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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von der Ergebung in den Willen GOttes.
GOTT anbefohlen: das Wenige nehme er mit Danck an/ und
für ein mehreres erstatte er auch seinem GOTT die schuldige Danck-
sagung. Hierauß hat der Abt erfahren/ daß die Krafft so vieler
und grosser Miraculen seye die vollkommene Ergebung deß eige-
nen Willens in den Willen GOttes. Ob nun zwarn/ mein Christliche
Seel/ dieser Geistlichen heutigen Tags/ leyder GOttes! wenige seines
gleichen zehlet; so befleisse du dich doch demselben durch eine GOtt- gefäl-
lige Resignation ähnlich zu werden; und glaube mir/ daß es dich sothaner
gehabten Mühe niemahlen reuen wird.

Der Andere Theil.

6. AUff daß du nun diese gegebene Lection auch im Werck selbstenHistoria.
wohl üben mögest; so höre die folgende Geschicht mit Gedult an:
Ein einfältiger Münch in AEgypten begehrte von GOtt/ er mögte
ihm doch seine verborgene Urtheil offenbahren: dessen Begehren der gütigeVit. P. P.
L. 5. n.
3.

GOtt auch erhörte/ und sendete ihm einen Engel in Gestalt eines Ehr-
würdigen Alten/ welcher ihn freundlich ersuchte/ daß mit ihm die andere
Einsidler besuchen/ und sich also derselben heylsamen Ermahnungen und
Vätterlichen Seegen theilhafftig machen wolle. Nach einem abgelegten
guten Stuck- Weegs kommen sie zu einer Hölen/ und nachdem sie
sich angemeldet/ kombt ein Greiß-grauer und fromme Alte herauß/ von dem
sie zur Herberg genöthiget werden: dieser waschet ihnen die Füß/ machet den
Tisch bereit/ setzet ihnen in seinen sehr sauberen Schüsselen die Speisen mit
aller Höffligkeit und Holdseligkeit daher/ und lasset/ so viel sein Vermö-
gen ist/ an der auffrichtigen und brüderlichen Liebe nichts ermanglen.
Jndem sich nun die Gäst beurlauben/ nimbt der Engel eine Schüssel/
als den fürnehmsten Theil deß Hauß-Raths/ heimblicher Weiß zu sich.
Da dieß der einfältige Münch sehet/ wird er geärgert/ daß dem guten
Alten für seine erzeigte Lieb so schlechter Danck erstattet werde. Hier-
über kombt der Jünger deß alten Einsidlers/ und begehrt gantz demü-
tiglich die verlohrne Schüssel; welche ihm der Engel auch wieder zu ge-
ben verspricht/ und befilcht zugleich/ er solle ihnen das Glaid geben
Auff dem Weeg stürtzet der Engel diesen Jünger deß alten Einsidlers von
einem hohen Berg hinunter/ daß er alsbald alle Glieder deß Leibs zerbricht

und
T t 3

Von der Ergebung in den Willen GOttes.
GOTT anbefohlen: das Wenige nehme er mit Danck an/ und
fuͤr ein mehreres erſtatte er auch ſeinem GOTT die ſchuldige Danck-
ſagung. Hierauß hat der Abt erfahren/ daß die Krafft ſo vieler
und groſſer Miraculen ſeye die vollkommene Ergebung deß eige-
nen Willens in den Willen GOttes. Ob nun zwarn/ mein Chriſtliche
Seel/ dieſer Geiſtlichen heutigen Tags/ leyder GOttes! wenige ſeines
gleichen zehlet; ſo befleiſſe du dich doch demſelben durch eine GOtt- gefaͤl-
lige Reſignation aͤhnlich zu werden; und glaube mir/ daß es dich ſothaner
gehabten Muͤhe niemahlen reuen wird.

Der Andere Theil.

6. AUff daß du nun dieſe gegebene Lection auch im Werck ſelbſtenHiſtoria.
wohl uͤben moͤgeſt; ſo hoͤre die folgende Geſchicht mit Gedult an:
Ein einfaͤltiger Muͤnch in Ægypten begehrte von GOtt/ er moͤgte
ihm doch ſeine verborgene Urtheil offenbahren: deſſen Begehren der guͤtigeVit. P. P.
L. 5. n.
3.

GOtt auch erhoͤrte/ und ſendete ihm einen Engel in Geſtalt eines Ehr-
wuͤrdigen Alten/ welcher ihn freundlich erſuchte/ daß mit ihm die andere
Einſidler beſuchen/ und ſich alſo derſelben heylſamen Ermahnungen und
Vaͤtterlichen Seegen theilhafftig machen wolle. Nach einem abgelegten
guten Stuck- Weegs kommen ſie zu einer Hoͤlen/ und nachdem ſie
ſich angemeldet/ kombt ein Greiß-grauer und fromme Alte herauß/ von dem
ſie zur Herberg genoͤthiget werden: dieſer waſchet ihnen die Fuͤß/ machet den
Tiſch bereit/ ſetzet ihnen in ſeinen ſehr ſauberen Schuͤſſelen die Speiſen mit
aller Hoͤffligkeit und Holdſeligkeit daher/ und laſſet/ ſo viel ſein Vermoͤ-
gen iſt/ an der auffrichtigen und bruͤderlichen Liebe nichts ermanglen.
Jndem ſich nun die Gaͤſt beurlauben/ nimbt der Engel eine Schuͤſſel/
als den fuͤrnehmſten Theil deß Hauß-Raths/ heimblicher Weiß zu ſich.
Da dieß der einfaͤltige Muͤnch ſehet/ wird er geaͤrgert/ daß dem guten
Alten fuͤr ſeine erzeigte Lieb ſo ſchlechter Danck erſtattet werde. Hier-
uͤber kombt der Juͤnger deß alten Einſidlers/ und begehrt gantz demuͤ-
tiglich die verlohrne Schuͤſſel; welche ihm der Engel auch wieder zu ge-
ben verſpricht/ und befilcht zugleich/ er ſolle ihnen das Glaid geben
Auff dem Weeg ſtuͤrtzet der Engel dieſen Juͤnger deß alten Einſidlers von
einem hohen Berg hinunter/ daß er alsbald alle Glieder deß Leibs zerbricht

und
T t 3
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[333/0361] Von der Ergebung in den Willen GOttes. GOTT anbefohlen: das Wenige nehme er mit Danck an/ und fuͤr ein mehreres erſtatte er auch ſeinem GOTT die ſchuldige Danck- ſagung. Hierauß hat der Abt erfahren/ daß die Krafft ſo vieler und groſſer Miraculen ſeye die vollkommene Ergebung deß eige- nen Willens in den Willen GOttes. Ob nun zwarn/ mein Chriſtliche Seel/ dieſer Geiſtlichen heutigen Tags/ leyder GOttes! wenige ſeines gleichen zehlet; ſo befleiſſe du dich doch demſelben durch eine GOtt- gefaͤl- lige Reſignation aͤhnlich zu werden; und glaube mir/ daß es dich ſothaner gehabten Muͤhe niemahlen reuen wird. Der Andere Theil. 6. AUff daß du nun dieſe gegebene Lection auch im Werck ſelbſten wohl uͤben moͤgeſt; ſo hoͤre die folgende Geſchicht mit Gedult an: Ein einfaͤltiger Muͤnch in Ægypten begehrte von GOtt/ er moͤgte ihm doch ſeine verborgene Urtheil offenbahren: deſſen Begehren der guͤtige GOtt auch erhoͤrte/ und ſendete ihm einen Engel in Geſtalt eines Ehr- wuͤrdigen Alten/ welcher ihn freundlich erſuchte/ daß mit ihm die andere Einſidler beſuchen/ und ſich alſo derſelben heylſamen Ermahnungen und Vaͤtterlichen Seegen theilhafftig machen wolle. Nach einem abgelegten guten Stuck- Weegs kommen ſie zu einer Hoͤlen/ und nachdem ſie ſich angemeldet/ kombt ein Greiß-grauer und fromme Alte herauß/ von dem ſie zur Herberg genoͤthiget werden: dieſer waſchet ihnen die Fuͤß/ machet den Tiſch bereit/ ſetzet ihnen in ſeinen ſehr ſauberen Schuͤſſelen die Speiſen mit aller Hoͤffligkeit und Holdſeligkeit daher/ und laſſet/ ſo viel ſein Vermoͤ- gen iſt/ an der auffrichtigen und bruͤderlichen Liebe nichts ermanglen. Jndem ſich nun die Gaͤſt beurlauben/ nimbt der Engel eine Schuͤſſel/ als den fuͤrnehmſten Theil deß Hauß-Raths/ heimblicher Weiß zu ſich. Da dieß der einfaͤltige Muͤnch ſehet/ wird er geaͤrgert/ daß dem guten Alten fuͤr ſeine erzeigte Lieb ſo ſchlechter Danck erſtattet werde. Hier- uͤber kombt der Juͤnger deß alten Einſidlers/ und begehrt gantz demuͤ- tiglich die verlohrne Schuͤſſel; welche ihm der Engel auch wieder zu ge- ben verſpricht/ und befilcht zugleich/ er ſolle ihnen das Glaid geben Auff dem Weeg ſtuͤrtzet der Engel dieſen Juͤnger deß alten Einſidlers von einem hohen Berg hinunter/ daß er alsbald alle Glieder deß Leibs zerbricht und Hiſtoria. Vit. P. P. L. 5. n. 3. T t 3

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/361>, abgerufen am 26.04.2024.