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Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706.

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gewahret werden ein ordenlicher Kreißlauff der Wassern? und ob nicht wahr-
scheinlich/ daß die Göttliche Vorsehung auch unter anderem die Berge zu dem
ende auf die Erde gesetzet/ das sie dienten an statt grosser Kaminen/ durch wel-
che die Dünste in grösserer Maß auß dem Eingeweid der Erden außrauchen
können/ als durch ebene Felder/ und Wasser/ weilen oft die fläche eines einigen
Bergs gleich groß ist mit der ebenen Fläche eines ganzen Lands? Hierauß
könte man schliessen/ daß gleich wie unsere Eidgnöss. Gebirge die jenigen Was-
ser/ welche dem meisten Europae durch grosse Flüsse zufliessen/ samlen und auß
theilen/ gleicher gestalt können genennet werden samlere/ und außspendere der
Wolken/ eines edlen/ überauß nuzlichen/ nohtwendig[verlorenes Material - 2 Zeichen fehlen] Geschöpfts. Gewißlich/
wann wir die Natur nicht mehr/ wie vorhin/ mit blinden/ sondern offenen
Augen ansehen/ finden sich aller Orten genugsame Proben einer unbeschränk-
ten Macht/ unendlichen Weißheit/ und unverdienten Güte gegen uns Erden-
bewohnere/ die wir die Geschöpfte Gottes gemeinlich anschauen/ wie Roß
und Maulthier/ die keinen verstand haben. Jch komme widerum auf den
Weg/ welchen mir die Wolken zeigen/ und gewahre/ daß die Einwohnere der
hohen Gebirgen nicht nur auß dem steigen/ und fallen der Wolken urtheilen
von dem Wetter/ sondern auch auß ihrer farb/ gestalt/ beschaffenheit: Sind
sie zertheilt/ dünn/ weiß/ leicht/ so daß sie leicht in die höhe fahren/ so werden sie
genennet trockene/ Heuwetter-Nebel/ weilen sie schönes Wetter anzeigen:
Sind sie hergegen dick/ schwer/ und lassen sich nicht leicht von der Erden auf/
so zerfallen sie in Regen. Mit disem/ was von dem ursprung der Wol-
ken geredt/ kan verglichen werden das/ was in denen Nordischen Gebirgen
war genommen/ und denen Novis Literariis Maris Balthici A. 1703. p.
83. ein verleibet hat M. Joach. Frid. Creitlovv, Pfarrer zu Rommeleden
in Wester-Gothland.

Von den Gemßthieren.

WJt stillschweigen wil übergehen alles das jenige/ was von diser art
Thieren zu finden bey anderen Natur-beschreiberen/ als Conrado
Geßnero, Ulysse Aldrovando, &c.
und nur allein den cu-
riosen Leser aufhalten bey deme/ was anderstwo gar nicht/ oder falsch/ oder
nicht in genugsamer Erläuterung anzutreffen.

Von ihrer Festigkeit

Machen vil wesens die Berg-Jäger. Einiche derselben halten sie vor
fest/ wann sie morgen nüchtern/ und frühe vor der Sonnen-Aufgang/ essen

von

gewahret werden ein ordenlicher Kreißlauff der Waſſern? und ob nicht wahr-
ſcheinlich/ daß die Goͤttliche Vorſehung auch unter anderem die Berge zu dem
ende auf die Erde geſetzet/ das ſie dienten an ſtatt groſſer Kaminen/ durch wel-
che die Duͤnſte in groͤſſerer Maß auß dem Eingeweid der Erden außrauchen
koͤnnen/ als durch ebene Felder/ und Waſſer/ weilen oft die flaͤche eines einigen
Bergs gleich groß iſt mit der ebenen Flaͤche eines ganzen Lands? Hierauß
koͤnte man ſchlieſſen/ daß gleich wie unſere Eidgnoͤſſ. Gebirge die jenigen Waſ-
ſer/ welche dem meiſten Europæ durch groſſe Fluͤſſe zuflieſſen/ ſamlen und auß
theilen/ gleicher geſtalt koͤnnen genennet werden ſamlere/ und außſpendere der
Wolkẽ/ eines edlen/ uͤberauß nuzlichen/ nohtwendig[verlorenes Material – 2 Zeichen fehlen] Geſchoͤpfts. Gewißlich/
wann wir die Natur nicht mehr/ wie vorhin/ mit blinden/ ſondern offenen
Augen anſehen/ finden ſich aller Orten genugſame Proben einer unbeſchraͤnk-
ten Macht/ unendlichen Weißheit/ und unverdienten Guͤte gegen uns Erden-
bewohnere/ die wir die Geſchoͤpfte Gottes gemeinlich anſchauen/ wie Roß
und Maulthier/ die keinen verſtand haben. Jch komme widerum auf den
Weg/ welchen mir die Wolken zeigen/ und gewahre/ daß die Einwohnere der
hohen Gebirgen nicht nur auß dem ſteigen/ und fallen der Wolken urtheilen
von dem Wetter/ ſondern auch auß ihrer farb/ geſtalt/ beſchaffenheit: Sind
ſie zertheilt/ duͤnn/ weiß/ leicht/ ſo daß ſie leicht in die hoͤhe fahren/ ſo werden ſie
genennet trockene/ Heuwetter-Nebel/ weilen ſie ſchoͤnes Wetter anzeigen:
Sind ſie hergegen dick/ ſchwer/ und laſſen ſich nicht leicht von der Erden auf/
ſo zerfallen ſie in Regen. Mit diſem/ was von dem urſprung der Wol-
ken geredt/ kan verglichen werden das/ was in denen Nordiſchen Gebirgen
war genommen/ und denen Novis Literariis Maris Balthici A. 1703. p.
83. ein verleibet hat M. Joach. Frid. Creitlovv, Pfarꝛer zu Rommeleden
in Weſter-Gothland.

Von den Gemßthieren.

WJt ſtillſchweigen wil uͤbergehen alles das jenige/ was von diſer art
Thieren zu finden bey anderen Natur-beſchreiberen/ als Conrado
Geßnero, Ulyſſe Aldrovando, &c.
und nur allein den cu-
rioſen Leſer aufhalten bey deme/ was anderſtwo gar nicht/ oder falſch/ oder
nicht in genugſamer Erlaͤuterung anzutreffen.

Von ihrer Feſtigkeit

Machen vil weſens die Berg-Jaͤger. Einiche derſelben halten ſie vor
feſt/ wann ſie morgen nuͤchtern/ und fruͤhe vor der Sonnen-Aufgang/ eſſen

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[38/0053] gewahret werden ein ordenlicher Kreißlauff der Waſſern? und ob nicht wahr- ſcheinlich/ daß die Goͤttliche Vorſehung auch unter anderem die Berge zu dem ende auf die Erde geſetzet/ das ſie dienten an ſtatt groſſer Kaminen/ durch wel- che die Duͤnſte in groͤſſerer Maß auß dem Eingeweid der Erden außrauchen koͤnnen/ als durch ebene Felder/ und Waſſer/ weilen oft die flaͤche eines einigen Bergs gleich groß iſt mit der ebenen Flaͤche eines ganzen Lands? Hierauß koͤnte man ſchlieſſen/ daß gleich wie unſere Eidgnoͤſſ. Gebirge die jenigen Waſ- ſer/ welche dem meiſten Europæ durch groſſe Fluͤſſe zuflieſſen/ ſamlen und auß theilen/ gleicher geſtalt koͤnnen genennet werden ſamlere/ und außſpendere der Wolkẽ/ eines edlen/ uͤberauß nuzlichen/ nohtwendig__ Geſchoͤpfts. Gewißlich/ wann wir die Natur nicht mehr/ wie vorhin/ mit blinden/ ſondern offenen Augen anſehen/ finden ſich aller Orten genugſame Proben einer unbeſchraͤnk- ten Macht/ unendlichen Weißheit/ und unverdienten Guͤte gegen uns Erden- bewohnere/ die wir die Geſchoͤpfte Gottes gemeinlich anſchauen/ wie Roß und Maulthier/ die keinen verſtand haben. Jch komme widerum auf den Weg/ welchen mir die Wolken zeigen/ und gewahre/ daß die Einwohnere der hohen Gebirgen nicht nur auß dem ſteigen/ und fallen der Wolken urtheilen von dem Wetter/ ſondern auch auß ihrer farb/ geſtalt/ beſchaffenheit: Sind ſie zertheilt/ duͤnn/ weiß/ leicht/ ſo daß ſie leicht in die hoͤhe fahren/ ſo werden ſie genennet trockene/ Heuwetter-Nebel/ weilen ſie ſchoͤnes Wetter anzeigen: Sind ſie hergegen dick/ ſchwer/ und laſſen ſich nicht leicht von der Erden auf/ ſo zerfallen ſie in Regen. Mit diſem/ was von dem urſprung der Wol- ken geredt/ kan verglichen werden das/ was in denen Nordiſchen Gebirgen war genommen/ und denen Novis Literariis Maris Balthici A. 1703. p. 83. ein verleibet hat M. Joach. Frid. Creitlovv, Pfarꝛer zu Rommeleden in Weſter-Gothland. Von den Gemßthieren. WJt ſtillſchweigen wil uͤbergehen alles das jenige/ was von diſer art Thieren zu finden bey anderen Natur-beſchreiberen/ als Conrado Geßnero, Ulyſſe Aldrovando, &c. und nur allein den cu- rioſen Leſer aufhalten bey deme/ was anderſtwo gar nicht/ oder falſch/ oder nicht in genugſamer Erlaͤuterung anzutreffen. Von ihrer Feſtigkeit Machen vil weſens die Berg-Jaͤger. Einiche derſelben halten ſie vor feſt/ wann ſie morgen nuͤchtern/ und fruͤhe vor der Sonnen-Aufgang/ eſſen von

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Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten01_1706/53>, abgerufen am 27.04.2024.