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Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690.

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Das VI. Capitel
dungs-Wissenschaft nichtnöthig habe; so habe ich dir nichts davon
gedencken wollen. Denn meine Gedancken sind: ob schon ei-
ne unerfahrne Wehe-Mutter durch das Auffschrauben des vor-
liegenden Kindes Glied gleich sähe/ und wüste es nicht zu regie-
ren/ so würde ihr das Sehen nicht helffen. Ja wenn man durch
das Auffschrauben das gantze Kind im Leibe könte liegen sehen/
wie es läge/ und Platz wäre zu regieren/ das wäre gut und zu
wünschen. Aber da ist nur das Glied des Kindes zu sehen/ und
doch schweer zu erkennen/ wenn es tieff liegt/ weil es finster ist.
Wie aber das Kind weiter lieget/ ist von diesem Auffschrauben/
durch das Sehen unmöglich zu wißen/ bis das Glied/ es sey
der Arm oder ein Bein/ oder was es sey/ abgelöset werde Die-
ses Ablösen muß und wird eine unerfahrne Wehe-Mutter wol
bleiben lassen/ und ich halte es auch vor schwerer und gefährli-
cher/ als meine dir angewiesene Wendung. Jedoch lasse ich ei-
nem jeden seine Wissenschafft und seinen Willen/ wie es ihm der
liebe GOtt hat lassen bekant werden/ und er am besten zu helf-
sen weiß. Der Höchste GOtt gebe allen seinen Seegen.
Das VI. Capitel.
Von der Nachgeburt/ ob diese dem Kinde

vorlieget und vorliegen kan? Ob sie auch angewach-
sen/ oder ob man sie allemal fördern
könne?
Christ. Liebe Schwester/ berichte mich doch/ was
es für eine Beschaffenheit mit der Nachgeburt habe/ und
ob eine Frau auch davon Gefahr haben könne?
Just. Es ist eine schlimme und gefährliche Geburt/ vor
Mutter und Kind nöthig zu mercken/ nehmlich: wenn die Nach-
geburt
Das VI. Capitel
dungs-Wiſſenſchaft nichtnoͤthig habe; ſo habe ich dir nichts davon
gedencken wollen. Denn meine Gedancken ſind: ob ſchon ei-
ne unerfahrne Wehe-Mutter durch das Auffſchrauben des vor-
liegenden Kindes Glied gleich ſaͤhe/ und wuͤſte es nicht zu regie-
ren/ ſo wuͤrde ihr das Sehen nicht helffen. Ja wenn man durch
das Auffſchrauben das gantze Kind im Leibe koͤnte liegen ſehen/
wie es laͤge/ und Platz waͤre zu regieren/ das waͤre gut und zu
wuͤnſchen. Aber da iſt nur das Glied des Kindes zu ſehen/ und
doch ſchweer zu erkennen/ wenn es tieff liegt/ weil es finſter iſt.
Wie aber das Kind weiter lieget/ iſt von dieſem Auffſchrauben/
durch das Sehen unmoͤglich zu wißen/ bis das Glied/ es ſey
der Arm oder ein Bein/ oder was es ſey/ abgeloͤſet werde Die-
ſes Abloͤſen muß und wird eine unerfahrne Wehe-Mutter wol
bleiben laſſen/ und ich halte es auch vor ſchwerer und gefaͤhrli-
cher/ als meine dir angewieſene Wendung. Jedoch laſſe ich ei-
nem jeden ſeine Wiſſenſchafft und ſeinen Willen/ wie es ihm der
liebe GOtt hat laſſen bekant werden/ und er am beſten zu helf-
ſen weiß. Der Hoͤchſte GOtt gebe allen ſeinen Seegen.
Das VI. Capitel.
Von der Nachgeburt/ ob dieſe dem Kinde

vorlieget und vorliegen kan? Ob ſie auch angewach-
ſen/ oder ob man ſie allemal foͤrdern
koͤnne?
Chriſt. Liebe Schweſter/ berichte mich doch/ was
es fuͤr eine Beſchaffenheit mit der Nachgeburt habe/ und
ob eine Frau auch davon Gefahr haben koͤnne?
Juſt. Es iſt eine ſchlimme und gefaͤhrliche Geburt/ vor
Mutter und Kind noͤthig zu mercken/ nehmlich: wenn die Nach-
geburt
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[110/0237] Das VI. Capitel dungs-Wiſſenſchaft nichtnoͤthig habe; ſo habe ich dir nichts davon gedencken wollen. Denn meine Gedancken ſind: ob ſchon ei- ne unerfahrne Wehe-Mutter durch das Auffſchrauben des vor- liegenden Kindes Glied gleich ſaͤhe/ und wuͤſte es nicht zu regie- ren/ ſo wuͤrde ihr das Sehen nicht helffen. Ja wenn man durch das Auffſchrauben das gantze Kind im Leibe koͤnte liegen ſehen/ wie es laͤge/ und Platz waͤre zu regieren/ das waͤre gut und zu wuͤnſchen. Aber da iſt nur das Glied des Kindes zu ſehen/ und doch ſchweer zu erkennen/ wenn es tieff liegt/ weil es finſter iſt. Wie aber das Kind weiter lieget/ iſt von dieſem Auffſchrauben/ durch das Sehen unmoͤglich zu wißen/ bis das Glied/ es ſey der Arm oder ein Bein/ oder was es ſey/ abgeloͤſet werde Die- ſes Abloͤſen muß und wird eine unerfahrne Wehe-Mutter wol bleiben laſſen/ und ich halte es auch vor ſchwerer und gefaͤhrli- cher/ als meine dir angewieſene Wendung. Jedoch laſſe ich ei- nem jeden ſeine Wiſſenſchafft und ſeinen Willen/ wie es ihm der liebe GOtt hat laſſen bekant werden/ und er am beſten zu helf- ſen weiß. Der Hoͤchſte GOtt gebe allen ſeinen Seegen. Das VI. Capitel. Von der Nachgeburt/ ob dieſe dem Kinde vorlieget und vorliegen kan? Ob ſie auch angewach- ſen/ oder ob man ſie allemal foͤrdern koͤnne? Chriſt. Liebe Schweſter/ berichte mich doch/ was es fuͤr eine Beſchaffenheit mit der Nachgeburt habe/ und ob eine Frau auch davon Gefahr haben koͤnne? Juſt. Es iſt eine ſchlimme und gefaͤhrliche Geburt/ vor Mutter und Kind noͤthig zu mercken/ nehmlich: wenn die Nach- geburt

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Zitationshilfe: Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siegemund_unterricht_1690/237>, abgerufen am 26.04.2024.