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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 1. Leipzig, 1891.

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§ 36. Zurückführung auf den Typus der Gleichung und Ungleichung.
dasselbe lässt sich bereits in Subsumtionen allein formuliren, des-
gleichen schon ganz durch Gleichungen.

Dass aber die Zeichen dieser beiden Beziehungen, als bejahende
und =, nicht ausreichen zur Behandlung auch nur der Probleme der
alten Logik, insbesondre zur Einkleidung der partikularen (und Existenzial-)
Urteile, haben wir in § 34 erkannt.

Erst wenn neben den Operationen des identischen Kalkuls an Ge-
bieten oder Klassen und mit denselben Operationen an Aussagen auch
die Aussagenverneinung zugelassen war, konnte letzteres gelingen, wo-
gegen bei Ausschluss der Negation an Aussagen damit nicht durchzu-
kommen war, wo sonst man auch über sämtliche Operationen ver-
fügte. Mit andern Worten: es waren zwei Beziehungszeichen nötig,
ein bejahendes und ein verneinendes.

Dass wir uns nunmehr für die beiden Zeichen = und aus den
Grundbeziehungen d und d1 entscheiden, ist unsre Willkür.

Ebensogut könnten wir nach Vorbemerktem auch mit den beiden
Zeichen und aus c und c1 auskommen; ja es könnte das bejahende
Zeichen des einen Paares mit dem verneinenden des andern zum aus-
schliesslichen Gebrauch erkoren und bestimmt werden.

Wir lernen so jedoch zunächst einmal auf wenigstens eine Weise
zum Ziel zu kommen -- und, wie sich zeigen wird, auf eine gute
Weise. Ob auf die beste, steht noch dahin. Es bleibt auch ferneren
Spezialforschungen vorbehalten, zu ermitteln, mittelst welcher andern
Paare von Zeichen man ebenfalls zur Lösung aller einschlägigen Auf-
gaben -- aller im Gebiet der Logik des Begriffsumfanges überhaupt
erdenklichen Probleme -- gelangen könnte, und auf welche Weise?
Ja, es wäre auch in Bezug auf die Beziehungszeichen der noch übrigen
Gruppe eigentlich erst noch nachzusehen, ob man nicht vielleicht mit
einem von diesen allein schon auskommen könnte. Man ersieht hier
die Möglichkeit von mehreren Algebra's der Logik! Vergleiche über
diese Fragen auch Frau Franklin-Ladd1, 2, 3.

Ich erblicke darin einen Hauptvorzug der rechnerisch exakten Behand-
lungsweise der logischen Disziplin vor der herkömmlichen schulmässig-ver-
balen, dass sie nach allen Seiten einen Reichtum von Problemen in Sicht
stellt. Es war stets Merkmal einer in gesundem Fortschreiten begriffenen
Wissenschaft, bei jedem Zuwachs an Erkenntnissmaterial durch Herbei-
führung endgültiger Entscheidung über irgend eine Frage, zugleich eine
Fülle von neuen Fragestellungen aufzuwerfen und so zu fortgesetztem Forschen
anzuregen.

Sehen wir darauf hin uns die schulmässige formale Logik an, so finden
wir, wie schon Bd. 1, S. 121 ausgeführt, wohl interessante, hie und da auch

§ 36. Zurückführung auf den Typus der Gleichung und Ungleichung.
dasselbe lässt sich bereits in Subsumtionen allein formuliren, des-
gleichen schon ganz durch Gleichungen.

Dass aber die Zeichen dieser beiden Beziehungen, als bejahende
und =, nicht ausreichen zur Behandlung auch nur der Probleme der
alten Logik, insbesondre zur Einkleidung der partikularen (und Existenzial-)
Urteile, haben wir in § 34 erkannt.

Erst wenn neben den Operationen des identischen Kalkuls an Ge-
bieten oder Klassen und mit denselben Operationen an Aussagen auch
die Aussagenverneinung zugelassen war, konnte letzteres gelingen, wo-
gegen bei Ausschluss der Negation an Aussagen damit nicht durchzu-
kommen war, wo sonst man auch über sämtliche Operationen ver-
fügte. Mit andern Worten: es waren zwei Beziehungszeichen nötig,
ein bejahendes und ein verneinendes.

Dass wir uns nunmehr für die beiden Zeichen = und ≠ aus den
Grundbeziehungen d und d1 entscheiden, ist unsre Willkür.

Ebensogut könnten wir nach Vorbemerktem auch mit den beiden
Zeichen und aus c und c1 auskommen; ja es könnte das bejahende
Zeichen des einen Paares mit dem verneinenden des andern zum aus-
schliesslichen Gebrauch erkoren und bestimmt werden.

Wir lernen so jedoch zunächst einmal auf wenigstens eine Weise
zum Ziel zu kommen — und, wie sich zeigen wird, auf eine gute
Weise. Ob auf die beste, steht noch dahin. Es bleibt auch ferneren
Spezialforschungen vorbehalten, zu ermitteln, mittelst welcher andern
Paare von Zeichen man ebenfalls zur Lösung aller einschlägigen Auf-
gaben — aller im Gebiet der Logik des Begriffsumfanges überhaupt
erdenklichen Probleme — gelangen könnte, und auf welche Weise?
Ja, es wäre auch in Bezug auf die Beziehungszeichen der noch übrigen
Gruppe eigentlich erst noch nachzusehen, ob man nicht vielleicht mit
einem von diesen allein schon auskommen könnte. Man ersieht hier
die Möglichkeit von mehreren Algebra’s der Logik! Vergleiche über
diese Fragen auch Frau Franklin-Ladd1, 2, 3.

Ich erblicke darin einen Hauptvorzug der rechnerisch exakten Behand-
lungsweise der logischen Disziplin vor der herkömmlichen schulmässig-ver-
balen, dass sie nach allen Seiten einen Reichtum von Problemen in Sicht
stellt. Es war stets Merkmal einer in gesundem Fortschreiten begriffenen
Wissenschaft, bei jedem Zuwachs an Erkenntnissmaterial durch Herbei-
führung endgültiger Entscheidung über irgend eine Frage, zugleich eine
Fülle von neuen Fragestellungen aufzuwerfen und so zu fortgesetztem Forschen
anzuregen.

Sehen wir darauf hin uns die schulmässige formale Logik an, so finden
wir, wie schon Bd. 1, S. 121 ausgeführt, wohl interessante, hie und da auch

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[119/0143] § 36. Zurückführung auf den Typus der Gleichung und Ungleichung. dasselbe lässt sich bereits in Subsumtionen allein formuliren, des- gleichen schon ganz durch Gleichungen. Dass aber die Zeichen dieser beiden Beziehungen, als bejahende  und =, nicht ausreichen zur Behandlung auch nur der Probleme der alten Logik, insbesondre zur Einkleidung der partikularen (und Existenzial-) Urteile, haben wir in § 34 erkannt. Erst wenn neben den Operationen des identischen Kalkuls an Ge- bieten oder Klassen und mit denselben Operationen an Aussagen auch die Aussagenverneinung zugelassen war, konnte letzteres gelingen, wo- gegen bei Ausschluss der Negation an Aussagen damit nicht durchzu- kommen war, wo sonst man auch über sämtliche Operationen ver- fügte. Mit andern Worten: es waren zwei Beziehungszeichen nötig, ein bejahendes und ein verneinendes. Dass wir uns nunmehr für die beiden Zeichen = und ≠ aus den Grundbeziehungen d und d1 entscheiden, ist unsre Willkür. Ebensogut könnten wir nach Vorbemerktem auch mit den beiden Zeichen  und  aus c und c1 auskommen; ja es könnte das bejahende Zeichen des einen Paares mit dem verneinenden des andern zum aus- schliesslichen Gebrauch erkoren und bestimmt werden. Wir lernen so jedoch zunächst einmal auf wenigstens eine Weise zum Ziel zu kommen — und, wie sich zeigen wird, auf eine gute Weise. Ob auf die beste, steht noch dahin. Es bleibt auch ferneren Spezialforschungen vorbehalten, zu ermitteln, mittelst welcher andern Paare von Zeichen man ebenfalls zur Lösung aller einschlägigen Auf- gaben — aller im Gebiet der Logik des Begriffsumfanges überhaupt erdenklichen Probleme — gelangen könnte, und auf welche Weise? Ja, es wäre auch in Bezug auf die Beziehungszeichen der noch übrigen Gruppe eigentlich erst noch nachzusehen, ob man nicht vielleicht mit einem von diesen allein schon auskommen könnte. Man ersieht hier die Möglichkeit von mehreren Algebra’s der Logik! Vergleiche über diese Fragen auch Frau Franklin-Ladd1, 2, 3. Ich erblicke darin einen Hauptvorzug der rechnerisch exakten Behand- lungsweise der logischen Disziplin vor der herkömmlichen schulmässig-ver- balen, dass sie nach allen Seiten einen Reichtum von Problemen in Sicht stellt. Es war stets Merkmal einer in gesundem Fortschreiten begriffenen Wissenschaft, bei jedem Zuwachs an Erkenntnissmaterial durch Herbei- führung endgültiger Entscheidung über irgend eine Frage, zugleich eine Fülle von neuen Fragestellungen aufzuwerfen und so zu fortgesetztem Forschen anzuregen. Sehen wir darauf hin uns die schulmässige formale Logik an, so finden wir, wie schon Bd. 1, S. 121 ausgeführt, wohl interessante, hie und da auch

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 1. Leipzig, 1891, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0201_1891/143>, abgerufen am 26.04.2024.