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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783.

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Cailloux de Cayenne, die er schleifen läst, und die in
einer schönen Einfassung herrlich aussehen. Es ist leicht
zu denken, daß der Erste, der so was macht, es sei auch
so gering, als es wolle, den Preis bestimmen kann,
wie er will. So ein Herzchen kostete einen Louisd'or.
Kaum waren welche verkauft, so kam einer, und wollte
die Garbe grösser haben, und in einem Bracelet, auch
das machte er. Dann kam ein andrer und wolte noch
eine Devise um die Garbe haben, auch aus Haaren ge-
flochten, die Erfindung der Devise überlies er dem Ju-
welier; Ce champ est bien fourni, -- hies eine,
weil das kleine Feld ganz voll war *). -- Dieser Mann
hat beständig ein Kästchen voll Ringe, Bracelets,
Herzchen, Nadeln, Aigretten etc. bei sich, und verändert die
Zusammensetzung alle Tage. Wer kömmt, Arbeit be-
stellt, oder etwas ausbessern läßt, sieht die Sachen an,
bekömmt Lust zu kaufen, wählt aus den verschiedenen
Sorten wieder ein neues Dessein; der Künstler machts,
bringt seine Phantasie, seine Verzierungen wieder dabei
an. -- Solcher Leute hat Paris eine unendliche Men-
ge, einer sieht in den Boutiquen des andern Waaren,
die Fremden bringen die Erfindungen auswärtiger Natio-
nen mit sich hieher, so wird es begreiflich, wie in Zeit von
8. -- 14. Tagen beständig andre Sachen Mode werden
können. Alles ist so gearbeitet, daß es ins Auge fällt.
Die Politur, das Drehen, das Schleiffen, das Putzen,
das Feilen, das Bohren etc. wird aufs äusserste getrieben.
Die meisten Arbeiter von der Art haben 2. 3. Microscope

neben
*) Unter dieser Devise lag vermuthlich eine kleine Polis-
sonnerie verborgen. --
Herausgeber.
S 4

Cailloux de Cayenne, die er ſchleifen laͤſt, und die in
einer ſchoͤnen Einfaſſung herrlich ausſehen. Es iſt leicht
zu denken, daß der Erſte, der ſo was macht, es ſei auch
ſo gering, als es wolle, den Preis beſtimmen kann,
wie er will. So ein Herzchen koſtete einen Louisd’or.
Kaum waren welche verkauft, ſo kam einer, und wollte
die Garbe groͤſſer haben, und in einem Bracelet, auch
das machte er. Dann kam ein andrer und wolte noch
eine Deviſe um die Garbe haben, auch aus Haaren ge-
flochten, die Erfindung der Deviſe uͤberlies er dem Ju-
welier; Ce champ eſt bien fourni, — hies eine,
weil das kleine Feld ganz voll war *). — Dieſer Mann
hat beſtaͤndig ein Kaͤſtchen voll Ringe, Bracelets,
Herzchen, Nadeln, Aigretten ꝛc. bei ſich, und veraͤndert die
Zuſammenſetzung alle Tage. Wer koͤmmt, Arbeit be-
ſtellt, oder etwas ausbeſſern laͤßt, ſieht die Sachen an,
bekoͤmmt Luſt zu kaufen, waͤhlt aus den verſchiedenen
Sorten wieder ein neues Deſſein; der Kuͤnſtler machts,
bringt ſeine Phantaſie, ſeine Verzierungen wieder dabei
an. — Solcher Leute hat Paris eine unendliche Men-
ge, einer ſieht in den Boutiquen des andern Waaren,
die Fremden bringen die Erfindungen auswaͤrtiger Natio-
nen mit ſich hieher, ſo wird es begreiflich, wie in Zeit von
8. — 14. Tagen beſtaͤndig andre Sachen Mode werden
koͤnnen. Alles iſt ſo gearbeitet, daß es ins Auge faͤllt.
Die Politur, das Drehen, das Schleiffen, das Putzen,
das Feilen, das Bohren ꝛc. wird aufs aͤuſſerſte getrieben.
Die meiſten Arbeiter von der Art haben 2. 3. Microſcope

neben
*) Unter dieſer Deviſe lag vermuthlich eine kleine Poliſ-
ſonnerie verborgen. —
Herausgeber.
S 4
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[279/0303] Cailloux de Cayenne, die er ſchleifen laͤſt, und die in einer ſchoͤnen Einfaſſung herrlich ausſehen. Es iſt leicht zu denken, daß der Erſte, der ſo was macht, es ſei auch ſo gering, als es wolle, den Preis beſtimmen kann, wie er will. So ein Herzchen koſtete einen Louisd’or. Kaum waren welche verkauft, ſo kam einer, und wollte die Garbe groͤſſer haben, und in einem Bracelet, auch das machte er. Dann kam ein andrer und wolte noch eine Deviſe um die Garbe haben, auch aus Haaren ge- flochten, die Erfindung der Deviſe uͤberlies er dem Ju- welier; Ce champ eſt bien fourni, — hies eine, weil das kleine Feld ganz voll war *). — Dieſer Mann hat beſtaͤndig ein Kaͤſtchen voll Ringe, Bracelets, Herzchen, Nadeln, Aigretten ꝛc. bei ſich, und veraͤndert die Zuſammenſetzung alle Tage. Wer koͤmmt, Arbeit be- ſtellt, oder etwas ausbeſſern laͤßt, ſieht die Sachen an, bekoͤmmt Luſt zu kaufen, waͤhlt aus den verſchiedenen Sorten wieder ein neues Deſſein; der Kuͤnſtler machts, bringt ſeine Phantaſie, ſeine Verzierungen wieder dabei an. — Solcher Leute hat Paris eine unendliche Men- ge, einer ſieht in den Boutiquen des andern Waaren, die Fremden bringen die Erfindungen auswaͤrtiger Natio- nen mit ſich hieher, ſo wird es begreiflich, wie in Zeit von 8. — 14. Tagen beſtaͤndig andre Sachen Mode werden koͤnnen. Alles iſt ſo gearbeitet, daß es ins Auge faͤllt. Die Politur, das Drehen, das Schleiffen, das Putzen, das Feilen, das Bohren ꝛc. wird aufs aͤuſſerſte getrieben. Die meiſten Arbeiter von der Art haben 2. 3. Microſcope neben *) Unter dieſer Deviſe lag vermuthlich eine kleine Poliſ- ſonnerie verborgen. — Herausgeber. S 4

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/303>, abgerufen am 26.04.2024.