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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

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Stricti juris, bonae fidei actiones. XVI.
XVI.

Noch wichtiger aber ist es, daß die Rechtsgeschäfte,
welche eigentlich dazu bestimmt waren, Klagen von einer
dieser Klassen ausschließend hervorzubringen, durch will-
kührliche Handlungen in die andere Klasse der Klagen
hinüber geleitet werden konnten. Dieses konnte geschehen
bald durch den Willen der Parteyen, bald durch den des
Prätors.

Der Wille der Parteyen konnte jedem, seiner Natur
nach freyen, Rechtsgeschäft, die strenge, buchstäbliche Na-
tur dadurch mittheilen, daß sie dasselbe in eine Stipula-
tion, oder in gegenseitige Stipulationen, einkleideten, und
zwar entweder gleich Anfangs, oder auch durch eine spä-
terhin umwandelnde Novation. Dieses lag in der Natur
der Stipulation als der allgemeinsten und unbestimmtesten
Form der Verträge überhaupt, für jeden besonderen In-
halt gleich empfänglich, und daher auch für das in sie
eingekleidete Geschäft ausschließend die Norm abgebend,
auch wenn dieses Geschäft außerdem eine andere Klage,
sey es von einer gleich strengen, oder von einer freyeren,
Natur zur Folge gehabt haben würde. Wurde daher ein
Darlehen in eine Stipulation eingekleidet, so entsprang
daraus eine einfache verborum obligatio (a). Eben so bey

(a) L. 126 § 2 de V. O. (45. 1.).
".. quotiens pecuniam mutuam
dantes eandem stipulamur, non
duae obligationes nascuntur,
sed una verborum." L. 6 § 1
L. 7 de novat.
(46. 2.).
Stricti juris, bonae fidei actiones. XVI.
XVI.

Noch wichtiger aber iſt es, daß die Rechtsgeſchäfte,
welche eigentlich dazu beſtimmt waren, Klagen von einer
dieſer Klaſſen ausſchließend hervorzubringen, durch will-
kührliche Handlungen in die andere Klaſſe der Klagen
hinüber geleitet werden konnten. Dieſes konnte geſchehen
bald durch den Willen der Parteyen, bald durch den des
Prätors.

Der Wille der Parteyen konnte jedem, ſeiner Natur
nach freyen, Rechtsgeſchäft, die ſtrenge, buchſtäbliche Na-
tur dadurch mittheilen, daß ſie daſſelbe in eine Stipula-
tion, oder in gegenſeitige Stipulationen, einkleideten, und
zwar entweder gleich Anfangs, oder auch durch eine ſpä-
terhin umwandelnde Novation. Dieſes lag in der Natur
der Stipulation als der allgemeinſten und unbeſtimmteſten
Form der Verträge überhaupt, für jeden beſonderen In-
halt gleich empfänglich, und daher auch für das in ſie
eingekleidete Geſchäft ausſchließend die Norm abgebend,
auch wenn dieſes Geſchäft außerdem eine andere Klage,
ſey es von einer gleich ſtrengen, oder von einer freyeren,
Natur zur Folge gehabt haben würde. Wurde daher ein
Darlehen in eine Stipulation eingekleidet, ſo entſprang
daraus eine einfache verborum obligatio (a). Eben ſo bey

(a) L. 126 § 2 de V. O. (45. 1.).
„.. quotiens pecuniam mutuam
dantes eandem stipulamur, non
duae obligationes nascuntur,
sed una verborum.” L. 6 § 1
L. 7 de novat.
(46. 2.).
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[493/0507] Stricti juris, bonae fidei actiones. XVI. XVI. Noch wichtiger aber iſt es, daß die Rechtsgeſchäfte, welche eigentlich dazu beſtimmt waren, Klagen von einer dieſer Klaſſen ausſchließend hervorzubringen, durch will- kührliche Handlungen in die andere Klaſſe der Klagen hinüber geleitet werden konnten. Dieſes konnte geſchehen bald durch den Willen der Parteyen, bald durch den des Prätors. Der Wille der Parteyen konnte jedem, ſeiner Natur nach freyen, Rechtsgeſchäft, die ſtrenge, buchſtäbliche Na- tur dadurch mittheilen, daß ſie daſſelbe in eine Stipula- tion, oder in gegenſeitige Stipulationen, einkleideten, und zwar entweder gleich Anfangs, oder auch durch eine ſpä- terhin umwandelnde Novation. Dieſes lag in der Natur der Stipulation als der allgemeinſten und unbeſtimmteſten Form der Verträge überhaupt, für jeden beſonderen In- halt gleich empfänglich, und daher auch für das in ſie eingekleidete Geſchäft ausſchließend die Norm abgebend, auch wenn dieſes Geſchäft außerdem eine andere Klage, ſey es von einer gleich ſtrengen, oder von einer freyeren, Natur zur Folge gehabt haben würde. Wurde daher ein Darlehen in eine Stipulation eingekleidet, ſo entſprang daraus eine einfache verborum obligatio (a). Eben ſo bey (a) L. 126 § 2 de V. O. (45. 1.). „.. quotiens pecuniam mutuam dantes eandem stipulamur, non duae obligationes nascuntur, sed una verborum.” L. 6 § 1 L. 7 de novat. (46. 2.).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 493. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/507>, abgerufen am 27.04.2024.