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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

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Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
Vertheidiger der hier bekämpften Lehre im Irrthum sind,
wenn sie in dieser Maaßregel einen gesetzlichen Erfüllungs-
ort sehen, und darauf einen besonderen Gerichtsstand der
Obligation gründen wollen, nämlich eben an dem Orte, wo
die bewegliche Sache sich zufällig befindet (aa). Vollends
diese letzte Folgerung (worauf hier Alles ankommt) ist schon
deswegen durchaus verwerflich, weil darin ein forum rei
sitae
für persönliche Klagen liegen würde, das wohl Nie-
mand behaupten wird.

Die hier bekämpfte Meinung ist noch durch folgenden
Umstand unterstützt worden. Bei Fideicommissen (womit
gewiß das fideicommissum hereditatis gemeint ist) besteht
die, auf billige Schonung des belasteten Erben gegründete,
Vorschrift, daß er sie nur da zu entrichten braucht, wo der
größere Theil der Erbschaft liegt. An diesem Ort soll da-
für auch ein besonderer Gerichtsstand begründet sein (bb).
Eine ähnliche billige Rücksicht soll auch gelten zum Vortheil

(aa) Linde Abhandlungen II.
S. 118. Albrecht S. 29--32.
Dieser legt mit Unrecht Werth auf
solche Ausdrücke, wie: ibi dari
debet,
ubi est in L. 38 de jud.

(5. 1). Nach dem ganzen Zu-
sammenhang heißt das: "er ist
nur schuldig, an diesem Ort zu
übergeben", wie die gleich darauf
folgende Ausnahme deutlich macht;
er braucht also nicht die Trans-
portkosten daran zu wenden "nisi
dolo malo heredis subductum
fuerit, tunc enim ibi dari
debet, ubi petitur."
-- So
heißt es ja auch in L. 38 de jud.
(5. 1) "per in rem actionem
... ibi peti debet, ubi res
est."
Und doch hat der Kläger
stets die Wahl zwischen dem forum
rei sitae
und dem forum domi-
cilii.
Bethmann Hollweg
S. 70.
(bb) L. 50 pr. de jud. (5. 1),
L. un. C. ubi fideicomm.
(3. 17).

Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
Vertheidiger der hier bekämpften Lehre im Irrthum ſind,
wenn ſie in dieſer Maaßregel einen geſetzlichen Erfüllungs-
ort ſehen, und darauf einen beſonderen Gerichtsſtand der
Obligation gründen wollen, nämlich eben an dem Orte, wo
die bewegliche Sache ſich zufällig befindet (aa). Vollends
dieſe letzte Folgerung (worauf hier Alles ankommt) iſt ſchon
deswegen durchaus verwerflich, weil darin ein forum rei
sitae
für perſönliche Klagen liegen würde, das wohl Nie-
mand behaupten wird.

Die hier bekämpfte Meinung iſt noch durch folgenden
Umſtand unterſtützt worden. Bei Fideicommiſſen (womit
gewiß das fideicommissum hereditatis gemeint iſt) beſteht
die, auf billige Schonung des belaſteten Erben gegründete,
Vorſchrift, daß er ſie nur da zu entrichten braucht, wo der
größere Theil der Erbſchaft liegt. An dieſem Ort ſoll da-
für auch ein beſonderer Gerichtsſtand begründet ſein (bb).
Eine ähnliche billige Rückſicht ſoll auch gelten zum Vortheil

(aa) Linde Abhandlungen II.
S. 118. Albrecht S. 29—32.
Dieſer legt mit Unrecht Werth auf
ſolche Ausdrücke, wie: ibi dari
debet,
ubi est in L. 38 de jud.

(5. 1). Nach dem ganzen Zu-
ſammenhang heißt das: „er iſt
nur ſchuldig, an dieſem Ort zu
übergeben“, wie die gleich darauf
folgende Ausnahme deutlich macht;
er braucht alſo nicht die Trans-
portkoſten daran zu wenden „nisi
dolo malo heredis subductum
fuerit, tunc enim ibi dari
debet, ubi petitur.“
— So
heißt es ja auch in L. 38 de jud.
(5. 1) „per in rem actionem
… ibi peti debet, ubi res
est.“
Und doch hat der Kläger
ſtets die Wahl zwiſchen dem forum
rei sitae
und dem forum domi-
cilii.
Bethmann Hollweg
S. 70.
(bb) L. 50 pr. de jud. (5. 1),
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(3. 17).
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[232/0254] Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen. Vertheidiger der hier bekämpften Lehre im Irrthum ſind, wenn ſie in dieſer Maaßregel einen geſetzlichen Erfüllungs- ort ſehen, und darauf einen beſonderen Gerichtsſtand der Obligation gründen wollen, nämlich eben an dem Orte, wo die bewegliche Sache ſich zufällig befindet (aa). Vollends dieſe letzte Folgerung (worauf hier Alles ankommt) iſt ſchon deswegen durchaus verwerflich, weil darin ein forum rei sitae für perſönliche Klagen liegen würde, das wohl Nie- mand behaupten wird. Die hier bekämpfte Meinung iſt noch durch folgenden Umſtand unterſtützt worden. Bei Fideicommiſſen (womit gewiß das fideicommissum hereditatis gemeint iſt) beſteht die, auf billige Schonung des belaſteten Erben gegründete, Vorſchrift, daß er ſie nur da zu entrichten braucht, wo der größere Theil der Erbſchaft liegt. An dieſem Ort ſoll da- für auch ein beſonderer Gerichtsſtand begründet ſein (bb). Eine ähnliche billige Rückſicht ſoll auch gelten zum Vortheil (aa) Linde Abhandlungen II. S. 118. Albrecht S. 29—32. Dieſer legt mit Unrecht Werth auf ſolche Ausdrücke, wie: ibi dari debet, ubi est in L. 38 de jud. (5. 1). Nach dem ganzen Zu- ſammenhang heißt das: „er iſt nur ſchuldig, an dieſem Ort zu übergeben“, wie die gleich darauf folgende Ausnahme deutlich macht; er braucht alſo nicht die Trans- portkoſten daran zu wenden „nisi dolo malo heredis subductum fuerit, tunc enim ibi dari debet, ubi petitur.“ — So heißt es ja auch in L. 38 de jud. (5. 1) „per in rem actionem … ibi peti debet, ubi res est.“ Und doch hat der Kläger ſtets die Wahl zwiſchen dem forum rei sitae und dem forum domi- cilii. Bethmann Hollweg S. 70. (bb) L. 50 pr. de jud. (5. 1), L. un. C. ubi fideicomm. (3. 17).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/254>, abgerufen am 26.04.2024.