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Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.

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VIII.
Ueber die Unverständlichkeit



Einige Gegenstände des menschlichen Nachdenkens reizen, weil es so in ihnen liegt oder in uns, zu immer tieferem Nachdenken, und je mehr wir diesem Reize folgen und uns in sie verlieren, je mehr werden sie alle zu Einem Gegenstande, den wir, je nachdem wir ihn in uns oder außer uns suchen und finden, als Natur der Dinge oder als Bestimmung des Menschen charakterisiren. Andre Gegenstände würden niemals vielleicht unsre Aufmerksamkeit erregen können, wenn wir in heiliger Abgeschiedenheit jenem Gegenstand aller Gegenstände ausschließlich und einseitig unsre Betrachtung widmeten; wenn wir nicht mit Menschen in Verkehr ständen, aus deren gegenseitiger Mittheilung sich erst solche Verhältnisse und Verhältnißbegriffe erzeugen, die sich als Gegenstände des Nachdenkens bey genauerer Reflexion immer mehr vervielfältigen und verwickeln, also auch hierin den entgegengesetzten Gang befolgen.

VIII.
Ueber die Unverstaͤndlichkeit



Einige Gegenstaͤnde des menschlichen Nachdenkens reizen, weil es so in ihnen liegt oder in uns, zu immer tieferem Nachdenken, und je mehr wir diesem Reize folgen und uns in sie verlieren, je mehr werden sie alle zu Einem Gegenstande, den wir, je nachdem wir ihn in uns oder außer uns suchen und finden, als Natur der Dinge oder als Bestimmung des Menschen charakterisiren. Andre Gegenstaͤnde wuͤrden niemals vielleicht unsre Aufmerksamkeit erregen koͤnnen, wenn wir in heiliger Abgeschiedenheit jenem Gegenstand aller Gegenstaͤnde ausschließlich und einseitig unsre Betrachtung widmeten; wenn wir nicht mit Menschen in Verkehr staͤnden, aus deren gegenseitiger Mittheilung sich erst solche Verhaͤltnisse und Verhaͤltnißbegriffe erzeugen, die sich als Gegenstaͤnde des Nachdenkens bey genauerer Reflexion immer mehr vervielfaͤltigen und verwickeln, also auch hierin den entgegengesetzten Gang befolgen.

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[337/0349] VIII. Ueber die Unverstaͤndlichkeit Einige Gegenstaͤnde des menschlichen Nachdenkens reizen, weil es so in ihnen liegt oder in uns, zu immer tieferem Nachdenken, und je mehr wir diesem Reize folgen und uns in sie verlieren, je mehr werden sie alle zu Einem Gegenstande, den wir, je nachdem wir ihn in uns oder außer uns suchen und finden, als Natur der Dinge oder als Bestimmung des Menschen charakterisiren. Andre Gegenstaͤnde wuͤrden niemals vielleicht unsre Aufmerksamkeit erregen koͤnnen, wenn wir in heiliger Abgeschiedenheit jenem Gegenstand aller Gegenstaͤnde ausschließlich und einseitig unsre Betrachtung widmeten; wenn wir nicht mit Menschen in Verkehr staͤnden, aus deren gegenseitiger Mittheilung sich erst solche Verhaͤltnisse und Verhaͤltnißbegriffe erzeugen, die sich als Gegenstaͤnde des Nachdenkens bey genauerer Reflexion immer mehr vervielfaͤltigen und verwickeln, also auch hierin den entgegengesetzten Gang befolgen.

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Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/349>, abgerufen am 29.04.2024.