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Schiller, [Friedrich]: Maria Stuart. Tübingen u. a., 1801.

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So glücklich im Genuß des neuen Lichts,
Sich der Papistin in die Arme werfen?
Von dir, der angebeteten Monarchin,
Zu Darnleys Mörderin hinüberlaufen?
Was wollen diese ungestümen Menschen,
Die dich noch lebend mit der Erbin quälen,
Dich nicht geschwind genug vermählen können,
Um Staat und Kirche von Gefahr zu retten?
Stehst du nicht blühend da in Jugendkraft,
Welkt jene nicht mit jedem Tag zum Grabe?
Bei Gott! Du wirst, ich hoff's, noch viele Jahre
Auf ihrem Grabe wandeln, ohne daß
Du selber sie hinabzustürzen brauchtest --

Burleigh.
Lord Lester hat nicht immer so geurtheilt.
Leicester.
Wahr ist's, ich habe selber meine Stimme
Zu ihrem Tod gegeben im Gericht.
-- Im Staatsrath sprech' ich anders. Hier ist nicht
Die Rede von dem Recht, nur von dem Vortheil.
Ist's jezt die Zeit, von ihr Gefahr zu fürchten,
Da Frankreich sie verläßt, ihr einz'ger Schutz,
Da du den Königssohn mit deiner Hand
Beglücken willst, die Hoffnung eines neuen
Regentenstammes diesem Lande blüht?
So gluͤcklich im Genuß des neuen Lichts,
Sich der Papiſtin in die Arme werfen?
Von dir, der angebeteten Monarchin,
Zu Darnleys Moͤrderin hinuͤberlaufen?
Was wollen dieſe ungeſtuͤmen Menſchen,
Die dich noch lebend mit der Erbin quaͤlen,
Dich nicht geſchwind genug vermaͤhlen koͤnnen,
Um Staat und Kirche von Gefahr zu retten?
Stehſt du nicht bluͤhend da in Jugendkraft,
Welkt jene nicht mit jedem Tag zum Grabe?
Bei Gott! Du wirſt, ich hoff's, noch viele Jahre
Auf ihrem Grabe wandeln, ohne daß
Du ſelber ſie hinabzuſtuͤrzen brauchteſt —

Burleigh.
Lord Leſter hat nicht immer ſo geurtheilt.
Leiceſter.
Wahr iſt's, ich habe ſelber meine Stimme
Zu ihrem Tod gegeben im Gericht.
— Im Staatsrath ſprech' ich anders. Hier iſt nicht
Die Rede von dem Recht, nur von dem Vortheil.
Iſt's jezt die Zeit, von ihr Gefahr zu fuͤrchten,
Da Frankreich ſie verlaͤßt, ihr einz'ger Schutz,
Da du den Koͤnigsſohn mit deiner Hand
Begluͤcken willſt, die Hoffnung eines neuen
Regentenſtammes dieſem Lande bluͤht?
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[79/0085] So gluͤcklich im Genuß des neuen Lichts, Sich der Papiſtin in die Arme werfen? Von dir, der angebeteten Monarchin, Zu Darnleys Moͤrderin hinuͤberlaufen? Was wollen dieſe ungeſtuͤmen Menſchen, Die dich noch lebend mit der Erbin quaͤlen, Dich nicht geſchwind genug vermaͤhlen koͤnnen, Um Staat und Kirche von Gefahr zu retten? Stehſt du nicht bluͤhend da in Jugendkraft, Welkt jene nicht mit jedem Tag zum Grabe? Bei Gott! Du wirſt, ich hoff's, noch viele Jahre Auf ihrem Grabe wandeln, ohne daß Du ſelber ſie hinabzuſtuͤrzen brauchteſt — Burleigh. Lord Leſter hat nicht immer ſo geurtheilt. Leiceſter. Wahr iſt's, ich habe ſelber meine Stimme Zu ihrem Tod gegeben im Gericht. — Im Staatsrath ſprech' ich anders. Hier iſt nicht Die Rede von dem Recht, nur von dem Vortheil. Iſt's jezt die Zeit, von ihr Gefahr zu fuͤrchten, Da Frankreich ſie verlaͤßt, ihr einz'ger Schutz, Da du den Koͤnigsſohn mit deiner Hand Begluͤcken willſt, die Hoffnung eines neuen Regentenſtammes dieſem Lande bluͤht?

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Zitationshilfe: Schiller, [Friedrich]: Maria Stuart. Tübingen u. a., 1801, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_stuart_1801/85>, abgerufen am 27.04.2024.