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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.

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§. 26. Aussprüche der Römer über das wissenschaftliche Recht.
jährung gemacht, deren Natur jedoch zur Begründung
einer allgemeinen Rechtsregel gar nicht paßt. Auch würde
die Vorschrift, so aufgefaßt, doch keine bestimmte Anwen-
dung gestatten, da es Verjährungen von sehr verschiede-
ner Dauer giebt, hier aber keine bestimmte Zeit angegeben
ist. Sehr wahrscheinlich soll daher dieser Ausdruck, über-
einstimmend mit dem Römischen Recht, nur überhaupt
eine lange Dauer bezeichnen, und also legitime praescripta
hier so viel heißen als longa oder diuturna.

Endlich erwähnen auch mehrere Reichsgesetze des Ge-
wohnheitsrechts, aber nur indem sie überhaupt die Richter
zu seiner Befolgung anweisen, ohne dessen Bedingungen
oder Wirkung näher zu bestimmen (cc).

§. 26.
Aussprüche der Römer über das wissenschaftliche Recht.

Von früher Zeit her wird das Ansehen der Rechts-
kundigen, und der Einfluß derselben auf die Fortbildung
des Rechts durch Sitte, bezeugt (a). Daß dieser Einfluß

C. 11. X. de consuet. Jene
erste Meynung hat von ihm an-
genommen Glück I § 86 Num.
V.
-- Eichhorn Kirchenrecht
S. 42. 43. will jene Stellen nicht
von einem eigentlichen Gewohn-
heitsrecht verstanden wissen, son-
dern von einer Observanz, d. h.
einem stillschweigenden Statut,
insofern daraus dritte Personen
Rechte herleiten wollen (§ 20. f.).
Es mag seyn, daß die Rück-
sicht auf solche Fälle Veranlas-
sung zu jenen Aussprüchen ge-
geben hat. Allein daß diese all-
gemein gefaßt sind, giebt er
selbst zu, und so mag doch wohl
dem ungenauen Ausdruck auch
ein unklarer Gedanke zum Grunde
gelegen haben.
(cc) C. C. C. art. 104. -- Conc
ord. cam. Tit. 19 provem. Tit.
71, Rec. Imp. nov.
§ 105.
(a) L. 2 § 5 de orig. jur. (1. 2.).

§. 26. Ausſprüche der Römer über das wiſſenſchaftliche Recht.
jährung gemacht, deren Natur jedoch zur Begründung
einer allgemeinen Rechtsregel gar nicht paßt. Auch würde
die Vorſchrift, ſo aufgefaßt, doch keine beſtimmte Anwen-
dung geſtatten, da es Verjährungen von ſehr verſchiede-
ner Dauer giebt, hier aber keine beſtimmte Zeit angegeben
iſt. Sehr wahrſcheinlich ſoll daher dieſer Ausdruck, über-
einſtimmend mit dem Römiſchen Recht, nur überhaupt
eine lange Dauer bezeichnen, und alſo legitime praescripta
hier ſo viel heißen als longa oder diuturna.

Endlich erwähnen auch mehrere Reichsgeſetze des Ge-
wohnheitsrechts, aber nur indem ſie überhaupt die Richter
zu ſeiner Befolgung anweiſen, ohne deſſen Bedingungen
oder Wirkung näher zu beſtimmen (cc).

§. 26.
Ausſprüche der Römer über das wiſſenſchaftliche Recht.

Von früher Zeit her wird das Anſehen der Rechts-
kundigen, und der Einfluß derſelben auf die Fortbildung
des Rechts durch Sitte, bezeugt (a). Daß dieſer Einfluß

C. 11. X. de consuet. Jene
erſte Meynung hat von ihm an-
genommen Glück I § 86 Num.
V.
Eichhorn Kirchenrecht
S. 42. 43. will jene Stellen nicht
von einem eigentlichen Gewohn-
heitsrecht verſtanden wiſſen, ſon-
dern von einer Obſervanz, d. h.
einem ſtillſchweigenden Statut,
inſofern daraus dritte Perſonen
Rechte herleiten wollen (§ 20. f.).
Es mag ſeyn, daß die Rück-
ſicht auf ſolche Fälle Veranlaſ-
ſung zu jenen Ausſprüchen ge-
geben hat. Allein daß dieſe all-
gemein gefaßt ſind, giebt er
ſelbſt zu, und ſo mag doch wohl
dem ungenauen Ausdruck auch
ein unklarer Gedanke zum Grunde
gelegen haben.
(cc) C. C. C. art. 104. — Conc
ord. cam. Tit. 19 provem. Tit.
71, Rec. Imp. nov.
§ 105.
(a) L. 2 § 5 de orig. jur. (1. 2.).
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[155/0211] §. 26. Ausſprüche der Römer über das wiſſenſchaftliche Recht. jährung gemacht, deren Natur jedoch zur Begründung einer allgemeinen Rechtsregel gar nicht paßt. Auch würde die Vorſchrift, ſo aufgefaßt, doch keine beſtimmte Anwen- dung geſtatten, da es Verjährungen von ſehr verſchiede- ner Dauer giebt, hier aber keine beſtimmte Zeit angegeben iſt. Sehr wahrſcheinlich ſoll daher dieſer Ausdruck, über- einſtimmend mit dem Römiſchen Recht, nur überhaupt eine lange Dauer bezeichnen, und alſo legitime praescripta hier ſo viel heißen als longa oder diuturna. Endlich erwähnen auch mehrere Reichsgeſetze des Ge- wohnheitsrechts, aber nur indem ſie überhaupt die Richter zu ſeiner Befolgung anweiſen, ohne deſſen Bedingungen oder Wirkung näher zu beſtimmen (cc). §. 26. Ausſprüche der Römer über das wiſſenſchaftliche Recht. Von früher Zeit her wird das Anſehen der Rechts- kundigen, und der Einfluß derſelben auf die Fortbildung des Rechts durch Sitte, bezeugt (a). Daß dieſer Einfluß (bb) (cc) C. C. C. art. 104. — Conc ord. cam. Tit. 19 provem. Tit. 71, Rec. Imp. nov. § 105. (a) L. 2 § 5 de orig. jur. (1. 2.). (bb) C. 11. X. de consuet. Jene erſte Meynung hat von ihm an- genommen Glück I § 86 Num. V. — Eichhorn Kirchenrecht S. 42. 43. will jene Stellen nicht von einem eigentlichen Gewohn- heitsrecht verſtanden wiſſen, ſon- dern von einer Obſervanz, d. h. einem ſtillſchweigenden Statut, inſofern daraus dritte Perſonen Rechte herleiten wollen (§ 20. f.). Es mag ſeyn, daß die Rück- ſicht auf ſolche Fälle Veranlaſ- ſung zu jenen Ausſprüchen ge- geben hat. Allein daß dieſe all- gemein gefaßt ſind, giebt er ſelbſt zu, und ſo mag doch wohl dem ungenauen Ausdruck auch ein unklarer Gedanke zum Grunde gelegen haben.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/211>, abgerufen am 26.04.2024.