Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
aus einem anerkannten Bedürfniß hervorgegangen, und von
den Rechtslehrern weiter ausgebildet worden ist. Es bleibt
noch die Frage zu beantworten übrig, wie sich die positive
Gesetzgebung zu jener Regel verhält. Zuerst die dem ge-
meinen Recht zum Grunde liegende (Römisches und cano-
nisches Recht), dann einige neuere Gesetzgebungen.



Von jeher haben mehrere Schriftsteller versucht, jene
Regel aus den Quellen des geschriebenen gemeinen Rechts
abzuleiten; von Anderen aber ist mit Recht bemerkt worden,
daß diese Versuche mißlungen sind (a). Eine Uebersicht
der für die erwähnte Regel angeführten Gesetzstellen wird
dieses Urtheil bestätigen, wodurch übrigens der Wahrheit
und Gewißheit der Regel selbst durchaus Nichts entzogen
werden soll.

1. L. 9. C. de testamentis (6. 23). Dieses ist die
scheinbarste unter den angeführten Stellen, dennoch begrün-
det sie unsere Regel nicht.

Es war ein Testament gemacht worden ohne Beobach-
tung der bekannten Regel des Römischen Rechts, nach wel-
cher die Zeugen in unmittelbarer Gegenwart des Testators
seyn müssen (b). Auf eine Anfrage der Patroclia (wahr-

(a) Wächter I. S. 246.
(b) L. 9 cit. "in conspectu
testatoris" L. 30. C. eod. "sub
praesentia ipsius testatoris".
L. 3 C. Th. de test. (4. 4)
"praesentes videant subscrip-
tores".
-- Vgl. Glück B. 34
S. 292.

Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
aus einem anerkannten Bedürfniß hervorgegangen, und von
den Rechtslehrern weiter ausgebildet worden iſt. Es bleibt
noch die Frage zu beantworten übrig, wie ſich die poſitive
Geſetzgebung zu jener Regel verhält. Zuerſt die dem ge-
meinen Recht zum Grunde liegende (Römiſches und cano-
niſches Recht), dann einige neuere Geſetzgebungen.



Von jeher haben mehrere Schriftſteller verſucht, jene
Regel aus den Quellen des geſchriebenen gemeinen Rechts
abzuleiten; von Anderen aber iſt mit Recht bemerkt worden,
daß dieſe Verſuche mißlungen ſind (a). Eine Ueberſicht
der für die erwähnte Regel angeführten Geſetzſtellen wird
dieſes Urtheil beſtätigen, wodurch übrigens der Wahrheit
und Gewißheit der Regel ſelbſt durchaus Nichts entzogen
werden ſoll.

1. L. 9. C. de testamentis (6. 23). Dieſes iſt die
ſcheinbarſte unter den angeführten Stellen, dennoch begrün-
det ſie unſere Regel nicht.

Es war ein Teſtament gemacht worden ohne Beobach-
tung der bekannten Regel des Römiſchen Rechts, nach wel-
cher die Zeugen in unmittelbarer Gegenwart des Teſtators
ſeyn müſſen (b). Auf eine Anfrage der Patroclia (wahr-

(a) Wächter I. S. 246.
(b) L. 9 cit. „in conspectu
testatoris“ L. 30. C. eod. „sub
praesentia ipsius testatoris“.
L. 3 C. Th. de test. (4. 4)
„praesentes videant subscrip-
tores“.
— Vgl. Glück B. 34
S. 292.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0382" n="360"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">III.</hi> Herr&#x017F;chaft der Rechtsregeln. Kap. <hi rendition="#aq">I.</hi> Örtliche Gränzen.</fw><lb/>
aus einem anerkannten Bedürfniß hervorgegangen, und von<lb/>
den Rechtslehrern weiter ausgebildet worden i&#x017F;t. Es bleibt<lb/>
noch die Frage zu beantworten übrig, wie &#x017F;ich die po&#x017F;itive<lb/>
Ge&#x017F;etzgebung zu jener Regel verhält. Zuer&#x017F;t die dem ge-<lb/>
meinen Recht zum Grunde liegende (Römi&#x017F;ches und cano-<lb/>
ni&#x017F;ches Recht), dann einige neuere Ge&#x017F;etzgebungen.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <p>Von jeher haben mehrere Schrift&#x017F;teller ver&#x017F;ucht, jene<lb/>
Regel aus den Quellen des ge&#x017F;chriebenen gemeinen Rechts<lb/>
abzuleiten; von Anderen aber i&#x017F;t mit Recht bemerkt worden,<lb/>
daß die&#x017F;e Ver&#x017F;uche mißlungen &#x017F;ind <note place="foot" n="(a)"><hi rendition="#g">Wächter</hi><hi rendition="#aq">I.</hi> S. 246.</note>. Eine Ueber&#x017F;icht<lb/>
der für die erwähnte Regel angeführten Ge&#x017F;etz&#x017F;tellen wird<lb/>
die&#x017F;es Urtheil be&#x017F;tätigen, wodurch übrigens der Wahrheit<lb/>
und Gewißheit der Regel &#x017F;elb&#x017F;t durchaus Nichts entzogen<lb/>
werden &#x017F;oll.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">1. L.</hi> 9. <hi rendition="#i">C. de testamentis</hi></hi> (6. 23). Die&#x017F;es i&#x017F;t die<lb/>
&#x017F;cheinbar&#x017F;te unter den angeführten Stellen, dennoch begrün-<lb/>
det &#x017F;ie un&#x017F;ere Regel nicht.</p><lb/>
            <p>Es war ein Te&#x017F;tament gemacht worden ohne Beobach-<lb/>
tung der bekannten Regel des Römi&#x017F;chen Rechts, nach wel-<lb/>
cher die Zeugen in unmittelbarer Gegenwart des Te&#x017F;tators<lb/>
&#x017F;eyn mü&#x017F;&#x017F;en <note place="foot" n="(b)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 9 <hi rendition="#i">cit.</hi> &#x201E;in conspectu<lb/>
testatoris&#x201C; <hi rendition="#i">L.</hi> 30. <hi rendition="#i">C. eod.</hi> &#x201E;sub<lb/>
praesentia ipsius testatoris&#x201C;.<lb/><hi rendition="#i">L.</hi> 3 <hi rendition="#i">C. Th. de test.</hi> (4. 4)<lb/>
&#x201E;praesentes videant subscrip-<lb/>
tores&#x201C;.</hi> &#x2014; Vgl. <hi rendition="#g">Glück</hi> B. 34<lb/>
S. 292.</note>. Auf eine Anfrage der Patroclia (wahr-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[360/0382] Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen. aus einem anerkannten Bedürfniß hervorgegangen, und von den Rechtslehrern weiter ausgebildet worden iſt. Es bleibt noch die Frage zu beantworten übrig, wie ſich die poſitive Geſetzgebung zu jener Regel verhält. Zuerſt die dem ge- meinen Recht zum Grunde liegende (Römiſches und cano- niſches Recht), dann einige neuere Geſetzgebungen. Von jeher haben mehrere Schriftſteller verſucht, jene Regel aus den Quellen des geſchriebenen gemeinen Rechts abzuleiten; von Anderen aber iſt mit Recht bemerkt worden, daß dieſe Verſuche mißlungen ſind (a). Eine Ueberſicht der für die erwähnte Regel angeführten Geſetzſtellen wird dieſes Urtheil beſtätigen, wodurch übrigens der Wahrheit und Gewißheit der Regel ſelbſt durchaus Nichts entzogen werden ſoll. 1. L. 9. C. de testamentis (6. 23). Dieſes iſt die ſcheinbarſte unter den angeführten Stellen, dennoch begrün- det ſie unſere Regel nicht. Es war ein Teſtament gemacht worden ohne Beobach- tung der bekannten Regel des Römiſchen Rechts, nach wel- cher die Zeugen in unmittelbarer Gegenwart des Teſtators ſeyn müſſen (b). Auf eine Anfrage der Patroclia (wahr- (a) Wächter I. S. 246. (b) L. 9 cit. „in conspectu testatoris“ L. 30. C. eod. „sub praesentia ipsius testatoris“. L. 3 C. Th. de test. (4. 4) „praesentes videant subscrip- tores“. — Vgl. Glück B. 34 S. 292.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/382
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/382>, abgerufen am 26.04.2024.