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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783.

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mor, der die tieffte Schwärze hat. Die Kanzel ist von
Holz, geschnitzt, steht aber für so eine grosse weite Kirche
zu niedrig. Die Orgel ist klein.

L'Eglise de St Roch in der Rue St. Honore,
gehört zu den schönsten. Am hohen Altar ist eine präch-
tige Grille von vergoldetem Eisen. Alle Säulen sind
hier in Mannshöhe mit roth- und weißgefleckten Mar-
mor belegt. In andern Kirchen ist dies mit alten Ta-
peten geschehen. An den Seiten sind sehenswürdige Ge-
mälde. Nur an einem, das: "Lasset die Kindlein zu
"mir kommen," vorstellt, hat der Maler einen Fehler
gemacht: Ein Engel kömt und hält Christo einen Lorbeer-
kranz über das Haupt. An den Fenstern ist allerwegen
eine Einfassung rings herum von gemahltem Glas, wo
ein prächtiges Blau überall schimmert. Man findet aber
auch viele Stöcke pour la Decoration de l'Eglise.
An einem steht: Donnez ici, vous racheterez vos
peches.
Doch das prächtigste Stück ist im Chor.
Hinter dem Hochaltar ist der Chor ganz abgesondert,
und perspektivisch gebaut. Das Vorderste ist theils
Bildhauerarbeit, theils Malerei, oben an der Decke, und
stellt die Gesetzgebung Exodi XX. vor. Die Wolken,
das Wetter, der Blitz, alles ist da. Der Blitz ist durch
stark vergoldete, nach allen Seiten stehende, Bleche vorge-
stellt, die durch die ganze Kirche schimmern. Darzwi-
schen ist das dicke Gewölk vom Gewitter, und kleine En-
gelköpfe, -- freilich mit Bausbacken und Flügelein! --
Hinter diesem Stück, hinter der Figur Mosis ist die
Bundeslade mit den Cherubinenflügeln bedeckt. Von
der Lade selber sieht man fast nichts. Ganz im tiefen ent-
fernten Hintergrunde hängt unser Erlöser am Kreuz. --

Warlich

mor, der die tieffte Schwaͤrze hat. Die Kanzel iſt von
Holz, geſchnitzt, ſteht aber fuͤr ſo eine groſſe weite Kirche
zu niedrig. Die Orgel iſt klein.

L’Egliſe de St Roch in der Rue St. Honoré,
gehoͤrt zu den ſchoͤnſten. Am hohen Altar iſt eine praͤch-
tige Grille von vergoldetem Eiſen. Alle Saͤulen ſind
hier in Mannshoͤhe mit roth- und weißgefleckten Mar-
mor belegt. In andern Kirchen iſt dies mit alten Ta-
peten geſchehen. An den Seiten ſind ſehenswuͤrdige Ge-
maͤlde. Nur an einem, das: „Laſſet die Kindlein zu
„mir kommen,“ vorſtellt, hat der Maler einen Fehler
gemacht: Ein Engel koͤmt und haͤlt Chriſto einen Lorbeer-
kranz uͤber das Haupt. An den Fenſtern iſt allerwegen
eine Einfaſſung rings herum von gemahltem Glas, wo
ein praͤchtiges Blau uͤberall ſchimmert. Man findet aber
auch viele Stoͤcke pour la Decoration de l’Egliſe.
An einem ſteht: Donnez ici, vous rachéterez vos
pechés.
Doch das praͤchtigſte Stuͤck iſt im Chor.
Hinter dem Hochaltar iſt der Chor ganz abgeſondert,
und perſpektiviſch gebaut. Das Vorderſte iſt theils
Bildhauerarbeit, theils Malerei, oben an der Decke, und
ſtellt die Geſetzgebung Exodi XX. vor. Die Wolken,
das Wetter, der Blitz, alles iſt da. Der Blitz iſt durch
ſtark vergoldete, nach allen Seiten ſtehende, Bleche vorge-
ſtellt, die durch die ganze Kirche ſchimmern. Darzwi-
ſchen iſt das dicke Gewoͤlk vom Gewitter, und kleine En-
gelkoͤpfe, — freilich mit Bausbacken und Fluͤgelein! —
Hinter dieſem Stuͤck, hinter der Figur Moſis iſt die
Bundeslade mit den Cherubinenfluͤgeln bedeckt. Von
der Lade ſelber ſieht man faſt nichts. Ganz im tiefen ent-
fernten Hintergrunde haͤngt unſer Erloͤſer am Kreuz. —

Warlich
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[64/0088] mor, der die tieffte Schwaͤrze hat. Die Kanzel iſt von Holz, geſchnitzt, ſteht aber fuͤr ſo eine groſſe weite Kirche zu niedrig. Die Orgel iſt klein. L’Egliſe de St Roch in der Rue St. Honoré, gehoͤrt zu den ſchoͤnſten. Am hohen Altar iſt eine praͤch- tige Grille von vergoldetem Eiſen. Alle Saͤulen ſind hier in Mannshoͤhe mit roth- und weißgefleckten Mar- mor belegt. In andern Kirchen iſt dies mit alten Ta- peten geſchehen. An den Seiten ſind ſehenswuͤrdige Ge- maͤlde. Nur an einem, das: „Laſſet die Kindlein zu „mir kommen,“ vorſtellt, hat der Maler einen Fehler gemacht: Ein Engel koͤmt und haͤlt Chriſto einen Lorbeer- kranz uͤber das Haupt. An den Fenſtern iſt allerwegen eine Einfaſſung rings herum von gemahltem Glas, wo ein praͤchtiges Blau uͤberall ſchimmert. Man findet aber auch viele Stoͤcke pour la Decoration de l’Egliſe. An einem ſteht: Donnez ici, vous rachéterez vos pechés. Doch das praͤchtigſte Stuͤck iſt im Chor. Hinter dem Hochaltar iſt der Chor ganz abgeſondert, und perſpektiviſch gebaut. Das Vorderſte iſt theils Bildhauerarbeit, theils Malerei, oben an der Decke, und ſtellt die Geſetzgebung Exodi XX. vor. Die Wolken, das Wetter, der Blitz, alles iſt da. Der Blitz iſt durch ſtark vergoldete, nach allen Seiten ſtehende, Bleche vorge- ſtellt, die durch die ganze Kirche ſchimmern. Darzwi- ſchen iſt das dicke Gewoͤlk vom Gewitter, und kleine En- gelkoͤpfe, — freilich mit Bausbacken und Fluͤgelein! — Hinter dieſem Stuͤck, hinter der Figur Moſis iſt die Bundeslade mit den Cherubinenfluͤgeln bedeckt. Von der Lade ſelber ſieht man faſt nichts. Ganz im tiefen ent- fernten Hintergrunde haͤngt unſer Erloͤſer am Kreuz. — Warlich

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/88>, abgerufen am 27.04.2024.