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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 3, Abt. 1. Leipzig, 1895.

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§ 12. Über Methoden zur Lösung.
sie zu eliminiren, und stellt das Problem sich dar als ein solches des
reinen Aussagenkalkuls. Schon im identischen, um so mehr für diesen
Kalkul wurden die Methoden der Auflösung und der Elimination zu
einer gewissen Stufe der Vollkommenheit gebracht; sie wurden in ex-
tenso entwickelt und zu befriedigend zu handhabenden ausgebildet.

Es wäre gleichwohl eine Täuschung daraufhin zu wähnen, dass
man nun also in unsrer Disziplin jedes Problem zu lösen vermöchte
-- und zwar aus dem Grunde weil ... bislang immer nur bestimmte
und begrenzte Mengen von Unbekannten resp. Eliminanden in's Auge
gefasst worden und weil in der That nur zur Berechnung sowie Eli-
mination einer solchen jene Methoden zureichend oder leidlich aus-
gebildet erscheinen!

Bei dem in der Regel als unbegrenzt vorauszusetzenden Denk-
bereiche aber werden wir es hier fast immer mit unendlichen oder
wenigstens unbestimmten Mengen von Unbekannten und Eliminanden
zu thun haben, und selbst wenn der Denkbereich 11 nur aus wenigen
-- sagen wir einmal: drei oder mehr -- Elementen als Individuen
besteht, erweisen sich die nach jenen bekannten Methoden auszufüh-
renden Rechnungen bei der im Quadrate vergrösserten Zahl der Un-
bekannten als praktisch kaum mehr durchführbare.

Endlich aber, selbst wenn für die Koeffizienten die Aufgabe ge-
löst sein sollte, ist der Rückschluss von da auf die Relative selbst,
nach denen resp. deren Relation gefragt worden, kein so ganz einfach
zu vollziehender.

So leicht es ist, sich die Herrschaft über die Grundlagen unsrer
Disziplin anzueignen, müssen doch ihre beiden Fundamentalprobleme
als schwierige bezeichnet werden. Es fehlt bislang an einer Methode,
dieselben allgemein zu lösen.

Für eine Gruppe von 512 Problemen geben wir solche in der näch-
sten Vorlesung. Elimination betreffend liegt (§ 28) blos eine Studie von
Peirce vor in der sich etwas wie eine "Methode" von noch einiger All-
gemeinheit der Anwendung kund gibt, und Auflösung betreffend thut eine
Ausdehnung meines Verfahrens bei den "symmetrisch allgemeinen Lösungen"
(Bd. 1, S. 498, 503 und Bd. 2, § 51) bei gewissen Klassen von Aufgaben
gute Dienste -- wie sogleich zu sehen sein wird.

Im übrigen sind wir bei den zahlreichen Problemen unsrer Theorie
auf die Vertiefung in deren spezielle Natur, besondre Kunstgriffe und
Glückeszufälle angewiesen. Bei andern kann die Lösung vielleicht erst
von der vereinten Arbeit vieler Forscher für eine fernere Zukunft erhofft
werden.

Unter solchen Umständen erscheint es von Wert, gewisse noch sehr
umfassende Klassen von Problemen zu kennen, in welchen sich die Auf-

Schröder, Algebra der Relative. 12

§ 12. Über Methoden zur Lösung.
sie zu eliminiren, und stellt das Problem sich dar als ein solches des
reinen Aussagenkalkuls. Schon im identischen, um so mehr für diesen
Kalkul wurden die Methoden der Auflösung und der Elimination zu
einer gewissen Stufe der Vollkommenheit gebracht; sie wurden in ex-
tenso entwickelt und zu befriedigend zu handhabenden ausgebildet.

Es wäre gleichwohl eine Täuschung daraufhin zu wähnen, dass
man nun also in unsrer Disziplin jedes Problem zu lösen vermöchte
— und zwar aus dem Grunde weil … bislang immer nur bestimmte
und begrenzte Mengen von Unbekannten resp. Eliminanden in’s Auge
gefasst worden und weil in der That nur zur Berechnung sowie Eli-
mination einer solchen jene Methoden zureichend oder leidlich aus-
gebildet erscheinen!

Bei dem in der Regel als unbegrenzt vorauszusetzenden Denk-
bereiche aber werden wir es hier fast immer mit unendlichen oder
wenigstens unbestimmten Mengen von Unbekannten und Eliminanden
zu thun haben, und selbst wenn der Denkbereich 11 nur aus wenigen
— sagen wir einmal: drei oder mehr — Elementen als Individuen
besteht, erweisen sich die nach jenen bekannten Methoden auszufüh-
renden Rechnungen bei der im Quadrate vergrösserten Zahl der Un-
bekannten als praktisch kaum mehr durchführbare.

Endlich aber, selbst wenn für die Koeffizienten die Aufgabe ge-
löst sein sollte, ist der Rückschluss von da auf die Relative selbst,
nach denen resp. deren Relation gefragt worden, kein so ganz einfach
zu vollziehender.

So leicht es ist, sich die Herrschaft über die Grundlagen unsrer
Disziplin anzueignen, müssen doch ihre beiden Fundamentalprobleme
als schwierige bezeichnet werden. Es fehlt bislang an einer Methode,
dieselben allgemein zu lösen.

Für eine Gruppe von 512 Problemen geben wir solche in der näch-
sten Vorlesung. Elimination betreffend liegt (§ 28) blos eine Studie von
Peirce vor in der sich etwas wie eine „Methode“ von noch einiger All-
gemeinheit der Anwendung kund gibt, und Auflösung betreffend thut eine
Ausdehnung meines Verfahrens bei den „symmetrisch allgemeinen Lösungen“
(Bd. 1, S. 498, 503 und Bd. 2, § 51) bei gewissen Klassen von Aufgaben
gute Dienste — wie sogleich zu sehen sein wird.

Im übrigen sind wir bei den zahlreichen Problemen unsrer Theorie
auf die Vertiefung in deren spezielle Natur, besondre Kunstgriffe und
Glückeszufälle angewiesen. Bei andern kann die Lösung vielleicht erst
von der vereinten Arbeit vieler Forscher für eine fernere Zukunft erhofft
werden.

Unter solchen Umständen erscheint es von Wert, gewisse noch sehr
umfassende Klassen von Problemen zu kennen, in welchen sich die Auf-

Schröder, Algebra der Relative. 12
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[177/0191] § 12. Über Methoden zur Lösung. sie zu eliminiren, und stellt das Problem sich dar als ein solches des reinen Aussagenkalkuls. Schon im identischen, um so mehr für diesen Kalkul wurden die Methoden der Auflösung und der Elimination zu einer gewissen Stufe der Vollkommenheit gebracht; sie wurden in ex- tenso entwickelt und zu befriedigend zu handhabenden ausgebildet. Es wäre gleichwohl eine Täuschung daraufhin zu wähnen, dass man nun also in unsrer Disziplin jedes Problem zu lösen vermöchte — und zwar aus dem Grunde weil … bislang immer nur bestimmte und begrenzte Mengen von Unbekannten resp. Eliminanden in’s Auge gefasst worden und weil in der That nur zur Berechnung sowie Eli- mination einer solchen jene Methoden zureichend oder leidlich aus- gebildet erscheinen! Bei dem in der Regel als unbegrenzt vorauszusetzenden Denk- bereiche aber werden wir es hier fast immer mit unendlichen oder wenigstens unbestimmten Mengen von Unbekannten und Eliminanden zu thun haben, und selbst wenn der Denkbereich 11 nur aus wenigen — sagen wir einmal: drei oder mehr — Elementen als Individuen besteht, erweisen sich die nach jenen bekannten Methoden auszufüh- renden Rechnungen bei der im Quadrate vergrösserten Zahl der Un- bekannten als praktisch kaum mehr durchführbare. Endlich aber, selbst wenn für die Koeffizienten die Aufgabe ge- löst sein sollte, ist der Rückschluss von da auf die Relative selbst, nach denen resp. deren Relation gefragt worden, kein so ganz einfach zu vollziehender. So leicht es ist, sich die Herrschaft über die Grundlagen unsrer Disziplin anzueignen, müssen doch ihre beiden Fundamentalprobleme als schwierige bezeichnet werden. Es fehlt bislang an einer Methode, dieselben allgemein zu lösen. Für eine Gruppe von 512 Problemen geben wir solche in der näch- sten Vorlesung. Elimination betreffend liegt (§ 28) blos eine Studie von Peirce vor in der sich etwas wie eine „Methode“ von noch einiger All- gemeinheit der Anwendung kund gibt, und Auflösung betreffend thut eine Ausdehnung meines Verfahrens bei den „symmetrisch allgemeinen Lösungen“ (Bd. 1, S. 498, 503 und Bd. 2, § 51) bei gewissen Klassen von Aufgaben gute Dienste — wie sogleich zu sehen sein wird. Im übrigen sind wir bei den zahlreichen Problemen unsrer Theorie auf die Vertiefung in deren spezielle Natur, besondre Kunstgriffe und Glückeszufälle angewiesen. Bei andern kann die Lösung vielleicht erst von der vereinten Arbeit vieler Forscher für eine fernere Zukunft erhofft werden. Unter solchen Umständen erscheint es von Wert, gewisse noch sehr umfassende Klassen von Problemen zu kennen, in welchen sich die Auf- Schröder, Algebra der Relative. 12

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 3, Abt. 1. Leipzig, 1895, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik03_1895/191>, abgerufen am 26.04.2024.