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Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836.

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Die Palmen leben, gleich den Menschen, hundert Jahr,
Und bringen eine Ernt' in jedem Monat dar.
Fällt dann, vom Alter hohl, ein Schaft am Meeresrande,
Dient er zum Nachen, der sie schifft von Strand zu Strande,
Wobei sie Ruder nicht, noch Stang' und Segel brauchen,
Weil über Spiegelflut die Lüfte spielend hauchen.
Zum Gastgeschenk, wohin sie zum Besuche wallen,
Pflücken sie unterwegs nur aus der Flut Korallen;
Die unterm Wasser bleich an weichen Zacken blühn,
Und härtend an der Luft in hohen Farben glühn.
Geld aber führen sie kein andres, als soviele
Sie Muscheln sammelten von buntem Farbenspiele.
Doch weil sie selber Krieg nie führen, kommen ihnen
Dazu denn Fremde, die zu solchem Schauspiel dienen.
Seeräuber suchen auf mit kriegerischen Truppen
Die Meereswindungen der Friedensinselgruppen.
Allein sie schlagen sich nur mit sich selbst herum,
Und tasten niemals an der Inseln Eigenthum.
Die Palmen leben, gleich den Menſchen, hundert Jahr,
Und bringen eine Ernt' in jedem Monat dar.
Faͤllt dann, vom Alter hohl, ein Schaft am Meeresrande,
Dient er zum Nachen, der ſie ſchifft von Strand zu Strande,
Wobei ſie Ruder nicht, noch Stang' und Segel brauchen,
Weil uͤber Spiegelflut die Luͤfte ſpielend hauchen.
Zum Gaſtgeſchenk, wohin ſie zum Beſuche wallen,
Pfluͤcken ſie unterwegs nur aus der Flut Korallen;
Die unterm Waſſer bleich an weichen Zacken bluͤhn,
Und haͤrtend an der Luft in hohen Farben gluͤhn.
Geld aber fuͤhren ſie kein andres, als ſoviele
Sie Muſcheln ſammelten von buntem Farbenſpiele.
Doch weil ſie ſelber Krieg nie fuͤhren, kommen ihnen
Dazu denn Fremde, die zu ſolchem Schauſpiel dienen.
Seeraͤuber ſuchen auf mit kriegeriſchen Truppen
Die Meereswindungen der Friedensinſelgruppen.
Allein ſie ſchlagen ſich nur mit ſich ſelbſt herum,
Und taſten niemals an der Inſeln Eigenthum.
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[107/0117] Die Palmen leben, gleich den Menſchen, hundert Jahr, Und bringen eine Ernt' in jedem Monat dar. Faͤllt dann, vom Alter hohl, ein Schaft am Meeresrande, Dient er zum Nachen, der ſie ſchifft von Strand zu Strande, Wobei ſie Ruder nicht, noch Stang' und Segel brauchen, Weil uͤber Spiegelflut die Luͤfte ſpielend hauchen. Zum Gaſtgeſchenk, wohin ſie zum Beſuche wallen, Pfluͤcken ſie unterwegs nur aus der Flut Korallen; Die unterm Waſſer bleich an weichen Zacken bluͤhn, Und haͤrtend an der Luft in hohen Farben gluͤhn. Geld aber fuͤhren ſie kein andres, als ſoviele Sie Muſcheln ſammelten von buntem Farbenſpiele. Doch weil ſie ſelber Krieg nie fuͤhren, kommen ihnen Dazu denn Fremde, die zu ſolchem Schauſpiel dienen. Seeraͤuber ſuchen auf mit kriegeriſchen Truppen Die Meereswindungen der Friedensinſelgruppen. Allein ſie ſchlagen ſich nur mit ſich ſelbſt herum, Und taſten niemals an der Inſeln Eigenthum.

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Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane01_1836/117>, abgerufen am 26.04.2024.