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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Deß innerlichen Gebetts.
in dem du dich über die Göttliche Majestät billig verwunderst; derselben
Güte/ Gerechtigkeit/ Macht/ Weißheit/ Liebe/ &c. preisest. Zwei-
tens/
zur allerseeligsten Jungfrau Maria/ oder zu den heiligen Gottes; in
dem du dich mit ihnen erfreuest wegen ihrer unbeschreiblichen Glückseeligkeit:
deinen GOtt für sie/ und in ihren Nahmen danckest: dich beklagest und be-
weinest/ daß du selbigen an guten Wercken so ungleich seyest; und sie bettest
umb Hülff. Drittens/ zu den Gottlosen und Feinden Christi; in
dem du derselben Bößheit/ Blindheit und Hartnäckigkeit verfluchest: und
bey dir selbsten erwegest/ daß du mehr/ als sie/ verdienet habest/ daß dich
Gott verlasse/ nach demmahlen du für ihnen viel grössere Gnaden empfan-
gen hast. Viertens/ zu dir selbst/ in dem du deine grosse Blindheit/ Un-
danckbarkeit und Trägheit an dir selbsten straffest. Funfftens/ auch zu
den unvernünfftigen Thieren/ indem du erkennest/ daß selbige Danckbarer
seyen denen/ so ihnen Guts thuen/ &c.

Die Vrsach und Mittel der Berstreuungen.

Die Ursachen der Verstreuungen seyn fürnemblich dreyfachig. Die
Schwachheit der Natur: unsere eigene Schuld und Nachlässigkeit/ und
der Arglist deß Teuffels. Wider diese Ursachen seyen auch drey Mittel/
als nemblich eins/ so von ferne/ das ander/ so nahe bey/ und das dritte/ so
in der Betrachtung muß gebraucht werden. Die Mittel von ferne seynd
dreyfachig. Das erste bestehet darin/ daß du von Gott die Gnad recht
zu betrachten/ und dich dessen Willen gantz und zumahlen zuergeben/ offe
und inbrünstiglich begehrest. Das zweyte Mittel ist/ daß du dich
ernstlich befleissest/ alle eigene Lieb/ und alle Affection zu den Creaturen zu
vertilgen/ und in der Liebe Gottes und der Göttlichen Dingen zu wachssen:
dann die Seel ist vielmehr an dem Ort/ da sie liebet/ als da sie lebet. Das
Dritte
bestehet in der steten Ubung/ wie du deinen Willen dem Göttlichen
mögest glechförmig machen/ und dich gantz und gar der Göttlichen Dispo-
sition überlassen: Hierhin gehöret/ das man nicht gar zu eifferich den zeit-
lichen Geschäfften oblige &c.

Die Nächste Mittel/ so eben vor der Betrachtung müssen vorher
gehen/ seynd auch dreyfachig. Erstlich/ solstu deß Morgens/ so bald du
auffstehest/ dich der Materi/ von welcher du betrachten wilst/ errinneren/
und die Gedächtnuß deß Lieb-reichesten JESU in dein Hertz graben.
Zweytens/ solstu dir festiglich fürnehmen/ daß du keine Verstreuungen
williglich annehmen wollest; und sollest deine Jntention oder Meynung er-

neueren/
O o o 2

Deß innerlichen Gebetts.
in dem du dich uͤber die Goͤttliche Majeſtaͤt billig verwunderſt; derſelben
Guͤte/ Gerechtigkeit/ Macht/ Weißheit/ Liebe/ &c. preiſeſt. Zwei-
tens/
zur allerſeeligſten Jungfrau Maria/ oder zu den heiligen Gottes; in
dem du dich mit ihnen erfreueſt wegen ihrer unbeſchreiblichen Gluͤckſeeligkeit:
deinen GOtt fuͤr ſie/ und in ihren Nahmen danckeſt: dich beklageſt und be-
weineſt/ daß du ſelbigen an guten Wercken ſo ungleich ſeyeſt; und ſie betteſt
umb Huͤlff. Drittens/ zu den Gottloſen und Feinden Chriſti; in
dem du derſelben Boͤßheit/ Blindheit und Hartnaͤckigkeit verflucheſt: und
bey dir ſelbſten erwegeſt/ daß du mehr/ als ſie/ verdienet habeſt/ daß dich
Gott verlaſſe/ nach demmahlen du fuͤr ihnen viel groͤſſere Gnaden empfan-
gen haſt. Viertens/ zu dir ſelbſt/ in dem du deine groſſe Blindheit/ Un-
danckbarkeit und Traͤgheit an dir ſelbſten ſtraffeſt. Fůnfftens/ auch zu
den unvernuͤnfftigen Thieren/ indem du erkenneſt/ daß ſelbige Danckbarer
ſeyen denen/ ſo ihnen Guts thuen/ &c.

Die Vrſach und Mittel der Berſtreuungen.

Die Urſachen der Verſtreuungen ſeyn fuͤrnemblich dreyfachig. Die
Schwachheit der Natur: unſere eigene Schuld und Nachlaͤſſigkeit/ und
der Argliſt deß Teuffels. Wider dieſe Urſachen ſeyen auch drey Mittel/
als nemblich eins/ ſo von ferne/ das ander/ ſo nahe bey/ und das dritte/ ſo
in der Betrachtung muß gebraucht werden. Die Mittel von ferne ſeynd
dreyfachig. Das erſte beſtehet darin/ daß du von Gott die Gnad recht
zu betrachten/ und dich deſſen Willen gantz und zumahlen zuergeben/ offe
und inbruͤnſtiglich begehreſt. Das zweyte Mittel iſt/ daß du dich
ernſtlich befleiſſeſt/ alle eigene Lieb/ und alle Affection zu den Creaturen zu
vertilgen/ und in der Liebe Gottes und der Goͤttlichen Dingen zu wachſſen:
dann die Seel iſt vielmehr an dem Ort/ da ſie liebet/ als da ſie lebet. Das
Dritte
beſtehet in der ſteten Ubung/ wie du deinen Willen dem Goͤttlichen
moͤgeſt glechfoͤrmig machen/ und dich gantz und gar der Goͤttlichen Diſpo-
ſition uͤberlaſſen: Hierhin gehoͤret/ das man nicht gar zu eifferich den zeit-
lichen Geſchaͤfften oblige &c.

Die Naͤchſte Mittel/ ſo eben vor der Betrachtung muͤſſen vorher
gehen/ ſeynd auch dreyfachig. Erſtlich/ ſolſtu deß Morgens/ ſo bald du
auffſteheſt/ dich der Materi/ von welcher du betrachten wilſt/ errinneren/
und die Gedaͤchtnuß deß Lieb-reicheſten JESU in dein Hertz graben.
Zweytens/ ſolſtu dir feſtiglich fuͤrnehmen/ daß du keine Verſtreuungen
williglich annehmen wolleſt; und ſolleſt deine Jntention oder Meynung er-

neueren/
O o o 2
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[475/0503] Deß innerlichen Gebetts. in dem du dich uͤber die Goͤttliche Majeſtaͤt billig verwunderſt; derſelben Guͤte/ Gerechtigkeit/ Macht/ Weißheit/ Liebe/ &c. preiſeſt. Zwei- tens/ zur allerſeeligſten Jungfrau Maria/ oder zu den heiligen Gottes; in dem du dich mit ihnen erfreueſt wegen ihrer unbeſchreiblichen Gluͤckſeeligkeit: deinen GOtt fuͤr ſie/ und in ihren Nahmen danckeſt: dich beklageſt und be- weineſt/ daß du ſelbigen an guten Wercken ſo ungleich ſeyeſt; und ſie betteſt umb Huͤlff. Drittens/ zu den Gottloſen und Feinden Chriſti; in dem du derſelben Boͤßheit/ Blindheit und Hartnaͤckigkeit verflucheſt: und bey dir ſelbſten erwegeſt/ daß du mehr/ als ſie/ verdienet habeſt/ daß dich Gott verlaſſe/ nach demmahlen du fuͤr ihnen viel groͤſſere Gnaden empfan- gen haſt. Viertens/ zu dir ſelbſt/ in dem du deine groſſe Blindheit/ Un- danckbarkeit und Traͤgheit an dir ſelbſten ſtraffeſt. Fůnfftens/ auch zu den unvernuͤnfftigen Thieren/ indem du erkenneſt/ daß ſelbige Danckbarer ſeyen denen/ ſo ihnen Guts thuen/ &c. Die Vrſach und Mittel der Berſtreuungen. Die Urſachen der Verſtreuungen ſeyn fuͤrnemblich dreyfachig. Die Schwachheit der Natur: unſere eigene Schuld und Nachlaͤſſigkeit/ und der Argliſt deß Teuffels. Wider dieſe Urſachen ſeyen auch drey Mittel/ als nemblich eins/ ſo von ferne/ das ander/ ſo nahe bey/ und das dritte/ ſo in der Betrachtung muß gebraucht werden. Die Mittel von ferne ſeynd dreyfachig. Das erſte beſtehet darin/ daß du von Gott die Gnad recht zu betrachten/ und dich deſſen Willen gantz und zumahlen zuergeben/ offe und inbruͤnſtiglich begehreſt. Das zweyte Mittel iſt/ daß du dich ernſtlich befleiſſeſt/ alle eigene Lieb/ und alle Affection zu den Creaturen zu vertilgen/ und in der Liebe Gottes und der Goͤttlichen Dingen zu wachſſen: dann die Seel iſt vielmehr an dem Ort/ da ſie liebet/ als da ſie lebet. Das Dritte beſtehet in der ſteten Ubung/ wie du deinen Willen dem Goͤttlichen moͤgeſt glechfoͤrmig machen/ und dich gantz und gar der Goͤttlichen Diſpo- ſition uͤberlaſſen: Hierhin gehoͤret/ das man nicht gar zu eifferich den zeit- lichen Geſchaͤfften oblige &c. Die Naͤchſte Mittel/ ſo eben vor der Betrachtung muͤſſen vorher gehen/ ſeynd auch dreyfachig. Erſtlich/ ſolſtu deß Morgens/ ſo bald du auffſteheſt/ dich der Materi/ von welcher du betrachten wilſt/ errinneren/ und die Gedaͤchtnuß deß Lieb-reicheſten JESU in dein Hertz graben. Zweytens/ ſolſtu dir feſtiglich fuͤrnehmen/ daß du keine Verſtreuungen williglich annehmen wolleſt; und ſolleſt deine Jntention oder Meynung er- neueren/ O o o 2

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 475. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/503>, abgerufen am 26.04.2024.