Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite
9.
Der Postbot' in ein Haus mit zweien Briefen rennt,
Versiegelten, davon er nicht den Inhalt kennt.
Er merkt auch nicht darauf, ob außen in den Siegeln
Sich die Verschiedenheit des Inhalts möge spiegeln.
Der eine freudenroth gesiegelt meldet Lust,
Der andre trauerschwarz verkündiget Verlust.
Der Bote gibt sie ab, nimmt dafür in Empfang
Den Lohn, und setzet fort gleichgültig seinen Gang.
Er fragt nicht, wie sie nun sich werden hier vertragen,
Die ja verträglich auch im Postfelleisen lagen.
So bringt das Schicksal oft zusammen Lust und Schmerz,
Und fragt nicht, wie sie sich vertragen um ein Herz.

9.
Der Poſtbot' in ein Haus mit zweien Briefen rennt,
Verſiegelten, davon er nicht den Inhalt kennt.
Er merkt auch nicht darauf, ob außen in den Siegeln
Sich die Verſchiedenheit des Inhalts moͤge ſpiegeln.
Der eine freudenroth geſiegelt meldet Luſt,
Der andre trauerſchwarz verkuͤndiget Verluſt.
Der Bote gibt ſie ab, nimmt dafuͤr in Empfang
Den Lohn, und ſetzet fort gleichguͤltig ſeinen Gang.
Er fragt nicht, wie ſie nun ſich werden hier vertragen,
Die ja vertraͤglich auch im Poſtfelleiſen lagen.
So bringt das Schickſal oft zuſammen Luſt und Schmerz,
Und fragt nicht, wie ſie ſich vertragen um ein Herz.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0282" n="272"/>
        <div n="2">
          <head>9.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Der Po&#x017F;tbot' in ein Haus mit zweien Briefen rennt,</l><lb/>
              <l>Ver&#x017F;iegelten, davon er nicht den Inhalt kennt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Er merkt auch nicht darauf, ob außen in den Siegeln</l><lb/>
              <l>Sich die Ver&#x017F;chiedenheit des Inhalts mo&#x0364;ge &#x017F;piegeln.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Der eine freudenroth ge&#x017F;iegelt meldet Lu&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>Der andre trauer&#x017F;chwarz verku&#x0364;ndiget Verlu&#x017F;t.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Der Bote gibt &#x017F;ie ab, nimmt dafu&#x0364;r in Empfang</l><lb/>
              <l>Den Lohn, und &#x017F;etzet fort gleichgu&#x0364;ltig &#x017F;einen Gang.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Er fragt nicht, wie &#x017F;ie nun &#x017F;ich werden hier vertragen,</l><lb/>
              <l>Die ja vertra&#x0364;glich auch im Po&#x017F;tfellei&#x017F;en lagen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>So bringt das Schick&#x017F;al oft zu&#x017F;ammen Lu&#x017F;t und Schmerz,</l><lb/>
              <l>Und fragt nicht, wie &#x017F;ie &#x017F;ich vertragen um ein Herz.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[272/0282] 9. Der Poſtbot' in ein Haus mit zweien Briefen rennt, Verſiegelten, davon er nicht den Inhalt kennt. Er merkt auch nicht darauf, ob außen in den Siegeln Sich die Verſchiedenheit des Inhalts moͤge ſpiegeln. Der eine freudenroth geſiegelt meldet Luſt, Der andre trauerſchwarz verkuͤndiget Verluſt. Der Bote gibt ſie ab, nimmt dafuͤr in Empfang Den Lohn, und ſetzet fort gleichguͤltig ſeinen Gang. Er fragt nicht, wie ſie nun ſich werden hier vertragen, Die ja vertraͤglich auch im Poſtfelleiſen lagen. So bringt das Schickſal oft zuſammen Luſt und Schmerz, Und fragt nicht, wie ſie ſich vertragen um ein Herz.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838/282
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838/282>, abgerufen am 26.04.2024.