Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 5. Berlin, Wien, 1914.

Bild:
<< vorherige Seite

werden müssen. Von den Sammeltransporten wird bei allen Arten von Zwangsbeförderungen (auch bei Militärgefangenen) Gebrauch gemacht; nur Geisteskranke, die der Fürsorgeerziehung überwiesenen jugendlichen Personen und hochschwangere Frauen werden stets einzeln befördert. Die Zellen der Gefangenenwagen werden in der Regel nur mit einem Gefangenen besetzt, keinesfalls dürfen Untersuchungsgefangene mit Strafgefangenen, Jugendliche mit Erwachsenen, und Personen, die sich im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befinden, mit solchen, denen diese Rechte aberkannt sind, zusammengebracht werden. Für die in Sammeltransporten zu befördernden Personen werden keine Fahrkarten gelöst, da der Staat die Verauslagung der Sammeltransportkosten in Form einer an die Bahnverwaltung zu zahlenden Bauschvergütung von 8 Pf. für das laufende km (4 Pf. für Beaufsichtigung und Verpflegungskosten während der Fahrt und 4 Pf. für Fahrkosten) übernommen hat. Die Bauschvergütung für Militärgefangene beträgt 5 Pf. für den Kopf und das km (4 Pf. für allgemeine Kosten und 1 Pf. für Fahrkosten).

In Österreich werden die Gefangenen und deren Begleiter auf Grund besonderer behördlicher Legitimationen nach Tunlichkeit in besonderen Abteilen III. Klasse gegen Zahlung des halben Fahrpreises für die benutzten Plätze befördert. Gendarmen als Begleiter haben den nach dem Militärtarif entfallenden Fahrpreis zu zahlen, wenn der halbe tarifmäßige Fahrpreis nicht niedriger ist. Die Benutzung von Schnellzügen ist nur gegen Zahlung des tarifmäßigen Preises für ganze Wagenabteile gestattet.

In Belgien erfolgt der G. entweder in von der Justizbehörde beigestellten Zellenwagen, die auf einzelnen Strecken regelmäßig verkehren, oder mit gewöhnlichen Wagen, u. zw. unter 50% Nachlaß von den normalen Tarifen.

In Frankreich findet der G. ähnlich wie in Belgien in Zellenwagen, die vom Staat oder von Departements beigestellt werden, oder in gewöhnlichen Wagen statt, in letzterem Fall jedoch in eigenen Abteilungen. Zellenwagen müssen unentgeltlich befördert werden (Art. 57 des cahier des charges). Die Beförderung der Gefangenen geschieht zu ermäßigten Taxen.

Auf den russischen Bahnen erfolgt der G. ebenfalls in Zellenwagen, von denen über 500 im Stande geführt werden.

In der Schweiz werden Gefangene und Polizeisoldaten in den Arrestzellen im Gepäckwagen oder in besonderen Abteilen III. Klasse befördert.


Gegendampf (Gegendampfbremsen) (counterpressure steam; contre vapeur; contro vapore). Wird bei der nach vorwärts fahrenden Lokomotive die Steuerung auf Rückwärtsfahrt gestellt, so wirkt die Lokomotivdampfmaschine als Luftpumpe. Die vom Blasrohr angesaugte Luft wird in den Schieberkasten gedrückt. Um die Erzeugung eines zu großen Druckes im Schieberkasten und in den Einströmrohren zu verhindern, wird der Regler gewöhnlich geöffnet und die Luft in den Kanal gedrückt. Bei diesem Vorgang verzehrt die Lokomotive Arbeit und die damit verbundene Bremswirkung wird beim Anhalten der Züge sowie auf starken Gefällen verwertet.

Das Ansaugen der Luft durch das Blasrohr hat den Nachteil, daß Rauchgase und Ruß in die Zylinder gelangen und diese verunreinigen. Es wird daher bei den G.-Bremsen von Le Chatelier ein Gemisch von Dampf und Wasser in die Ausströmung geleitet, um das Ansaugen der Rauchgase zu verhindern und den Zylinder und Schieber zu kühlen. Das Gemisch von Dampf und Wasser wird durch den geöffneten Regler in den Kessel gedrückt. Die G.-Bremse von Le Chatelier ist an Gebirgslokomotiven, die nicht mit Klotzbremsen an den gekuppelten Rädern versehen sind, vielfach in Verwendung.

Bei einigen Arten von G.-Bremsen wird den Dampfzylindern durch ein eigenes Ventil Außenluft zugeführt, während das Blasrohr geschlossen wird. (G.-Bremsen von Zeh, Krauß, Riggenbach u. s. w.). Der Druck der in die Schieberkasten und in die Einströmrohre gepreßten Luft wird oft bei geschlossenem Regler durch ein federbelastetes, vom Lokomotivführer gehandhabtes Auslaßventil geregelt. Solche Einrichtungen werden als Luftrepressions und Respirationsbremsen bezeichnet. Da jedoch vielfach auch Dampf und Wasser zur Kühlung der Dampfzylinder in diese eingeführt wird, ist die Bezeichnung G.-Bremsen auch auf diese Bauarten ausgedehnt. Um die G.-Bremse dauernd gut regeln zu können, muß die Umsteuerung durch Schraube und Kurbel erfolgen, da die Hebelumsteuerungen großen Kraftaufwand erfordern.

Auf Bahnen mit sehr starken Gefällen (Reibungs- und Zahnstangenbahnen) bilden die G.-Bremsen eine sehr wichtige Einrichtung zur Unterstützung der Klotzbremsen. Vor Einführung der durchgehenden Bremsen kam der G.-Bremse eine noch viel größere Bedeutung zu.

In Notfällen wird beim Anhalten der Züge mitunter vom G. Gebrauch gemacht, wenn die gekuppelten Räder der Lokomotive nicht mit Klotzbremsen versehen sind oder die Wirkung der übrigen Bremsen ungenügend erscheint. Die Anwendung von G. erfordert besondere Aufmerksamkeit und Geschicklichkeit. Gewöhnlich ist die gleichzeitige Verwendung der Sandstreuvorrichtungen vorgeschrieben, um ein Rückwärtsdrehen der Triebräder zu verhindern, das die Bremswirkung aufheben würde.

Sanzin.


werden müssen. Von den Sammeltransporten wird bei allen Arten von Zwangsbeförderungen (auch bei Militärgefangenen) Gebrauch gemacht; nur Geisteskranke, die der Fürsorgeerziehung überwiesenen jugendlichen Personen und hochschwangere Frauen werden stets einzeln befördert. Die Zellen der Gefangenenwagen werden in der Regel nur mit einem Gefangenen besetzt, keinesfalls dürfen Untersuchungsgefangene mit Strafgefangenen, Jugendliche mit Erwachsenen, und Personen, die sich im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befinden, mit solchen, denen diese Rechte aberkannt sind, zusammengebracht werden. Für die in Sammeltransporten zu befördernden Personen werden keine Fahrkarten gelöst, da der Staat die Verauslagung der Sammeltransportkosten in Form einer an die Bahnverwaltung zu zahlenden Bauschvergütung von 8 Pf. für das laufende km (4 Pf. für Beaufsichtigung und Verpflegungskosten während der Fahrt und 4 Pf. für Fahrkosten) übernommen hat. Die Bauschvergütung für Militärgefangene beträgt 5 Pf. für den Kopf und das km (4 Pf. für allgemeine Kosten und 1 Pf. für Fahrkosten).

In Österreich werden die Gefangenen und deren Begleiter auf Grund besonderer behördlicher Legitimationen nach Tunlichkeit in besonderen Abteilen III. Klasse gegen Zahlung des halben Fahrpreises für die benutzten Plätze befördert. Gendarmen als Begleiter haben den nach dem Militärtarif entfallenden Fahrpreis zu zahlen, wenn der halbe tarifmäßige Fahrpreis nicht niedriger ist. Die Benutzung von Schnellzügen ist nur gegen Zahlung des tarifmäßigen Preises für ganze Wagenabteile gestattet.

In Belgien erfolgt der G. entweder in von der Justizbehörde beigestellten Zellenwagen, die auf einzelnen Strecken regelmäßig verkehren, oder mit gewöhnlichen Wagen, u. zw. unter 50% Nachlaß von den normalen Tarifen.

In Frankreich findet der G. ähnlich wie in Belgien in Zellenwagen, die vom Staat oder von Departements beigestellt werden, oder in gewöhnlichen Wagen statt, in letzterem Fall jedoch in eigenen Abteilungen. Zellenwagen müssen unentgeltlich befördert werden (Art. 57 des cahier des charges). Die Beförderung der Gefangenen geschieht zu ermäßigten Taxen.

Auf den russischen Bahnen erfolgt der G. ebenfalls in Zellenwagen, von denen über 500 im Stande geführt werden.

In der Schweiz werden Gefangene und Polizeisoldaten in den Arrestzellen im Gepäckwagen oder in besonderen Abteilen III. Klasse befördert.


Gegendampf (Gegendampfbremsen) (counterpressure steam; contre vapeur; contro vapore). Wird bei der nach vorwärts fahrenden Lokomotive die Steuerung auf Rückwärtsfahrt gestellt, so wirkt die Lokomotivdampfmaschine als Luftpumpe. Die vom Blasrohr angesaugte Luft wird in den Schieberkasten gedrückt. Um die Erzeugung eines zu großen Druckes im Schieberkasten und in den Einströmrohren zu verhindern, wird der Regler gewöhnlich geöffnet und die Luft in den Kanal gedrückt. Bei diesem Vorgang verzehrt die Lokomotive Arbeit und die damit verbundene Bremswirkung wird beim Anhalten der Züge sowie auf starken Gefällen verwertet.

Das Ansaugen der Luft durch das Blasrohr hat den Nachteil, daß Rauchgase und Ruß in die Zylinder gelangen und diese verunreinigen. Es wird daher bei den G.-Bremsen von Le Châtelier ein Gemisch von Dampf und Wasser in die Ausströmung geleitet, um das Ansaugen der Rauchgase zu verhindern und den Zylinder und Schieber zu kühlen. Das Gemisch von Dampf und Wasser wird durch den geöffneten Regler in den Kessel gedrückt. Die G.-Bremse von Le Châtelier ist an Gebirgslokomotiven, die nicht mit Klotzbremsen an den gekuppelten Rädern versehen sind, vielfach in Verwendung.

Bei einigen Arten von G.-Bremsen wird den Dampfzylindern durch ein eigenes Ventil Außenluft zugeführt, während das Blasrohr geschlossen wird. (G.-Bremsen von Zeh, Krauß, Riggenbach u. s. w.). Der Druck der in die Schieberkasten und in die Einströmrohre gepreßten Luft wird oft bei geschlossenem Regler durch ein federbelastetes, vom Lokomotivführer gehandhabtes Auslaßventil geregelt. Solche Einrichtungen werden als Luftrepressions und Respirationsbremsen bezeichnet. Da jedoch vielfach auch Dampf und Wasser zur Kühlung der Dampfzylinder in diese eingeführt wird, ist die Bezeichnung G.-Bremsen auch auf diese Bauarten ausgedehnt. Um die G.-Bremse dauernd gut regeln zu können, muß die Umsteuerung durch Schraube und Kurbel erfolgen, da die Hebelumsteuerungen großen Kraftaufwand erfordern.

Auf Bahnen mit sehr starken Gefällen (Reibungs- und Zahnstangenbahnen) bilden die G.-Bremsen eine sehr wichtige Einrichtung zur Unterstützung der Klotzbremsen. Vor Einführung der durchgehenden Bremsen kam der G.-Bremse eine noch viel größere Bedeutung zu.

In Notfällen wird beim Anhalten der Züge mitunter vom G. Gebrauch gemacht, wenn die gekuppelten Räder der Lokomotive nicht mit Klotzbremsen versehen sind oder die Wirkung der übrigen Bremsen ungenügend erscheint. Die Anwendung von G. erfordert besondere Aufmerksamkeit und Geschicklichkeit. Gewöhnlich ist die gleichzeitige Verwendung der Sandstreuvorrichtungen vorgeschrieben, um ein Rückwärtsdrehen der Triebräder zu verhindern, das die Bremswirkung aufheben würde.

Sanzin.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><pb facs="#f0277" n="268"/>
werden müssen. Von den Sammeltransporten wird bei allen Arten von Zwangsbeförderungen (auch bei Militärgefangenen) Gebrauch gemacht; nur Geisteskranke, die der Fürsorgeerziehung überwiesenen jugendlichen Personen und hochschwangere Frauen werden stets einzeln befördert. Die Zellen der Gefangenenwagen werden in der Regel nur mit einem Gefangenen besetzt, keinesfalls dürfen Untersuchungsgefangene mit Strafgefangenen, Jugendliche mit Erwachsenen, und Personen, die sich im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befinden, mit solchen, denen diese Rechte aberkannt sind, zusammengebracht werden. Für die in Sammeltransporten zu befördernden Personen werden keine Fahrkarten gelöst, da der Staat die Verauslagung der Sammeltransportkosten in Form einer an die Bahnverwaltung zu zahlenden Bauschvergütung von 8 Pf. für das laufende <hi rendition="#i">km</hi> (4 Pf. für Beaufsichtigung und Verpflegungskosten während der Fahrt und 4 Pf. für Fahrkosten) übernommen hat. Die Bauschvergütung für Militärgefangene beträgt 5 Pf. für den Kopf und das <hi rendition="#i">km</hi> (4 Pf. für allgemeine Kosten und 1 Pf. für Fahrkosten).</p><lb/>
          <p>In <hi rendition="#g">Österreich</hi> werden die Gefangenen und deren Begleiter auf Grund besonderer behördlicher Legitimationen nach Tunlichkeit in besonderen Abteilen III. Klasse gegen Zahlung des halben Fahrpreises für die benutzten Plätze befördert. Gendarmen als Begleiter haben den nach dem Militärtarif entfallenden Fahrpreis zu zahlen, wenn der halbe tarifmäßige Fahrpreis nicht niedriger ist. Die Benutzung von Schnellzügen ist nur gegen Zahlung des tarifmäßigen Preises für ganze Wagenabteile gestattet.</p><lb/>
          <p>In <hi rendition="#g">Belgien</hi> erfolgt der G. entweder in von der Justizbehörde beigestellten Zellenwagen, die auf einzelnen Strecken regelmäßig verkehren, oder mit gewöhnlichen Wagen, u. zw. unter 50<hi rendition="#i">%</hi> Nachlaß von den normalen Tarifen.</p><lb/>
          <p>In <hi rendition="#g">Frankreich</hi> findet der G. ähnlich wie in Belgien in Zellenwagen, die vom Staat oder von Departements beigestellt werden, oder in gewöhnlichen Wagen statt, in letzterem Fall jedoch in eigenen Abteilungen. Zellenwagen müssen unentgeltlich befördert werden (Art. 57 des cahier des charges). Die Beförderung der Gefangenen geschieht zu ermäßigten Taxen.</p><lb/>
          <p>Auf den <hi rendition="#g">russischen</hi> Bahnen erfolgt der G. ebenfalls in Zellenwagen, von denen über 500 im Stande geführt werden.</p><lb/>
          <p>In der <hi rendition="#g">Schweiz</hi> werden Gefangene und Polizeisoldaten in den Arrestzellen im Gepäckwagen oder in besonderen Abteilen III. Klasse befördert.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Gegendampf</hi> (Gegendampfbremsen) <hi rendition="#i">(counterpressure steam; contre vapeur; contro vapore).</hi> Wird bei der nach vorwärts fahrenden Lokomotive die Steuerung auf Rückwärtsfahrt gestellt, so wirkt die Lokomotivdampfmaschine als Luftpumpe. Die vom Blasrohr angesaugte Luft wird in den Schieberkasten gedrückt. Um die Erzeugung eines zu großen Druckes im Schieberkasten und in den Einströmrohren zu verhindern, wird der Regler gewöhnlich geöffnet und die Luft in den Kanal gedrückt. Bei diesem Vorgang verzehrt die Lokomotive Arbeit und die damit verbundene Bremswirkung wird beim Anhalten der Züge sowie auf starken Gefällen verwertet.</p><lb/>
          <p>Das Ansaugen der Luft durch das Blasrohr hat den Nachteil, daß Rauchgase und Ruß in die Zylinder gelangen und diese verunreinigen. Es wird daher bei den G.-Bremsen von <hi rendition="#g">Le Châtelier</hi> ein Gemisch von Dampf und Wasser in die Ausströmung geleitet, um das Ansaugen der Rauchgase zu verhindern und den Zylinder und Schieber zu kühlen. Das Gemisch von Dampf und Wasser wird durch den geöffneten Regler in den Kessel gedrückt. Die G.-Bremse von <hi rendition="#g">Le Châtelier</hi> ist an Gebirgslokomotiven, die nicht mit Klotzbremsen an den gekuppelten Rädern versehen sind, vielfach in Verwendung.</p><lb/>
          <p>Bei einigen Arten von G.-Bremsen wird den Dampfzylindern durch ein eigenes Ventil Außenluft zugeführt, während das Blasrohr geschlossen wird. (G.-Bremsen von <hi rendition="#g">Zeh, Krauß, Riggenbach</hi> u. s. w.). Der Druck der in die Schieberkasten und in die Einströmrohre gepreßten Luft wird oft bei geschlossenem Regler durch ein federbelastetes, vom Lokomotivführer gehandhabtes Auslaßventil geregelt. Solche Einrichtungen werden als Luftrepressions und Respirationsbremsen bezeichnet. Da jedoch vielfach auch Dampf und Wasser zur Kühlung der Dampfzylinder in diese eingeführt wird, ist die Bezeichnung G.-Bremsen auch auf diese Bauarten ausgedehnt. Um die G.-Bremse dauernd gut regeln zu können, muß die Umsteuerung durch Schraube und Kurbel erfolgen, da die Hebelumsteuerungen großen Kraftaufwand erfordern.</p><lb/>
          <p>Auf Bahnen mit sehr starken Gefällen (Reibungs- und Zahnstangenbahnen) bilden die G.-Bremsen eine sehr wichtige Einrichtung zur Unterstützung der Klotzbremsen. Vor Einführung der durchgehenden Bremsen kam der G.-Bremse eine noch viel größere Bedeutung zu.</p><lb/>
          <p>In Notfällen wird beim Anhalten der Züge mitunter vom G. Gebrauch gemacht, wenn die gekuppelten Räder der Lokomotive nicht mit Klotzbremsen versehen sind oder die Wirkung der übrigen Bremsen ungenügend erscheint. Die Anwendung von G. erfordert besondere Aufmerksamkeit und Geschicklichkeit. Gewöhnlich ist die gleichzeitige Verwendung der Sandstreuvorrichtungen vorgeschrieben, um ein Rückwärtsdrehen der Triebräder zu verhindern, das die Bremswirkung aufheben würde.</p><lb/>
          <p rendition="#right">Sanzin.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[268/0277] werden müssen. Von den Sammeltransporten wird bei allen Arten von Zwangsbeförderungen (auch bei Militärgefangenen) Gebrauch gemacht; nur Geisteskranke, die der Fürsorgeerziehung überwiesenen jugendlichen Personen und hochschwangere Frauen werden stets einzeln befördert. Die Zellen der Gefangenenwagen werden in der Regel nur mit einem Gefangenen besetzt, keinesfalls dürfen Untersuchungsgefangene mit Strafgefangenen, Jugendliche mit Erwachsenen, und Personen, die sich im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befinden, mit solchen, denen diese Rechte aberkannt sind, zusammengebracht werden. Für die in Sammeltransporten zu befördernden Personen werden keine Fahrkarten gelöst, da der Staat die Verauslagung der Sammeltransportkosten in Form einer an die Bahnverwaltung zu zahlenden Bauschvergütung von 8 Pf. für das laufende km (4 Pf. für Beaufsichtigung und Verpflegungskosten während der Fahrt und 4 Pf. für Fahrkosten) übernommen hat. Die Bauschvergütung für Militärgefangene beträgt 5 Pf. für den Kopf und das km (4 Pf. für allgemeine Kosten und 1 Pf. für Fahrkosten). In Österreich werden die Gefangenen und deren Begleiter auf Grund besonderer behördlicher Legitimationen nach Tunlichkeit in besonderen Abteilen III. Klasse gegen Zahlung des halben Fahrpreises für die benutzten Plätze befördert. Gendarmen als Begleiter haben den nach dem Militärtarif entfallenden Fahrpreis zu zahlen, wenn der halbe tarifmäßige Fahrpreis nicht niedriger ist. Die Benutzung von Schnellzügen ist nur gegen Zahlung des tarifmäßigen Preises für ganze Wagenabteile gestattet. In Belgien erfolgt der G. entweder in von der Justizbehörde beigestellten Zellenwagen, die auf einzelnen Strecken regelmäßig verkehren, oder mit gewöhnlichen Wagen, u. zw. unter 50% Nachlaß von den normalen Tarifen. In Frankreich findet der G. ähnlich wie in Belgien in Zellenwagen, die vom Staat oder von Departements beigestellt werden, oder in gewöhnlichen Wagen statt, in letzterem Fall jedoch in eigenen Abteilungen. Zellenwagen müssen unentgeltlich befördert werden (Art. 57 des cahier des charges). Die Beförderung der Gefangenen geschieht zu ermäßigten Taxen. Auf den russischen Bahnen erfolgt der G. ebenfalls in Zellenwagen, von denen über 500 im Stande geführt werden. In der Schweiz werden Gefangene und Polizeisoldaten in den Arrestzellen im Gepäckwagen oder in besonderen Abteilen III. Klasse befördert. Gegendampf (Gegendampfbremsen) (counterpressure steam; contre vapeur; contro vapore). Wird bei der nach vorwärts fahrenden Lokomotive die Steuerung auf Rückwärtsfahrt gestellt, so wirkt die Lokomotivdampfmaschine als Luftpumpe. Die vom Blasrohr angesaugte Luft wird in den Schieberkasten gedrückt. Um die Erzeugung eines zu großen Druckes im Schieberkasten und in den Einströmrohren zu verhindern, wird der Regler gewöhnlich geöffnet und die Luft in den Kanal gedrückt. Bei diesem Vorgang verzehrt die Lokomotive Arbeit und die damit verbundene Bremswirkung wird beim Anhalten der Züge sowie auf starken Gefällen verwertet. Das Ansaugen der Luft durch das Blasrohr hat den Nachteil, daß Rauchgase und Ruß in die Zylinder gelangen und diese verunreinigen. Es wird daher bei den G.-Bremsen von Le Châtelier ein Gemisch von Dampf und Wasser in die Ausströmung geleitet, um das Ansaugen der Rauchgase zu verhindern und den Zylinder und Schieber zu kühlen. Das Gemisch von Dampf und Wasser wird durch den geöffneten Regler in den Kessel gedrückt. Die G.-Bremse von Le Châtelier ist an Gebirgslokomotiven, die nicht mit Klotzbremsen an den gekuppelten Rädern versehen sind, vielfach in Verwendung. Bei einigen Arten von G.-Bremsen wird den Dampfzylindern durch ein eigenes Ventil Außenluft zugeführt, während das Blasrohr geschlossen wird. (G.-Bremsen von Zeh, Krauß, Riggenbach u. s. w.). Der Druck der in die Schieberkasten und in die Einströmrohre gepreßten Luft wird oft bei geschlossenem Regler durch ein federbelastetes, vom Lokomotivführer gehandhabtes Auslaßventil geregelt. Solche Einrichtungen werden als Luftrepressions und Respirationsbremsen bezeichnet. Da jedoch vielfach auch Dampf und Wasser zur Kühlung der Dampfzylinder in diese eingeführt wird, ist die Bezeichnung G.-Bremsen auch auf diese Bauarten ausgedehnt. Um die G.-Bremse dauernd gut regeln zu können, muß die Umsteuerung durch Schraube und Kurbel erfolgen, da die Hebelumsteuerungen großen Kraftaufwand erfordern. Auf Bahnen mit sehr starken Gefällen (Reibungs- und Zahnstangenbahnen) bilden die G.-Bremsen eine sehr wichtige Einrichtung zur Unterstützung der Klotzbremsen. Vor Einführung der durchgehenden Bremsen kam der G.-Bremse eine noch viel größere Bedeutung zu. In Notfällen wird beim Anhalten der Züge mitunter vom G. Gebrauch gemacht, wenn die gekuppelten Räder der Lokomotive nicht mit Klotzbremsen versehen sind oder die Wirkung der übrigen Bremsen ungenügend erscheint. Die Anwendung von G. erfordert besondere Aufmerksamkeit und Geschicklichkeit. Gewöhnlich ist die gleichzeitige Verwendung der Sandstreuvorrichtungen vorgeschrieben, um ein Rückwärtsdrehen der Triebräder zu verhindern, das die Bremswirkung aufheben würde. Sanzin.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-06-17T17:32:45Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-06-17T17:32:45Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein

Spaltenumbrüche sind nicht markiert. Wiederholungszeichen (") wurden aufgelöst. Komplexe Formeln und Tabellen sind als Grafiken wiedergegeben.

Die Abbildungen im Text stammen von zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen05_1914
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen05_1914/277
Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 5. Berlin, Wien, 1914, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen05_1914/277>, abgerufen am 09.05.2024.