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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890.

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Anhang 2. Exkurs über Klammern.
a · b · c
eine Klammer anbringt. Eine solche kann nur entweder die beiden
ersten oder aber die beiden letzten der drei als Faktoren angesetzten
Symbole -- bei Festhaltung von deren Reihenfolge -- umschliessen,
da a und c durch das mittlere Symbol b getrennt erscheinen, folglich
deren Einschliessung ohne b in eine Klammer unthunlich ist. Eine
Einklammerung des ganzen Ausdrucks a b c ist ja, solange nicht weitere
Operationen an ihm vorzunehmen sind, als unnötig zu verwerfen, und
ebenso eine Einklammerung der einfachen Symbole a, b oder c selbst
bereits ausgeschlossen.

Auf eine der beiden angegebenen Arten aber muss die Klammer
auch gesetzt gedacht werden, wenn überhaupt dem Ausdruck ein Sinn
untergelegt werden soll. Denn wir können auch zwei Multiplikationen
nicht gleichzeitig ausführen: eine von beiden -- entweder die von a
mit b oder die von b mit c -- muss den Vortritt haben, m. a. W. ein
Produkt ist bis jetzt nur für zwei Faktoren definirt worden; ein
Produkt von dreien aber zur Zeit noch unerklärt.

Wir könnten demnach unter a · b · c, wenn überhaupt etwas, so
nur entweder (a · b) · c oder a · (b · c) verstehen. Welches von beiden
wir thun, ist aber, wegen a (b c) = (a b) c, also kraft des Assoziations-
gesetzes gleichgültig und folglich braucht darüber auch keine Vorschrift
gegeben zu werden. Wir schreiben künftig unterschiedslos, bequemer
und übersichtlicher für die genannten beiden Ausdrücke den einen
a b c
und sind so naturgemäss zu dem Begriff des Produktes von drei (zu-
nächst noch in bestimmter Ordnung gegebenen) Faktoren a, b und c
gelangt, als welches wir -- unter dem Namen a b c -- zu verstehen
haben den kraft des Assoziationsgesetzes übereinstimmenden Wert der
Produkte a (b c) und (a b) c.

Als eine Art von psychologischem Postulat, neu hinzutretend zu den
auf die Interpretation bezüglichen und in § 7 schon angeführten Postulaten,
kann es allerdings vielleicht hingestellt werden, dass wir uns schliesslich
dieses Gebiet a b c noch auf eine (anscheinend) dritte Weise, nämlich:
als das den dreien a, b und c schlechtweg gemeinsame Gebiet, im Geist zu
erzeugen und vorzustellen vermögen, ohne dabei einen der vorher ange-
deuteten Bildungsprozesse wiederholen, mit Bewusstsein durchlaufen zu
müssen.

Indem wir diese Überlegungen nun analog auch auf beliebig viele
Faktoren ausdehnen, schliessen sich hier ebenso naturgemäss an die
Betrachtungen des folgenden Anhangs.


Anhang 2. Exkurs über Klammern.
a · b · c
eine Klammer anbringt. Eine solche kann nur entweder die beiden
ersten oder aber die beiden letzten der drei als Faktoren angesetzten
Symbole — bei Festhaltung von deren Reihenfolge — umschliessen,
da a und c durch das mittlere Symbol b getrennt erscheinen, folglich
deren Einschliessung ohne b in eine Klammer unthunlich ist. Eine
Einklammerung des ganzen Ausdrucks a b c ist ja, solange nicht weitere
Operationen an ihm vorzunehmen sind, als unnötig zu verwerfen, und
ebenso eine Einklammerung der einfachen Symbole a, b oder c selbst
bereits ausgeschlossen.

Auf eine der beiden angegebenen Arten aber muss die Klammer
auch gesetzt gedacht werden, wenn überhaupt dem Ausdruck ein Sinn
untergelegt werden soll. Denn wir können auch zwei Multiplikationen
nicht gleichzeitig ausführen: eine von beiden — entweder die von a
mit b oder die von b mit c — muss den Vortritt haben, m. a. W. ein
Produkt ist bis jetzt nur für zwei Faktoren definirt worden; ein
Produkt von dreien aber zur Zeit noch unerklärt.

Wir könnten demnach unter a · b · c, wenn überhaupt etwas, so
nur entweder (a · b) · c oder a · (b · c) verstehen. Welches von beiden
wir thun, ist aber, wegen a (b c) = (a b) c, also kraft des Assoziations-
gesetzes gleichgültig und folglich braucht darüber auch keine Vorschrift
gegeben zu werden. Wir schreiben künftig unterschiedslos, bequemer
und übersichtlicher für die genannten beiden Ausdrücke den einen
a b c
und sind so naturgemäss zu dem Begriff des Produktes von drei (zu-
nächst noch in bestimmter Ordnung gegebenen) Faktoren a, b und c
gelangt, als welches wir — unter dem Namen a b c — zu verstehen
haben den kraft des Assoziationsgesetzes übereinstimmenden Wert der
Produkte a (b c) und (a b) c.

Als eine Art von psychologischem Postulat, neu hinzutretend zu den
auf die Interpretation bezüglichen und in § 7 schon angeführten Postulaten,
kann es allerdings vielleicht hingestellt werden, dass wir uns schliesslich
dieses Gebiet a b c noch auf eine (anscheinend) dritte Weise, nämlich:
als das den dreien a, b und c schlechtweg gemeinsame Gebiet, im Geist zu
erzeugen und vorzustellen vermögen, ohne dabei einen der vorher ange-
deuteten Bildungsprozesse wiederholen, mit Bewusstsein durchlaufen zu
müssen.

Indem wir diese Überlegungen nun analog auch auf beliebig viele
Faktoren ausdehnen, schliessen sich hier ebenso naturgemäss an die
Betrachtungen des folgenden Anhangs.


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[608/0628] Anhang 2. Exkurs über Klammern. a · b · c eine Klammer anbringt. Eine solche kann nur entweder die beiden ersten oder aber die beiden letzten der drei als Faktoren angesetzten Symbole — bei Festhaltung von deren Reihenfolge — umschliessen, da a und c durch das mittlere Symbol b getrennt erscheinen, folglich deren Einschliessung ohne b in eine Klammer unthunlich ist. Eine Einklammerung des ganzen Ausdrucks a b c ist ja, solange nicht weitere Operationen an ihm vorzunehmen sind, als unnötig zu verwerfen, und ebenso eine Einklammerung der einfachen Symbole a, b oder c selbst bereits ausgeschlossen. Auf eine der beiden angegebenen Arten aber muss die Klammer auch gesetzt gedacht werden, wenn überhaupt dem Ausdruck ein Sinn untergelegt werden soll. Denn wir können auch zwei Multiplikationen nicht gleichzeitig ausführen: eine von beiden — entweder die von a mit b oder die von b mit c — muss den Vortritt haben, m. a. W. ein Produkt ist bis jetzt nur für zwei Faktoren definirt worden; ein Produkt von dreien aber zur Zeit noch unerklärt. Wir könnten demnach unter a · b · c, wenn überhaupt etwas, so nur entweder (a · b) · c oder a · (b · c) verstehen. Welches von beiden wir thun, ist aber, wegen a (b c) = (a b) c, also kraft des Assoziations- gesetzes gleichgültig und folglich braucht darüber auch keine Vorschrift gegeben zu werden. Wir schreiben künftig unterschiedslos, bequemer und übersichtlicher für die genannten beiden Ausdrücke den einen a b c und sind so naturgemäss zu dem Begriff des Produktes von drei (zu- nächst noch in bestimmter Ordnung gegebenen) Faktoren a, b und c gelangt, als welches wir — unter dem Namen a b c — zu verstehen haben den kraft des Assoziationsgesetzes übereinstimmenden Wert der Produkte a (b c) und (a b) c. Als eine Art von psychologischem Postulat, neu hinzutretend zu den auf die Interpretation bezüglichen und in § 7 schon angeführten Postulaten, kann es allerdings vielleicht hingestellt werden, dass wir uns schliesslich dieses Gebiet a b c noch auf eine (anscheinend) dritte Weise, nämlich: als das den dreien a, b und c schlechtweg gemeinsame Gebiet, im Geist zu erzeugen und vorzustellen vermögen, ohne dabei einen der vorher ange- deuteten Bildungsprozesse wiederholen, mit Bewusstsein durchlaufen zu müssen. Indem wir diese Überlegungen nun analog auch auf beliebig viele Faktoren ausdehnen, schliessen sich hier ebenso naturgemäss an die Betrachtungen des folgenden Anhangs.

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. 608. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/628>, abgerufen am 26.04.2024.