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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

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§. 36. Es kommt zwahr so wohl die Con-
tagion[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
Sperr als die auf das Einschleichen und
Durchreisen deren von inficirten Oertern kom-
menden, Personen gesetzten Leib und Lebens-
Strafe, vielen ziemlich hart vor; Allein, wenn
man betrachtet, was die Pest einem Lande vor
Schaden zufüget, und daß eines theils salus
publica
der Privat-Wohlfarth vorzuziehen,
andern theils die eigene Wohlfarth gegen das
Wohl derer Benachbarten in grösserer Consi-
deration
stehet, so wird sich ergeben, daß diß-
falls nichts angeordnet wird, das denen natür-
lichen oder Göttlichen Rechten zuwider laufe.
Was durch dergleichen Anstalten bißweilen ei-
nes und des anderen Bequemlichkeit in parti-
culari
abgehet, wird mit der gemeinen Wohl-
fahrt desto reichlicher ersetzet.

Das XXVI. Capitel.
Von der Ehre der Unterthanen.

§. 1.

DJe meisten Menschen in der Welt be-
mühen sich als geehrte, die wenigsten
aber als ehrliche Leute zu leben. Sie
wollen, daß ihnen andere Ehre erweisen sollen,
und sich doch nicht der wahren Ehre würdig ma-

chen.


§. 36. Es kommt zwahr ſo wohl die Con-
tagion[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
Sperꝛ als die auf das Einſchleichen uñ
Durchreiſen deren von inficirten Oertern kom-
menden, Perſonen geſetzten Leib und Lebens-
Strafe, vielen ziemlich hart vor; Allein, wenn
man betrachtet, was die Peſt einem Lande vor
Schaden zufuͤget, und daß eines theils ſalus
publica
der Privat-Wohlfarth vorzuziehen,
andern theils die eigene Wohlfarth gegen das
Wohl derer Benachbarten in groͤſſerer Conſi-
deration
ſtehet, ſo wird ſich ergeben, daß diß-
falls nichts angeordnet wird, das denen natuͤr-
lichen oder Goͤttlichen Rechten zuwider laufe.
Was durch dergleichen Anſtalten bißweilen ei-
nes und des anderen Bequemlichkeit in parti-
culari
abgehet, wird mit der gemeinen Wohl-
fahrt deſto reichlicher erſetzet.

Das XXVI. Capitel.
Von der Ehre der Unterthanen.

§. 1.

DJe meiſten Menſchen in der Welt be-
muͤhen ſich als geehrte, die wenigſten
aber als ehrliche Leute zu leben. Sie
wollen, daß ihnen andere Ehre erweiſen ſollen,
und ſich doch nicht der wahren Ehre wuͤrdig ma-

chen.
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[776/0796] §. 36. Es kommt zwahr ſo wohl die Con- tagion_ Sperꝛ als die auf das Einſchleichen uñ Durchreiſen deren von inficirten Oertern kom- menden, Perſonen geſetzten Leib und Lebens- Strafe, vielen ziemlich hart vor; Allein, wenn man betrachtet, was die Peſt einem Lande vor Schaden zufuͤget, und daß eines theils ſalus publica der Privat-Wohlfarth vorzuziehen, andern theils die eigene Wohlfarth gegen das Wohl derer Benachbarten in groͤſſerer Conſi- deration ſtehet, ſo wird ſich ergeben, daß diß- falls nichts angeordnet wird, das denen natuͤr- lichen oder Goͤttlichen Rechten zuwider laufe. Was durch dergleichen Anſtalten bißweilen ei- nes und des anderen Bequemlichkeit in parti- culari abgehet, wird mit der gemeinen Wohl- fahrt deſto reichlicher erſetzet. Das XXVI. Capitel. Von der Ehre der Unterthanen. §. 1. DJe meiſten Menſchen in der Welt be- muͤhen ſich als geehrte, die wenigſten aber als ehrliche Leute zu leben. Sie wollen, daß ihnen andere Ehre erweiſen ſollen, und ſich doch nicht der wahren Ehre wuͤrdig ma- chen.

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 776. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/796>, abgerufen am 26.04.2024.