue instruktionsmäßige Manipulationen, die sie außerdem in langsamster und lässigster Weise betrieben, behinderten und verzögerten. Diese Art des Streiks wird als passive Resistenz oder Obstruktion bezeichnet. In Italien wurden auf diese Weise im Jahre 1904 dem Verkehrsleben tiefe Wunden geschlagen. Im Herbst 1907 wiederholten sich diese Vorkommnisse, allerdings in wesentlich kleinerem Maßstabe. In Österreich wurde Ende 1905 passive Resistenz in weit ausgedehntem Maßstabe geübt, die nicht nur auf die Privatbahnen beschränkt blieb, sondern auch auf die Staatsbahnen übergriff. In beschränktem Umfang kam es dann noch im Jahre 1907 bei mehreren Privatbahnen zu einer Wiederholung der passiven Resistenz.

Ein großer Eisenbahnerstreik fand in der Woche vom 11. bis 18. Oktober 1910 in Frankreich statt. Hier beabsichtigte das Arbeitersyndikat nichts weniger als einen Generalstreik auf allen französischen Bahnen. Ausgebrochen bei der Nordbahn, ergriff der Streik außer diesem Netz nur noch die verstaatlichte Westbahn in großem Umfange. Als besonders bemerkenswerte Begleiterscheinung des Streiks trat die planmäßige Sabotage auf, d. h. im wesentlichen die Unbrauchbarmachung der zum Betriebe notwendigen Anlagen für Nachrichtenübermittelung, Signal- und Weichenstellung. Dabei blieb es aber nicht. Auch eine Reihe gefährlicher Attentate auf die Sicherheit des Zugverkehrs wurde versucht. Dank der energischen Maßnahmen der französischen Regierung, die insbesondere, wie das zuvor schon in Italien und Ungarn geschehen war, die militärpflichtigen Eisenbahnbediensteten einberief und unter dem Zwange des Militärgesetzes anhielt, ihren Dienst zu verrichten, wurde die Bewegung im Keime erstickt, bevor sie noch auf die anderen großen Eisenbahnnetze in nennenswertem Maße übergegriffen hatte.

Der letzte große Eisenbahnerstreik war der englische, derselbe dauerte vom 7. bis 20. August 1911 und ging in einen Generalstreik über, der zu gewaltigen Ausschreitungen und heftigen Zusammenstößen mit der Polizei führte. Über Veranlassung der Regierung wurden von den Eisenbahngesellschaften Unterhandlungen mit den Bediensteten eingeleitet, außerdem wurde Militär in Bereitschaft gestellt, um den Verkehr nach Möglichkeit aufrecht zu erhalten. Am 19. August 1911 führten die Verhandlungen zu einer Verständigung.

Literatur: Roskoschny, Geschichte der Streiks, Berlin 1890. – Maximilian Meyer, Statistik der Streiks und Aussperrungen im In- und Auslande, Leipzig 1907. – Soz. Rdsch., Nov. 1905 u. Mai 1906. – S. Kaff, Das Recht der Eisenbahner, Wien 1907. – W. Sombart, Sozialismus und soziale Bewegung, 6. Aufl., Jena 1908. – Elsbeth Georgi, Theorie und Praxis des Generalstreiks, Jena 1908. – Reichsarbeitsbl., Berlin 1903–1908.

Leese.


Arbeitsgleis (temporary track; voie provisoire; binario provisorio), ein für die Ausführung von

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[236/0245] auffordern, ihn vorbereiten oder organisieren, werden daneben Strafen von 50–200 Fr. oder Gefängnis von 14 Tagen bis zu 3 Monaten angedroht. Diese Strafe soll auf 100–300 Fr. oder Gefängnis von 2 Monaten bis zu 1 Jahr verschärft werden, wenn das Vergehen während einer Differenz begangen wird, auf die das Schiedsverfahren Anwendung zu finden hat. Wenn auch die näheren Beziehungen zum Eisenbahnverkehr hierbei fehlen, sei schließlich erwähnt, daß in einer Reihe von Staaten, u. a. in Deutschland durch die Gewerbeordnung vom 21. Juni 1869, in Österreich durch das Gesetz vom 7. April 1870 Bestimmungen gegen Mißbrauch des Koalitionsrechtes erlassen sind, die der Hauptsache nach den Zwang zur Teilnahme an A. verbieten und unter Strafe stellen. A. größeren Umfangs auf den Eisenbahnen gehören immerhin zu den Seltenheiten. Am häufigsten kommen sie in Amerika vor. Dies hängt vielleicht mit dem Umstände zusammen, daß Lohnherabsetzungen und Personalentlassungen bei den schwankenden finanziellen Verhältnissen vieler amerikanischer Bahnen häufig wiederkehren. Amerika ist auch das Ursprungsland der Eisenbahnstreiks. Der erste war wohl ein partieller Streik der Bremser der Ohio-Mississippi-Bahn im Jahre 1876. Im darauffolgenden Jahr entstanden im Osten der Vereinigten Staaten Arbeitsausstände, die sich über die ganze Union verbreiteten und durch eine Reihe von Riesenstreiks viele andere Gewerbe in Mitleidenschaft zogen. Seit jener Zeit hat es auf den verschiedensten Bahnen A. in mehr oder minder großem Umfang gegeben. In Europa ist es erst in diesem Jahrhundert zu ernsteren A. gekommen. Hervorzuheben ist hier der Eisenbahnausstand in Amsterdam 1903, der zunächst klein anfing, indem die Eisenbahnbediensteten an den Hafengleisen sich mit den streikenden Hafenarbeitern solidarisch erklärten und die Behandlung der von Arbeitswilligen beladenen Wagen verweigerten. Die Bewegung wuchs sich dann allmählich zu einem allgemeinen Sympathiestreik aus, der den ganzen Amsterdamer Verkehr fast vollständig lahm legte. Eine besondere Natur gewannen die Arbeitsverweigerungen in Italien und Österreich. Hier stellten die Bediensteten die Arbeit nicht ein, legten aber trotzdem den Verkehr ziemlich lahm, indem sie den Dienst durch wirklich oder angeblich genaue instruktionsmäßige Manipulationen, die sie außerdem in langsamster und lässigster Weise betrieben, behinderten und verzögerten. Diese Art des Streiks wird als passive Resistenz oder Obstruktion bezeichnet. In Italien wurden auf diese Weise im Jahre 1904 dem Verkehrsleben tiefe Wunden geschlagen. Im Herbst 1907 wiederholten sich diese Vorkommnisse, allerdings in wesentlich kleinerem Maßstabe. In Österreich wurde Ende 1905 passive Resistenz in weit ausgedehntem Maßstabe geübt, die nicht nur auf die Privatbahnen beschränkt blieb, sondern auch auf die Staatsbahnen übergriff. In beschränktem Umfang kam es dann noch im Jahre 1907 bei mehreren Privatbahnen zu einer Wiederholung der passiven Resistenz. Ein großer Eisenbahnerstreik fand in der Woche vom 11. bis 18. Oktober 1910 in Frankreich statt. Hier beabsichtigte das Arbeitersyndikat nichts weniger als einen Generalstreik auf allen französischen Bahnen. Ausgebrochen bei der Nordbahn, ergriff der Streik außer diesem Netz nur noch die verstaatlichte Westbahn in großem Umfange. Als besonders bemerkenswerte Begleiterscheinung des Streiks trat die planmäßige Sabotage auf, d. h. im wesentlichen die Unbrauchbarmachung der zum Betriebe notwendigen Anlagen für Nachrichtenübermittelung, Signal- und Weichenstellung. Dabei blieb es aber nicht. Auch eine Reihe gefährlicher Attentate auf die Sicherheit des Zugverkehrs wurde versucht. Dank der energischen Maßnahmen der französischen Regierung, die insbesondere, wie das zuvor schon in Italien und Ungarn geschehen war, die militärpflichtigen Eisenbahnbediensteten einberief und unter dem Zwange des Militärgesetzes anhielt, ihren Dienst zu verrichten, wurde die Bewegung im Keime erstickt, bevor sie noch auf die anderen großen Eisenbahnnetze in nennenswertem Maße übergegriffen hatte. Der letzte große Eisenbahnerstreik war der englische, derselbe dauerte vom 7. bis 20. August 1911 und ging in einen Generalstreik über, der zu gewaltigen Ausschreitungen und heftigen Zusammenstößen mit der Polizei führte. Über Veranlassung der Regierung wurden von den Eisenbahngesellschaften Unterhandlungen mit den Bediensteten eingeleitet, außerdem wurde Militär in Bereitschaft gestellt, um den Verkehr nach Möglichkeit aufrecht zu erhalten. Am 19. August 1911 führten die Verhandlungen zu einer Verständigung. Literatur: Roskoschny, Geschichte der Streiks, Berlin 1890. – Maximilian Meyer, Statistik der Streiks und Aussperrungen im In- und Auslande, Leipzig 1907. – Soz. Rdsch., Nov. 1905 u. Mai 1906. – S. Kaff, Das Recht der Eisenbahner, Wien 1907. – W. Sombart, Sozialismus und soziale Bewegung, 6. Aufl., Jena 1908. – Elsbeth Georgi, Theorie und Praxis des Generalstreiks, Jena 1908. – Reichsarbeitsbl., Berlin 1903–1908. Leese. Arbeitsgleis (temporary track; voie provisoire; binario provisorio), ein für die Ausführung von

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, Wien, 1912, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen01_1912/245>, abgerufen am 15.05.2024.