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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783.

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breiter Gang durch, der ihn in 2. Haupttheile abtheilt,
und auch ein Quergang. Jedes Quartier ist in kleine
Beete, manche aber durch Diagonalen getheilt. Die
Rabatten sind mannichfaltig. Alles ist mit einer Mauer
umgeben. An der einen Seite ist der Länge hin alles
mit Treib- und Gewächshäusern besetzt. Es gibt Ober-
und Untergärtner. Beim Eingange ist das Kabinet der
Naturgeschichte, die Wohnungen des Hrn. Daubenton,
und der Gärtner. Der Garten ist alle Tage offen, das
Kabinet aber nur Dienstags und Donnerstags von 4--5.
Uhr Nachmittags. Heute lernte ich

Mr. D'Anse de Villoison, de l'Ac. R. des
Inscr.
kennen. Ein lebhafter und galanter Mann, der
die alte Litteratur liebt, auch etwas Kenntnis der neuern
deutschen hat, und die deutsche Nation mehr, als alle
andre pariser Gelehrte schätzt, der schnell französisch, aber
übel lateinisch spricht, schazet für jacet, poteritis,
als wenns ein französisches Wort wäre. Er behauptete
aber, die Pronunciation der Franzosen im Lateinischen
käme dem alten ächten näher, als der Deutschen und En-
gelländer ihre, wiewohl er mir zugab, daß sich das nicht
ausmachen lasse.

Pont Rouge und Pont Tournelle. Wieder
2. Brücken über die Seine. Jene ist so benennt, weil
sie so angestrichen ist, diese hat mehr Schönes im Anblick.

L'Hotel de Chirurgie, in der Rue des Cor-
deliers.
Ich besah nur das Aeussere *), das aber schön

ist.
*) Den 26. Junii bekam ich auch das Innre zu sehen.
Louis XV. fing's an zu bauen. Es stand vorher ein
altes konigliches Gebäude da. Louis XVI. ließ es
vol-

breiter Gang durch, der ihn in 2. Haupttheile abtheilt,
und auch ein Quergang. Jedes Quartier iſt in kleine
Beete, manche aber durch Diagonalen getheilt. Die
Rabatten ſind mannichfaltig. Alles iſt mit einer Mauer
umgeben. An der einen Seite iſt der Laͤnge hin alles
mit Treib- und Gewaͤchshaͤuſern beſetzt. Es gibt Ober-
und Untergaͤrtner. Beim Eingange iſt das Kabinet der
Naturgeſchichte, die Wohnungen des Hrn. Daubenton,
und der Gaͤrtner. Der Garten iſt alle Tage offen, das
Kabinet aber nur Dienſtags und Donnerſtags von 4—5.
Uhr Nachmittags. Heute lernte ich

Mr. D’Anſe de Villoiſon, de l’Ac. R. des
Inſcr.
kennen. Ein lebhafter und galanter Mann, der
die alte Litteratur liebt, auch etwas Kenntnis der neuern
deutſchen hat, und die deutſche Nation mehr, als alle
andre pariſer Gelehrte ſchaͤtzt, der ſchnell franzoͤſiſch, aber
uͤbel lateiniſch ſpricht, ſchazet fuͤr jacet, poteritis,
als wenns ein franzoͤſiſches Wort waͤre. Er behauptete
aber, die Pronunciation der Franzoſen im Lateiniſchen
kaͤme dem alten aͤchten naͤher, als der Deutſchen und En-
gellaͤnder ihre, wiewohl er mir zugab, daß ſich das nicht
ausmachen laſſe.

Pont Rouge und Pont Tournelle. Wieder
2. Bruͤcken uͤber die Seine. Jene iſt ſo benennt, weil
ſie ſo angeſtrichen iſt, dieſe hat mehr Schoͤnes im Anblick.

L’Hôtel de Chirurgie, in der Rue des Cor-
deliers.
Ich beſah nur das Aeuſſere *), das aber ſchoͤn

iſt.
*) Den 26. Junii bekam ich auch das Innre zu ſehen.
Louis XV. fing’s an zu bauen. Es ſtand vorher ein
altes konigliches Gebaͤude da. Louis XVI. ließ es
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[48/0072] breiter Gang durch, der ihn in 2. Haupttheile abtheilt, und auch ein Quergang. Jedes Quartier iſt in kleine Beete, manche aber durch Diagonalen getheilt. Die Rabatten ſind mannichfaltig. Alles iſt mit einer Mauer umgeben. An der einen Seite iſt der Laͤnge hin alles mit Treib- und Gewaͤchshaͤuſern beſetzt. Es gibt Ober- und Untergaͤrtner. Beim Eingange iſt das Kabinet der Naturgeſchichte, die Wohnungen des Hrn. Daubenton, und der Gaͤrtner. Der Garten iſt alle Tage offen, das Kabinet aber nur Dienſtags und Donnerſtags von 4—5. Uhr Nachmittags. Heute lernte ich Mr. D’Anſe de Villoiſon, de l’Ac. R. des Inſcr. kennen. Ein lebhafter und galanter Mann, der die alte Litteratur liebt, auch etwas Kenntnis der neuern deutſchen hat, und die deutſche Nation mehr, als alle andre pariſer Gelehrte ſchaͤtzt, der ſchnell franzoͤſiſch, aber uͤbel lateiniſch ſpricht, ſchazet fuͤr jacet, poteritis, als wenns ein franzoͤſiſches Wort waͤre. Er behauptete aber, die Pronunciation der Franzoſen im Lateiniſchen kaͤme dem alten aͤchten naͤher, als der Deutſchen und En- gellaͤnder ihre, wiewohl er mir zugab, daß ſich das nicht ausmachen laſſe. Pont Rouge und Pont Tournelle. Wieder 2. Bruͤcken uͤber die Seine. Jene iſt ſo benennt, weil ſie ſo angeſtrichen iſt, dieſe hat mehr Schoͤnes im Anblick. L’Hôtel de Chirurgie, in der Rue des Cor- deliers. Ich beſah nur das Aeuſſere *), das aber ſchoͤn iſt. *) Den 26. Junii bekam ich auch das Innre zu ſehen. Louis XV. fing’s an zu bauen. Es ſtand vorher ein altes konigliches Gebaͤude da. Louis XVI. ließ es vol-

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/72>, abgerufen am 26.04.2024.