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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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Das dritte Capitel.
feder solches vorschreiben mag. Der grosse GOtt/ von deme alles' gute allein
kommet/ der GOTT des friedens/ heilige sie durch und durch/ und ihr Geist
gantz/ sampt der seele und leib müsse behalten werden unsträfflich auf die zu-
kunfft unsers HErrn JEsu Christi! Getreu ist er/ der ruffet/ der wirds
auch thun. 1. Thess. 5/ 23. 24. 1676.

SECTIO V.
Von der vornehmen Standes-jugend zukommen-
den arbeit.

WAnn gefraget wird: ob es dem Christenthum nicht entgegen/ vor-
nehme Stands-jugend allerley kunst-arbeit/ als sticken/ wir-
cken/ teppich- und stühl-machen und dergleichen lernen zu las-
sen; oder ob die selbs-verleugnung erfordere/ sich blosser dings alles
desjenigen zu entschlagen/ was nicht allen zur eussersten nothdurfft
gehört?
So erklähre mich hierauf also: 1. Daß an sich selbs nicht verboten
seye/ mit den göttlichen creaturen/ als gold/ silber/ seide/ wollen/ leinen und
dergleichen also umzugehen/ daß sie nicht allein zur blossen nothdurfft ge-
braucht werden/ sondern auch zu einiger zierde dienen/ (wie auch göttlicher ge-
schöpffe selbs einige allein vornehmlich mit ihrer schöne GOTT preisen/ und
den menschen ergötzen) und des menschen verstand sich in der kunst daran über
Wie dann GOTT nicht zinvider ist/ daß alle kräfften der seelen (darzu aber
auch die geschicklichkeit künstlicher arbeit gehöret/) bey gelegenheit mit ange-
wendet werden/ nur daß es in rechter ordnung geschehe/ nehmlich nicht zu
sündlichem zweck/ noch mit versäumnüß des nothwendigen; (wie denn viel-
leicht niemand die gesamte mahler-kunst/ bild-hauen und was dergleichen ist/
an sich selbs verdammen wird/ ob man wol derselben allen zur enssersten noth-
durfft eben nicht bedarff: auffs wenigste ich nicht sehe/ mit was grund einer
solches thun/ das ist/ alle dergleichen künste verdammen könte/ da vielmehr
auch ein lob GOttes in deroselben rechten gebrauch seyn kan) so sehe auch
nicht/ wie dann weibliche arbeit im sticken/ wircken und dergleichen für verbo-
ten zu achten seye/ wo man sie mit solchem hertzen verrichtet/ was göttliche ge-
schöpffe in der natur zum preiß des mancherley reichthums seiner schöne dar-
stellen/ mit nachsinnen und fleißiger hand nachzumachen/ und also auch solche
werck zu verfertigen/ an dero kunst und schönheit GOTT gepriesen werde.

2. Vielmehr sehen wir/ daß der verstand und weißheit künstliche arbeit zu
verfertigen/ als eine gabe des Geistes GOttes 2. Mos. 31/ 3. u. f. angege-
ben/ und Cap. 35/ 25. weiber gerühmet werden/ die verständig waren zu wür-
cken mit ihren händen: sonderlich stehet an solchem ort v. 35. von Bezaleel

und

Das dritte Capitel.
feder ſolches vorſchreiben mag. Der groſſe GOtt/ von deme alles’ gute allein
kommet/ der GOTT des friedens/ heilige ſie durch und durch/ und ihr Geiſt
gantz/ ſampt der ſeele und leib muͤſſe behalten werden unſtraͤfflich auf die zu-
kunfft unſers HErrn JEſu Chriſti! Getreu iſt er/ der ruffet/ der wirds
auch thun. 1. Theſſ. 5/ 23. 24. 1676.

SECTIO V.
Von der vornehmen Standes-jugend zukommen-
den arbeit.

WAnn gefraget wird: ob es dem Chriſtenthum nicht entgegen/ vor-
nehme Stands-jugend allerley kunſt-arbeit/ als ſticken/ wir-
cken/ teppich- und ſtuͤhl-machen und dergleichen lernen zu laſ-
ſen; oder ob die ſelbs-verleugnung erfordere/ ſich bloſſer dings alles
desjenigen zu entſchlagen/ was nicht allen zur euſſerſten nothdurfft
gehoͤrt?
So erklaͤhre mich hierauf alſo: 1. Daß an ſich ſelbs nicht verboten
ſeye/ mit den goͤttlichen creaturen/ als gold/ ſilber/ ſeide/ wollen/ leinen und
dergleichen alſo umzugehen/ daß ſie nicht allein zur bloſſen nothdurfft ge-
braucht werden/ ſondern auch zu einiger zierde dienen/ (wie auch goͤttlicher ge-
ſchoͤpffe ſelbs einige allein vornehmlich mit ihrer ſchoͤne GOTT preiſen/ und
den menſchen ergoͤtzen) und des menſchen verſtand ſich in der kunſt daran uͤber
Wie dann GOTT nicht zinvider iſt/ daß alle kraͤfften der ſeelen (darzu aber
auch die geſchicklichkeit kuͤnſtlicher arbeit gehoͤret/) bey gelegenheit mit ange-
wendet werden/ nur daß es in rechter ordnung geſchehe/ nehmlich nicht zu
ſuͤndlichem zweck/ noch mit verſaͤumnuͤß des nothwendigen; (wie denn viel-
leicht niemand die geſamte mahler-kunſt/ bild-hauen und was dergleichen iſt/
an ſich ſelbs verdammen wird/ ob man wol derſelben allen zur enſſerſten noth-
durfft eben nicht bedarff: auffs wenigſte ich nicht ſehe/ mit was grund einer
ſolches thun/ das iſt/ alle dergleichen kuͤnſte verdammen koͤnte/ da vielmehr
auch ein lob GOttes in deroſelben rechten gebrauch ſeyn kan) ſo ſehe auch
nicht/ wie dann weibliche arbeit im ſticken/ wircken und dergleichen fuͤr verbo-
ten zu achten ſeye/ wo man ſie mit ſolchem hertzen verrichtet/ was goͤttliche ge-
ſchoͤpffe in der natur zum preiß des mancherley reichthums ſeiner ſchoͤne dar-
ſtellen/ mit nachſinnen und fleißiger hand nachzumachen/ und alſo auch ſolche
werck zu verfertigen/ an dero kunſt und ſchoͤnheit GOTT geprieſen werde.

2. Vielmehr ſehen wir/ daß der verſtand und weißheit kuͤnſtliche arbeit zu
verfertigen/ als eine gabe des Geiſtes GOttes 2. Moſ. 31/ 3. u. f. angege-
ben/ und Cap. 35/ 25. weiber geruͤhmet werden/ die verſtaͤndig waren zu wuͤr-
cken mit ihren haͤnden: ſonderlich ſtehet an ſolchem ort v. 35. von Bezaleel

und
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[194/0202] Das dritte Capitel. feder ſolches vorſchreiben mag. Der groſſe GOtt/ von deme alles’ gute allein kommet/ der GOTT des friedens/ heilige ſie durch und durch/ und ihr Geiſt gantz/ ſampt der ſeele und leib muͤſſe behalten werden unſtraͤfflich auf die zu- kunfft unſers HErrn JEſu Chriſti! Getreu iſt er/ der ruffet/ der wirds auch thun. 1. Theſſ. 5/ 23. 24. 1676. SECTIO V. Von der vornehmen Standes-jugend zukommen- den arbeit. WAnn gefraget wird: ob es dem Chriſtenthum nicht entgegen/ vor- nehme Stands-jugend allerley kunſt-arbeit/ als ſticken/ wir- cken/ teppich- und ſtuͤhl-machen und dergleichen lernen zu laſ- ſen; oder ob die ſelbs-verleugnung erfordere/ ſich bloſſer dings alles desjenigen zu entſchlagen/ was nicht allen zur euſſerſten nothdurfft gehoͤrt? So erklaͤhre mich hierauf alſo: 1. Daß an ſich ſelbs nicht verboten ſeye/ mit den goͤttlichen creaturen/ als gold/ ſilber/ ſeide/ wollen/ leinen und dergleichen alſo umzugehen/ daß ſie nicht allein zur bloſſen nothdurfft ge- braucht werden/ ſondern auch zu einiger zierde dienen/ (wie auch goͤttlicher ge- ſchoͤpffe ſelbs einige allein vornehmlich mit ihrer ſchoͤne GOTT preiſen/ und den menſchen ergoͤtzen) und des menſchen verſtand ſich in der kunſt daran uͤber Wie dann GOTT nicht zinvider iſt/ daß alle kraͤfften der ſeelen (darzu aber auch die geſchicklichkeit kuͤnſtlicher arbeit gehoͤret/) bey gelegenheit mit ange- wendet werden/ nur daß es in rechter ordnung geſchehe/ nehmlich nicht zu ſuͤndlichem zweck/ noch mit verſaͤumnuͤß des nothwendigen; (wie denn viel- leicht niemand die geſamte mahler-kunſt/ bild-hauen und was dergleichen iſt/ an ſich ſelbs verdammen wird/ ob man wol derſelben allen zur enſſerſten noth- durfft eben nicht bedarff: auffs wenigſte ich nicht ſehe/ mit was grund einer ſolches thun/ das iſt/ alle dergleichen kuͤnſte verdammen koͤnte/ da vielmehr auch ein lob GOttes in deroſelben rechten gebrauch ſeyn kan) ſo ſehe auch nicht/ wie dann weibliche arbeit im ſticken/ wircken und dergleichen fuͤr verbo- ten zu achten ſeye/ wo man ſie mit ſolchem hertzen verrichtet/ was goͤttliche ge- ſchoͤpffe in der natur zum preiß des mancherley reichthums ſeiner ſchoͤne dar- ſtellen/ mit nachſinnen und fleißiger hand nachzumachen/ und alſo auch ſolche werck zu verfertigen/ an dero kunſt und ſchoͤnheit GOTT geprieſen werde. 2. Vielmehr ſehen wir/ daß der verſtand und weißheit kuͤnſtliche arbeit zu verfertigen/ als eine gabe des Geiſtes GOttes 2. Moſ. 31/ 3. u. f. angege- ben/ und Cap. 35/ 25. weiber geruͤhmet werden/ die verſtaͤndig waren zu wuͤr- cken mit ihren haͤnden: ſonderlich ſtehet an ſolchem ort v. 35. von Bezaleel und

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/202>, abgerufen am 26.04.2024.