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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

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Die Condictionen. XII.

eadem lege quo genere actionis experiamur, ex
lege agendum est.

Die letzten Worte sprechen freylich nicht ausdrücklich
von einer Condiction; in Verbindung mit der Überschrift
des Titels muß aber unzweifelhaft eine solche Klage un-
ter den Worten agendum est verstanden werden.

Es ist nicht zu sagen, welcher Misbrauch von manchen
neueren Schriftstellern mit diesem Namen getrieben wor-
den ist. Wo man nur ein Klagrecht fand, das man nicht
auf anerkannte Rechtsregeln zurück zu führen wußte, theilte
man ihm jenen Namen mit, und setzte etwa die Zahl und
Rubrik der Digestenstelle bey, woraus das Daseyn des
Klagrechts bewiesen werden sollte (a). Es war nun ein
höchst bequemer Name geworden, um alle Klagen zu be-
zeichnen, wofür man gerade keinen anderen Namen kannte,
und es war ganz consequent, diesen Namen mit dem der
actio in factum abwechslend zu gebrauchen (b), obgleich
kaum im ganzen Römischen Recht ein stärkerer Wider-
spruch zu finden ist, als zwischen diesen beiden Arten von
Klagen. Indem man diese Bequemlichkeit auf neueres
Recht übertrug, sprach man auch von einer condictio ex
canone, ex statuto, ex moribus.
-- Es wird jetzt kaum
mehr nöthig seyn zu bemerken, daß Paulus nur an Kla-
gen aus Volksschlüssen dachte, also nicht an solche, die

(a) So z. B. condictio ex L.
32 de reb. cred.,
auch wohl
condictio Juventiana genannt.
Vgl. oben B. 3 § 136. f.
(b) Glück B. 13 S. 238.
Die Condictionen. XII.

eadem lege quo genere actionis experiamur, ex
lege agendum est.

Die letzten Worte ſprechen freylich nicht ausdrücklich
von einer Condiction; in Verbindung mit der Überſchrift
des Titels muß aber unzweifelhaft eine ſolche Klage un-
ter den Worten agendum est verſtanden werden.

Es iſt nicht zu ſagen, welcher Misbrauch von manchen
neueren Schriftſtellern mit dieſem Namen getrieben wor-
den iſt. Wo man nur ein Klagrecht fand, das man nicht
auf anerkannte Rechtsregeln zurück zu führen wußte, theilte
man ihm jenen Namen mit, und ſetzte etwa die Zahl und
Rubrik der Digeſtenſtelle bey, woraus das Daſeyn des
Klagrechts bewieſen werden ſollte (a). Es war nun ein
höchſt bequemer Name geworden, um alle Klagen zu be-
zeichnen, wofür man gerade keinen anderen Namen kannte,
und es war ganz conſequent, dieſen Namen mit dem der
actio in factum abwechſlend zu gebrauchen (b), obgleich
kaum im ganzen Römiſchen Recht ein ſtärkerer Wider-
ſpruch zu finden iſt, als zwiſchen dieſen beiden Arten von
Klagen. Indem man dieſe Bequemlichkeit auf neueres
Recht übertrug, ſprach man auch von einer condictio ex
canone, ex statuto, ex moribus.
— Es wird jetzt kaum
mehr nöthig ſeyn zu bemerken, daß Paulus nur an Kla-
gen aus Volksſchlüſſen dachte, alſo nicht an ſolche, die

(a) So z. B. condictio ex L.
32 de reb. cred.,
auch wohl
condictio Juventiana genannt.
Vgl. oben B. 3 § 136. f.
(b) Glück B. 13 S. 238.
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[543/0557] Die Condictionen. XII. eadem lege quo genere actionis experiamur, ex lege agendum est. Die letzten Worte ſprechen freylich nicht ausdrücklich von einer Condiction; in Verbindung mit der Überſchrift des Titels muß aber unzweifelhaft eine ſolche Klage un- ter den Worten agendum est verſtanden werden. Es iſt nicht zu ſagen, welcher Misbrauch von manchen neueren Schriftſtellern mit dieſem Namen getrieben wor- den iſt. Wo man nur ein Klagrecht fand, das man nicht auf anerkannte Rechtsregeln zurück zu führen wußte, theilte man ihm jenen Namen mit, und ſetzte etwa die Zahl und Rubrik der Digeſtenſtelle bey, woraus das Daſeyn des Klagrechts bewieſen werden ſollte (a). Es war nun ein höchſt bequemer Name geworden, um alle Klagen zu be- zeichnen, wofür man gerade keinen anderen Namen kannte, und es war ganz conſequent, dieſen Namen mit dem der actio in factum abwechſlend zu gebrauchen (b), obgleich kaum im ganzen Römiſchen Recht ein ſtärkerer Wider- ſpruch zu finden iſt, als zwiſchen dieſen beiden Arten von Klagen. Indem man dieſe Bequemlichkeit auf neueres Recht übertrug, ſprach man auch von einer condictio ex canone, ex statuto, ex moribus. — Es wird jetzt kaum mehr nöthig ſeyn zu bemerken, daß Paulus nur an Kla- gen aus Volksſchlüſſen dachte, alſo nicht an ſolche, die (a) So z. B. condictio ex L. 32 de reb. cred., auch wohl condictio Juventiana genannt. Vgl. oben B. 3 § 136. f. (b) Glück B. 13 S. 238.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 543. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/557>, abgerufen am 27.04.2024.