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Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754.

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Re
Wehen sind zur Welt gebracht worden. Der Bey-
fall, den sie überall ohnfehlbar erhalten, belohnet
diese Mühe reichlich.

Regnen.

Nach Gottscheden und der gesunden
Vernunft war regnen sonst ein unpersöhnliches
Zeitwort.
Allein man hätte Rath Bodmern
bey der Sprachlehre zu Rathe ziehen sollen.
Dieser würde gesagt haben: daß er auch Küsse
regnen könne:
und warum das nicht? Er kann
ja Schnitzer hageln, und Unsinn regnen. So
kann man nicht sagen: es regnet Prügel; son-
dern ein Mann regnet Prügel auf seine Frau.

"Milca regnete Küß' auf die Mägdchen, u.
ward es nicht müde. Noah, 111 S.

Wir wollten letzthin auf unser Mägdchen auch
Küsse regnen; allein es ging nicht: und wir
mußten es wirklich küssen. Wer dieses liest: der
gehe hin, und thue desgleichen!

Reicher.

Ein Reicher an Jahren ist ein Greis;
wir wetten, daß mancher ein Armer an Jahren
zu seyn wünschet.

"Unter dem Werk' kömmt im Begleite des Rei-
chen an Jahren,

"Japhet durch den Garten; Noah, 40 S.
Reifen geweißt.

Bisher weißten nur Mäurer;
nun weißet auch der Reif.

"Die zu besehn stieg er mit unermüdeten Füßen,
"Bis er vom Reifen geweißt den ersten Bo-
den erblickte. Noah, 186 S.
Reise hören.

Eine Reise hören; das war verwe-
gen: eine zirkelnde Reise hören; das, das ist

schön!
Z

Re
Wehen ſind zur Welt gebracht worden. Der Bey-
fall, den ſie uͤberall ohnfehlbar erhalten, belohnet
dieſe Muͤhe reichlich.

Regnen.

Nach Gottſcheden und der geſunden
Vernunft war regnen ſonſt ein unperſoͤhnliches
Zeitwort.
Allein man haͤtte Rath Bodmern
bey der Sprachlehre zu Rathe ziehen ſollen.
Dieſer wuͤrde geſagt haben: daß er auch Kuͤſſe
regnen koͤnne:
und warum das nicht? Er kann
ja Schnitzer hageln, und Unſinn regnen. So
kann man nicht ſagen: es regnet Pruͤgel; ſon-
dern ein Mann regnet Pruͤgel auf ſeine Frau.

Milca regnete Kuͤß’ auf die Maͤgdchen, u.
ward es nicht muͤde. Noah, 111 S.

Wir wollten letzthin auf unſer Maͤgdchen auch
Kuͤſſe regnen; allein es ging nicht: und wir
mußten es wirklich kuͤſſen. Wer dieſes lieſt: der
gehe hin, und thue desgleichen!

Reicher.

Ein Reicher an Jahren iſt ein Greis;
wir wetten, daß mancher ein Armer an Jahren
zu ſeyn wuͤnſchet.

“Unter dem Werk’ koͤmmt im Begleite des Rei-
chen an Jahren,

“Japhet durch den Garten; Noah, 40 S.
Reifen geweißt.

Bisher weißten nur Maͤurer;
nun weißet auch der Reif.

“Die zu beſehn ſtieg er mit unermuͤdeten Fuͤßen,
“Bis er vom Reifen geweißt den erſten Bo-
den erblickte. Noah, 186 S.
Reiſe hoͤren.

Eine Reiſe hoͤren; das war verwe-
gen: eine zirkelnde Reiſe hoͤren; das, das iſt

ſchoͤn!
Z
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[353/0379] Re Wehen ſind zur Welt gebracht worden. Der Bey- fall, den ſie uͤberall ohnfehlbar erhalten, belohnet dieſe Muͤhe reichlich. Regnen. Nach Gottſcheden und der geſunden Vernunft war regnen ſonſt ein unperſoͤhnliches Zeitwort. Allein man haͤtte Rath Bodmern bey der Sprachlehre zu Rathe ziehen ſollen. Dieſer wuͤrde geſagt haben: daß er auch Kuͤſſe regnen koͤnne: und warum das nicht? Er kann ja Schnitzer hageln, und Unſinn regnen. So kann man nicht ſagen: es regnet Pruͤgel; ſon- dern ein Mann regnet Pruͤgel auf ſeine Frau. “Milca regnete Kuͤß’ auf die Maͤgdchen, u. ward es nicht muͤde. Noah, 111 S. Wir wollten letzthin auf unſer Maͤgdchen auch Kuͤſſe regnen; allein es ging nicht: und wir mußten es wirklich kuͤſſen. Wer dieſes lieſt: der gehe hin, und thue desgleichen! Reicher. Ein Reicher an Jahren iſt ein Greis; wir wetten, daß mancher ein Armer an Jahren zu ſeyn wuͤnſchet. “Unter dem Werk’ koͤmmt im Begleite des Rei- chen an Jahren, “Japhet durch den Garten; Noah, 40 S. Reifen geweißt. Bisher weißten nur Maͤurer; nun weißet auch der Reif. “Die zu beſehn ſtieg er mit unermuͤdeten Fuͤßen, “Bis er vom Reifen geweißt den erſten Bo- den erblickte. Noah, 186 S. Reiſe hoͤren. Eine Reiſe hoͤren; das war verwe- gen: eine zirkelnde Reiſe hoͤren; das, das iſt ſchoͤn! Z

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Zitationshilfe: Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/379>, abgerufen am 26.04.2024.