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Schreber, Daniel Gottlob Moritz: Kallipädie oder Erziehung zur Schönheit. Leipzig, 1858.

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zu können, und da, selbst wo dies der Fall wäre, es kaum
möglich sein dürfte, die Gleichmässigkeit des Wechsels conse-
quent durchzuführen, so thut man wohl, jedes anhaltende Tra-
gen der Kinder auf dem Arme -- was überdies, selbst wenn
es doppelseitig ausgeübt wird, schon wegen des damit ver-
bundenen Druckes einzelner Theile nicht eben vortheilhaft ist --
womöglich gänzlich zu vermeiden. Statt dessen setze man die
dem Wickelbette entwachsenen Kinder im Zimmer auf ein mit
einem Vorstecker versehenes Kinderstühlchen (da die Rücken-
muskeln jetzt noch sehr schwach sind, so darf die sitzende
Stellung noch nicht anders als in kurzer Dauer und gleich
darauf folgender Abwechselung mit der liegenden Stellung ge-
stattet werden) oder, besonders für den Aufenthalt im Freien,
in einen Kinderwagen, welcher den Vorzug hat, dass darin
die Kinder mit der sitzenden und liegenden Stellung beliebig
abwechseln können, oder, wenn sie etwas älter sind, auf un-
tergebreitete weiche Tücher oder Teppiche frei auf den Boden,
wo sie ganz nach eigener Lust und unbehindert handierend
oder rutschend sich bewegen und so durch Uebung die Entwicke-
lung ihrer Kräfte auf die naturgemässeste Weise fördern können.

8) Ausbildung und Pflege einzelner Theile.*)

Vor allen erheischen die Sinnesorgane eine stete Beach-
tung. Alle heftigen, grellen Eindrücke, alle schroffen Ueber-
gänge derselben sind sorgfältig fern zu halten. -- Die Augen
dürfen nur ganz allmälig an das directe Einfallen des hellen
Lichtes gewöhnt werden. Grelles Licht, sehr glänzende Gegen-
stände, sowie jählinge Uebergänge zwischen Dunkel und Hell
sind mit Sorgfalt gänzlich zu meiden. Da alle glänzenden
Gegenstände sehr viel Anziehungskraft für die Augen der

*) Es bedarf wohl kaum der Erwähnung, dass hier und im ferneren
Verlaufe der Schrift alle auf normale körperliche Ausbildung bezüglichen
Maassregeln insoweit gemeint sind, als die Möglichkeit ihrer Ausführung in
den Händen der Aeltern irgend liegt, nicht aber die darüber hinausgehenden
zu erwarten sind, welche eine specielle ärztliche Einwirkung, wie die Besei-
tigung von bereits vorhandenen krankhaften Zuständen und Bildungsfehlern,
erforderlich machen.

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zu können, und da, selbst wo dies der Fall wäre, es kaum
möglich sein dürfte, die Gleichmässigkeit des Wechsels conse-
quent durchzuführen, so thut man wohl, jedes anhaltende Tra-
gen der Kinder auf dem Arme — was überdies, selbst wenn
es doppelseitig ausgeübt wird, schon wegen des damit ver-
bundenen Druckes einzelner Theile nicht eben vortheilhaft ist —
womöglich gänzlich zu vermeiden. Statt dessen setze man die
dem Wickelbette entwachsenen Kinder im Zimmer auf ein mit
einem Vorstecker versehenes Kinderstühlchen (da die Rücken-
muskeln jetzt noch sehr schwach sind, so darf die sitzende
Stellung noch nicht anders als in kurzer Dauer und gleich
darauf folgender Abwechselung mit der liegenden Stellung ge-
stattet werden) oder, besonders für den Aufenthalt im Freien,
in einen Kinderwagen, welcher den Vorzug hat, dass darin
die Kinder mit der sitzenden und liegenden Stellung beliebig
abwechseln können, oder, wenn sie etwas älter sind, auf un-
tergebreitete weiche Tücher oder Teppiche frei auf den Boden,
wo sie ganz nach eigener Lust und unbehindert handierend
oder rutschend sich bewegen und so durch Uebung die Entwicke-
lung ihrer Kräfte auf die naturgemässeste Weise fördern können.

8) Ausbildung und Pflege einzelner Theile.*)

Vor allen erheischen die Sinnesorgane eine stete Beach-
tung. Alle heftigen, grellen Eindrücke, alle schroffen Ueber-
gänge derselben sind sorgfältig fern zu halten. — Die Augen
dürfen nur ganz allmälig an das directe Einfallen des hellen
Lichtes gewöhnt werden. Grelles Licht, sehr glänzende Gegen-
stände, sowie jählinge Uebergänge zwischen Dunkel und Hell
sind mit Sorgfalt gänzlich zu meiden. Da alle glänzenden
Gegenstände sehr viel Anziehungskraft für die Augen der

*) Es bedarf wohl kaum der Erwähnung, dass hier und im ferneren
Verlaufe der Schrift alle auf normale körperliche Ausbildung bezüglichen
Maassregeln insoweit gemeint sind, als die Möglichkeit ihrer Ausführung in
den Händen der Aeltern irgend liegt, nicht aber die darüber hinausgehenden
zu erwarten sind, welche eine specielle ärztliche Einwirkung, wie die Besei-
tigung von bereits vorhandenen krankhaften Zuständen und Bildungsfehlern,
erforderlich machen.
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[55/0059] 1. JAHR. KÖRPERL. SEITE. AUSBILDUNG U. PFLEGE EINZELNER THEILE. zu können, und da, selbst wo dies der Fall wäre, es kaum möglich sein dürfte, die Gleichmässigkeit des Wechsels conse- quent durchzuführen, so thut man wohl, jedes anhaltende Tra- gen der Kinder auf dem Arme — was überdies, selbst wenn es doppelseitig ausgeübt wird, schon wegen des damit ver- bundenen Druckes einzelner Theile nicht eben vortheilhaft ist — womöglich gänzlich zu vermeiden. Statt dessen setze man die dem Wickelbette entwachsenen Kinder im Zimmer auf ein mit einem Vorstecker versehenes Kinderstühlchen (da die Rücken- muskeln jetzt noch sehr schwach sind, so darf die sitzende Stellung noch nicht anders als in kurzer Dauer und gleich darauf folgender Abwechselung mit der liegenden Stellung ge- stattet werden) oder, besonders für den Aufenthalt im Freien, in einen Kinderwagen, welcher den Vorzug hat, dass darin die Kinder mit der sitzenden und liegenden Stellung beliebig abwechseln können, oder, wenn sie etwas älter sind, auf un- tergebreitete weiche Tücher oder Teppiche frei auf den Boden, wo sie ganz nach eigener Lust und unbehindert handierend oder rutschend sich bewegen und so durch Uebung die Entwicke- lung ihrer Kräfte auf die naturgemässeste Weise fördern können. 8) Ausbildung und Pflege einzelner Theile. *) Vor allen erheischen die Sinnesorgane eine stete Beach- tung. Alle heftigen, grellen Eindrücke, alle schroffen Ueber- gänge derselben sind sorgfältig fern zu halten. — Die Augen dürfen nur ganz allmälig an das directe Einfallen des hellen Lichtes gewöhnt werden. Grelles Licht, sehr glänzende Gegen- stände, sowie jählinge Uebergänge zwischen Dunkel und Hell sind mit Sorgfalt gänzlich zu meiden. Da alle glänzenden Gegenstände sehr viel Anziehungskraft für die Augen der *) Es bedarf wohl kaum der Erwähnung, dass hier und im ferneren Verlaufe der Schrift alle auf normale körperliche Ausbildung bezüglichen Maassregeln insoweit gemeint sind, als die Möglichkeit ihrer Ausführung in den Händen der Aeltern irgend liegt, nicht aber die darüber hinausgehenden zu erwarten sind, welche eine specielle ärztliche Einwirkung, wie die Besei- tigung von bereits vorhandenen krankhaften Zuständen und Bildungsfehlern, erforderlich machen.

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Zitationshilfe: Schreber, Daniel Gottlob Moritz: Kallipädie oder Erziehung zur Schönheit. Leipzig, 1858, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schreber_kallipaedie_1858/59>, abgerufen am 26.04.2024.