Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863.

Bild:
<< vorherige Seite

Gattung: Trutta.
fünfeckig und stets zahnlos; der sehr lange Vomerstiel
dünnknochig, abgeflacht und mit einer niedrigen bezahn-
ten Längsleiste versehen; die einreihig gestellten Zähne
des Vomerstiels schwach, sehr früh von hinten nach vorne
fast gänzlich verloren gehend. (Der blaugraue Rücken und
die silberigen Seiten mit wenigen schwarzen Flecken be-
setzt, zuweilen ganz ungefleckt, die Unterseite mit silber-
weissem Glanze
.)

D. 3--4/9--11, P. 1/13, V. 1/8, A. 3/7--8, C. 19.

Unter den Trutta-artigen Salmoneern besitzt der gemeine Lachs die ge-
streckteste Körperform und einen am meisten seitlich zusammengedrückten
Leib. Der Kopf des Lachses, welcher im Verhältniss zu dem übrigen Körper
unter allen bezahnten Salmoneern den geringsten Umfang besitzt, fällt immer
durch seine schmächtige lang hervorgezogene Schnauze auf, welche bei den
älteren männlichen Individuen den höchsten Grad der Gestrecktheit erreicht,
aber auch bei den älteren weiblichen Individuen immer gestreckt genug er-
scheint, um dieselben auf den ersten Blick von den übrigen stumpfschnauzi-
gen Trutta-Arten unterscheiden zu können. Die Verlängerung der Schnauze
des Lachses hängt hauptsächlich von der gestreckteren Form der beiden Zwi-
schenkieferknochen ab, was sich noch dadurch zu erkennen giebt, dass der
Zwischenraum hinter den Zwischenkieferzähnen bis zu dem Vorderende der
beiden Gaumenbein-Zahnreihen sehr in die Länge gezogen ist im Vergleich
zu derselben Stelle an der Gaumendecke anderer Trutta-Arten. Dieser Zwi-
schenraum ist es auch, der sich bei den alten Lachsmännchen grubenartig
vertieft, um die nach oben und hinten sich hakenartig umbiegende Kinnspitze
des Unterkiefers aufzunehmen. Die Krümmung dieses Hakens erreicht mit
dem zunehmenden Alter der Lachsmännchen eine solche Höhe, dass dadurch
die Ober- und Unterkieferränder nicht mehr aneinander gedrückt werden
können und das Maul solcher sogenannten "Hakenlachse" seitlich weit offen
bleiben muss 1). Die beiden hinteren Winkel der Mundspalte reichen nur bis
unter die Augen. Die Zähne der Zwischenkiefer und Unterkiefer überwiegen
an Umfang und Stärke die übrigen Zähne der Oberkiefer der Gaumenbeine
und des Vomer. Der letztere ist in seiner Form sowie in der Anordnung der
Zähne bisher ganz verkannt worden. Sein ganzer Knochenbau ist schwächer und
dünner als bei anderen Trutta-Arten. Die stets zahnlose vordere Vomerplatte
des Lachses, welche bei den Forellen und Lachsforellen ein fast gleichseitiges

1) Einen Hakenlachs mit nicht verschliessbarem Maule findet man abgebildet von
Bloch (a. a. O. Taf. 98), von Agassiz (a. a. O. Tab. 1) und von Valenciennes (a. a. O.
Pl. 615).

Gattung: Trutta.
fünfeckig und stets zahnlos; der sehr lange Vomerstiel
dünnknochig, abgeflacht und mit einer niedrigen bezahn-
ten Längsleiste versehen; die einreihig gestellten Zähne
des Vomerstiels schwach, sehr früh von hinten nach vorne
fast gänzlich verloren gehend. (Der blaugraue Rücken und
die silberigen Seiten mit wenigen schwarzen Flecken be-
setzt, zuweilen ganz ungefleckt, die Unterseite mit silber-
weissem Glanze
.)

D. 3—4/9—11, P. 1/13, V. 1/8, A. 3/7—8, C. 19.

Unter den Trutta-artigen Salmoneern besitzt der gemeine Lachs die ge-
streckteste Körperform und einen am meisten seitlich zusammengedrückten
Leib. Der Kopf des Lachses, welcher im Verhältniss zu dem übrigen Körper
unter allen bezahnten Salmoneern den geringsten Umfang besitzt, fällt immer
durch seine schmächtige lang hervorgezogene Schnauze auf, welche bei den
älteren männlichen Individuen den höchsten Grad der Gestrecktheit erreicht,
aber auch bei den älteren weiblichen Individuen immer gestreckt genug er-
scheint, um dieselben auf den ersten Blick von den übrigen stumpfschnauzi-
gen Trutta-Arten unterscheiden zu können. Die Verlängerung der Schnauze
des Lachses hängt hauptsächlich von der gestreckteren Form der beiden Zwi-
schenkieferknochen ab, was sich noch dadurch zu erkennen giebt, dass der
Zwischenraum hinter den Zwischenkieferzähnen bis zu dem Vorderende der
beiden Gaumenbein-Zahnreihen sehr in die Länge gezogen ist im Vergleich
zu derselben Stelle an der Gaumendecke anderer Trutta-Arten. Dieser Zwi-
schenraum ist es auch, der sich bei den alten Lachsmännchen grubenartig
vertieft, um die nach oben und hinten sich hakenartig umbiegende Kinnspitze
des Unterkiefers aufzunehmen. Die Krümmung dieses Hakens erreicht mit
dem zunehmenden Alter der Lachsmännchen eine solche Höhe, dass dadurch
die Ober- und Unterkieferränder nicht mehr aneinander gedrückt werden
können und das Maul solcher sogenannten »Hakenlachse« seitlich weit offen
bleiben muss 1). Die beiden hinteren Winkel der Mundspalte reichen nur bis
unter die Augen. Die Zähne der Zwischenkiefer und Unterkiefer überwiegen
an Umfang und Stärke die übrigen Zähne der Oberkiefer der Gaumenbeine
und des Vomer. Der letztere ist in seiner Form sowie in der Anordnung der
Zähne bisher ganz verkannt worden. Sein ganzer Knochenbau ist schwächer und
dünner als bei anderen Trutta-Arten. Die stets zahnlose vordere Vomerplatte
des Lachses, welche bei den Forellen und Lachsforellen ein fast gleichseitiges

1) Einen Hakenlachs mit nicht verschliessbarem Maule findet man abgebildet von
Bloch (a. a. O. Taf. 98), von Agassiz (a. a. O. Tab. 1) und von Valenciennes (a. a. O.
Pl. 615).
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0306" n="293"/><fw place="top" type="header">Gattung: Trutta.</fw><lb/><hi rendition="#g">fünfeckig und stets zahnlos; der sehr lange Vomerstiel<lb/>
dünnknochig, abgeflacht und mit einer niedrigen bezahn-<lb/>
ten Längsleiste versehen; die einreihig gestellten Zähne<lb/>
des Vomerstiels schwach, sehr früh von hinten nach vorne<lb/>
fast gänzlich verloren gehend. (Der blaugraue Rücken und<lb/>
die silberigen Seiten mit wenigen schwarzen Flecken be-<lb/>
setzt, zuweilen ganz ungefleckt, die Unterseite mit silber-<lb/>
weissem Glanze</hi>.)</p><lb/>
                <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#i">D</hi>. 3&#x2014;4/9&#x2014;11, <hi rendition="#i">P</hi>. 1/13, <hi rendition="#i">V</hi>. 1/8, <hi rendition="#i">A</hi>. 3/7&#x2014;8, <hi rendition="#i">C</hi>. 19.</hi> </p><lb/>
                <p>Unter den <hi rendition="#i">Trutta</hi>-artigen <hi rendition="#i">Salmoneern</hi> besitzt der gemeine Lachs die ge-<lb/>
streckteste Körperform und einen am meisten seitlich zusammengedrückten<lb/>
Leib. Der Kopf des Lachses, welcher im Verhältniss zu dem übrigen Körper<lb/>
unter allen bezahnten <hi rendition="#i">Salmoneern</hi> den geringsten Umfang besitzt, fällt immer<lb/>
durch seine schmächtige lang hervorgezogene Schnauze auf, welche bei den<lb/>
älteren männlichen Individuen den höchsten Grad der Gestrecktheit erreicht,<lb/>
aber auch bei den älteren weiblichen Individuen immer gestreckt genug er-<lb/>
scheint, um dieselben auf den ersten Blick von den übrigen stumpfschnauzi-<lb/>
gen <hi rendition="#i">Trutta</hi>-Arten unterscheiden zu können. Die Verlängerung der Schnauze<lb/>
des Lachses hängt hauptsächlich von der gestreckteren Form der beiden Zwi-<lb/>
schenkieferknochen ab, was sich noch dadurch zu erkennen giebt, dass der<lb/>
Zwischenraum hinter den Zwischenkieferzähnen bis zu dem Vorderende der<lb/>
beiden Gaumenbein-Zahnreihen sehr in die Länge gezogen ist im Vergleich<lb/>
zu derselben Stelle an der Gaumendecke anderer <hi rendition="#i">Trutta</hi>-Arten. Dieser Zwi-<lb/>
schenraum ist es auch, der sich bei den alten Lachsmännchen grubenartig<lb/>
vertieft, um die nach oben und hinten sich hakenartig umbiegende Kinnspitze<lb/>
des Unterkiefers aufzunehmen. Die Krümmung dieses Hakens erreicht mit<lb/>
dem zunehmenden Alter der Lachsmännchen eine solche Höhe, dass dadurch<lb/>
die Ober- und Unterkieferränder nicht mehr aneinander gedrückt werden<lb/>
können und das Maul solcher sogenannten »Hakenlachse« seitlich weit offen<lb/>
bleiben muss <note place="foot" n="1)">Einen Hakenlachs mit nicht verschliessbarem Maule findet man abgebildet von<lb/><hi rendition="#k">Bloch</hi> (a. a. O. Taf. 98), von <hi rendition="#k">Agassiz</hi> (a. a. O. Tab. 1) und von <hi rendition="#k">Valenciennes</hi> (a. a. O.<lb/>
Pl. 615).</note>. Die beiden hinteren Winkel der Mundspalte reichen nur bis<lb/>
unter die Augen. Die Zähne der Zwischenkiefer und Unterkiefer überwiegen<lb/>
an Umfang und Stärke die übrigen Zähne der Oberkiefer der Gaumenbeine<lb/>
und des Vomer. Der letztere ist in seiner Form sowie in der Anordnung der<lb/>
Zähne bisher ganz verkannt worden. Sein ganzer Knochenbau ist schwächer und<lb/>
dünner als bei anderen <hi rendition="#i">Trutta</hi>-Arten. Die stets zahnlose vordere Vomerplatte<lb/>
des Lachses, welche bei den Forellen und Lachsforellen ein fast gleichseitiges<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[293/0306] Gattung: Trutta. fünfeckig und stets zahnlos; der sehr lange Vomerstiel dünnknochig, abgeflacht und mit einer niedrigen bezahn- ten Längsleiste versehen; die einreihig gestellten Zähne des Vomerstiels schwach, sehr früh von hinten nach vorne fast gänzlich verloren gehend. (Der blaugraue Rücken und die silberigen Seiten mit wenigen schwarzen Flecken be- setzt, zuweilen ganz ungefleckt, die Unterseite mit silber- weissem Glanze.) D. 3—4/9—11, P. 1/13, V. 1/8, A. 3/7—8, C. 19. Unter den Trutta-artigen Salmoneern besitzt der gemeine Lachs die ge- streckteste Körperform und einen am meisten seitlich zusammengedrückten Leib. Der Kopf des Lachses, welcher im Verhältniss zu dem übrigen Körper unter allen bezahnten Salmoneern den geringsten Umfang besitzt, fällt immer durch seine schmächtige lang hervorgezogene Schnauze auf, welche bei den älteren männlichen Individuen den höchsten Grad der Gestrecktheit erreicht, aber auch bei den älteren weiblichen Individuen immer gestreckt genug er- scheint, um dieselben auf den ersten Blick von den übrigen stumpfschnauzi- gen Trutta-Arten unterscheiden zu können. Die Verlängerung der Schnauze des Lachses hängt hauptsächlich von der gestreckteren Form der beiden Zwi- schenkieferknochen ab, was sich noch dadurch zu erkennen giebt, dass der Zwischenraum hinter den Zwischenkieferzähnen bis zu dem Vorderende der beiden Gaumenbein-Zahnreihen sehr in die Länge gezogen ist im Vergleich zu derselben Stelle an der Gaumendecke anderer Trutta-Arten. Dieser Zwi- schenraum ist es auch, der sich bei den alten Lachsmännchen grubenartig vertieft, um die nach oben und hinten sich hakenartig umbiegende Kinnspitze des Unterkiefers aufzunehmen. Die Krümmung dieses Hakens erreicht mit dem zunehmenden Alter der Lachsmännchen eine solche Höhe, dass dadurch die Ober- und Unterkieferränder nicht mehr aneinander gedrückt werden können und das Maul solcher sogenannten »Hakenlachse« seitlich weit offen bleiben muss 1). Die beiden hinteren Winkel der Mundspalte reichen nur bis unter die Augen. Die Zähne der Zwischenkiefer und Unterkiefer überwiegen an Umfang und Stärke die übrigen Zähne der Oberkiefer der Gaumenbeine und des Vomer. Der letztere ist in seiner Form sowie in der Anordnung der Zähne bisher ganz verkannt worden. Sein ganzer Knochenbau ist schwächer und dünner als bei anderen Trutta-Arten. Die stets zahnlose vordere Vomerplatte des Lachses, welche bei den Forellen und Lachsforellen ein fast gleichseitiges 1) Einen Hakenlachs mit nicht verschliessbarem Maule findet man abgebildet von Bloch (a. a. O. Taf. 98), von Agassiz (a. a. O. Tab. 1) und von Valenciennes (a. a. O. Pl. 615).

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/306
Zitationshilfe: Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/306>, abgerufen am 26.04.2024.