Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

Bild:
<< vorherige Seite

ARTIC. I. DISTINCTIO I. SECTIO XIV.
GOTT aller gnaden bekräfftige sie/ und bewahre sie in Christo Jesu vor allem
argen zu samt ihrer geliebten jungfer/ deren ich gleiches aus treuen hertzen anwün-
sche. Jhr frau baaß die gute frau NN. ist/ wie sie schon vorhin wissen werden/
neulich von GOTT eher aus dieser zeitlichkeit abgefordert worden/ als sie nach
ihrem so sehnlichen wunsche auch eine fröliche kinds-mutter worden ware. Je-
tzo wird sie der HErr mit völligen strömen des trosts überschütten/ nach dessen tröpf-
lein und vorgeschmack sie hier so schmertzlich verlanget/ und getrauret hat/ dasjeni-
ge bey sich nicht zu fühlen/ was sie zuweilen von andern frommen seelen aus derer
erfahrung rühmen. Es hatte ihr ehemann eben vor einigen monaten noch an
mich geschrieben/ und berichtet/ wie sie noch manche stunde in solcher ihrer betrüb-
nüß und anfechtung kümmerlich zu bringen müßen. Nun der HERR der end-
lich ihre traurigkeit auff selige weise geendet/ helffe uns auch allen hindurch zur zeit
wanns ihn beliebig.

Franckfurth den 20ten Dec. 1673. Auff dessen schluß ich ein solches neuesjahr
aus göttlicher gnade wünsche in dem dieselbe täglich über uns neu auffgehe/ daß wir
in Christo JEsu (in dem nichts als eine neue creatur gilt/ und ich davon durch Got-
tes gnade vor meiner gemeinde die erste predigt zu thun gesonnen bin) immer fest
erneuret werden/ nach dem bilde dessen/ darzu wir geschaffen sind/ und der sein
bild in der tauff bey uns wieder angefangen/ auch zu fortsetzung seines wercks den
lieben JEsum uns zur nachfolge vorstellet: Daß das alte wesen mehr und mehr
bey uns abgeschaffet und wir mit neuer himmlischer krafft ausgerüstet werden/ biß
endlich alles auff einmahl neu und wir dahin versetzet werden/ wo nichts altes
mehr ist/ noch veraltet. Solches mit freuden und aller andern wolfarth wünsche
ich ihr/ in dem HErrn hertzgeliebte schwester/ und allen unsern schwestern und brü-
dern/ so dann die noch in der zahl derselben kommen sollen/ von dem GOtt nicht nur
der zeit sondern der unveränderlichen ewigkeit.

SECTIO XV.

(7. Bußpredigten. Viele heuchel bußtage. Un-
erkäntnüß unserer gefahr. Ob fasten Papistisch. Nöthi-
ge gedult mit der brüder schwachheit. Gelassenheit län-
ger zu leben oder zu sterben. Der Princeßin beständig-
keit. Ob besser in oder ausser gefahr zu
leben.

UNserer gehaltenen bußpredigten ist keine gedruckt worden/ noch derglei-
chen inskünfftige in dem vorschlag. Nicht nur weil wir in solcher materie

nicht
L 2

ARTIC. I. DISTINCTIO I. SECTIO XIV.
GOTT aller gnaden bekraͤfftige ſie/ und bewahre ſie in Chriſto Jeſu vor allem
argen zu ſamt ihrer geliebten jungfer/ deren ich gleiches aus treuen hertzen anwuͤn-
ſche. Jhr frau baaß die gute frau NN. iſt/ wie ſie ſchon vorhin wiſſen werden/
neulich von GOTT eher aus dieſer zeitlichkeit abgefordert worden/ als ſie nach
ihrem ſo ſehnlichen wunſche auch eine froͤliche kinds-mutter worden ware. Je-
tzo wird ſie der HErr mit voͤlligen ſtroͤmen des troſts uͤberſchuͤtten/ nach deſſen troͤpf-
lein und vorgeſchmack ſie hier ſo ſchmertzlich verlanget/ und getrauret hat/ dasjeni-
ge bey ſich nicht zu fuͤhlen/ was ſie zuweilen von andern frommen ſeelen aus derer
erfahrung ruͤhmen. Es hatte ihr ehemann eben vor einigen monaten noch an
mich geſchrieben/ und berichtet/ wie ſie noch manche ſtunde in ſolcher ihrer betruͤb-
nuͤß und anfechtung kuͤmmerlich zu bringen muͤßen. Nun der HERR der end-
lich ihre traurigkeit auff ſelige weiſe geendet/ helffe uns auch allen hindurch zur zeit
wanns ihn beliebig.

Franckfurth den 20ten Dec. 1673. Auff deſſen ſchluß ich ein ſolches neuesjahr
aus goͤttlicher gnade wuͤnſche in dem dieſelbe taͤglich uͤber uns neu auffgehe/ daß wir
in Chriſto JEſu (in dem nichts als eine neue creatur gilt/ und ich davon durch Got-
tes gnade vor meiner gemeinde die erſte predigt zu thun geſonnen bin) immer feſt
erneuret werden/ nach dem bilde deſſen/ darzu wir geſchaffen ſind/ und der ſein
bild in der tauff bey uns wieder angefangen/ auch zu fortſetzung ſeines wercks den
lieben JEſum uns zur nachfolge vorſtellet: Daß das alte weſen mehr und mehr
bey uns abgeſchaffet und wir mit neuer himmliſcher krafft ausgeruͤſtet werden/ biß
endlich alles auff einmahl neu und wir dahin verſetzet werden/ wo nichts altes
mehr iſt/ noch veraltet. Solches mit freuden und aller andern wolfarth wuͤnſche
ich ihr/ in dem HErrn hertzgeliebte ſchweſter/ und allen unſern ſchweſtern und bruͤ-
dern/ ſo dann die noch in der zahl derſelben kommen ſollen/ von dem GOtt nicht nur
der zeit ſondern der unveraͤnderlichen ewigkeit.

SECTIO XV.

(7. Bußpredigten. Viele heuchel bußtage. Un-
erkaͤntnuͤß unſerer gefahr. Ob faſten Papiſtiſch. Noͤthi-
ge gedult mit der bruͤder ſchwachheit. Gelaſſenheit laͤn-
ger zu leben oder zu ſterben. Der Princeßin beſtaͤndig-
keit. Ob beſſer in oder auſſer gefahr zu
leben.

UNſerer gehaltenen bußpredigten iſt keine gedruckt worden/ noch derglei-
chen inskuͤnfftige in dem vorſchlag. Nicht nur weil wir in ſolcher materie

nicht
L 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0101" n="83"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">ARTIC</hi>. I. DISTINCTIO I. SECTIO XIV.</hi></fw><lb/>
GOTT aller gnaden bekra&#x0364;fftige &#x017F;ie/ und bewahre &#x017F;ie in Chri&#x017F;to Je&#x017F;u vor allem<lb/>
argen zu &#x017F;amt ihrer geliebten jungfer/ deren ich gleiches aus treuen hertzen anwu&#x0364;n-<lb/>
&#x017F;che. Jhr frau baaß die gute frau NN. i&#x017F;t/ wie &#x017F;ie &#x017F;chon vorhin wi&#x017F;&#x017F;en werden/<lb/>
neulich von GOTT eher aus die&#x017F;er zeitlichkeit abgefordert worden/ als &#x017F;ie nach<lb/>
ihrem &#x017F;o &#x017F;ehnlichen wun&#x017F;che auch eine fro&#x0364;liche kinds-mutter worden ware. Je-<lb/>
tzo wird &#x017F;ie der HErr mit vo&#x0364;lligen &#x017F;tro&#x0364;men des tro&#x017F;ts u&#x0364;ber&#x017F;chu&#x0364;tten/ nach de&#x017F;&#x017F;en tro&#x0364;pf-<lb/>
lein und vorge&#x017F;chmack &#x017F;ie hier &#x017F;o &#x017F;chmertzlich verlanget/ und getrauret hat/ dasjeni-<lb/>
ge bey &#x017F;ich nicht zu fu&#x0364;hlen/ was &#x017F;ie zuweilen von andern frommen &#x017F;eelen aus derer<lb/>
erfahrung ru&#x0364;hmen. Es hatte ihr ehemann eben vor einigen monaten noch an<lb/>
mich ge&#x017F;chrieben/ und berichtet/ wie &#x017F;ie noch manche &#x017F;tunde in &#x017F;olcher ihrer betru&#x0364;b-<lb/>
nu&#x0364;ß und anfechtung ku&#x0364;mmerlich zu bringen mu&#x0364;ßen. Nun der HERR der end-<lb/>
lich ihre traurigkeit auff &#x017F;elige wei&#x017F;e geendet/ helffe uns auch allen hindurch zur zeit<lb/>
wanns ihn beliebig.</p><lb/>
            <p>Franckfurth den 20ten Dec. 1673. Auff de&#x017F;&#x017F;en &#x017F;chluß ich ein &#x017F;olches neuesjahr<lb/>
aus go&#x0364;ttlicher gnade wu&#x0364;n&#x017F;che in dem die&#x017F;elbe ta&#x0364;glich u&#x0364;ber uns neu auffgehe/ daß wir<lb/>
in Chri&#x017F;to JE&#x017F;u (in dem nichts als eine neue creatur gilt/ und ich davon durch Got-<lb/>
tes gnade vor meiner gemeinde die er&#x017F;te predigt zu thun ge&#x017F;onnen bin) immer fe&#x017F;t<lb/>
erneuret werden/ nach dem bilde de&#x017F;&#x017F;en/ darzu wir ge&#x017F;chaffen &#x017F;ind/ und der &#x017F;ein<lb/>
bild in der tauff bey uns wieder angefangen/ auch zu fort&#x017F;etzung &#x017F;eines wercks den<lb/>
lieben JE&#x017F;um uns zur nachfolge vor&#x017F;tellet: Daß das alte we&#x017F;en mehr und mehr<lb/>
bey uns abge&#x017F;chaffet und wir mit neuer himmli&#x017F;cher krafft ausgeru&#x0364;&#x017F;tet werden/ biß<lb/>
endlich alles auff einmahl neu und wir dahin ver&#x017F;etzet werden/ wo nichts altes<lb/>
mehr i&#x017F;t/ noch veraltet. Solches mit freuden und aller andern wolfarth wu&#x0364;n&#x017F;che<lb/>
ich ihr/ in dem HErrn hertzgeliebte &#x017F;chwe&#x017F;ter/ und allen un&#x017F;ern &#x017F;chwe&#x017F;tern und bru&#x0364;-<lb/>
dern/ &#x017F;o dann die noch in der zahl der&#x017F;elben kommen &#x017F;ollen/ von dem GOtt nicht nur<lb/>
der zeit &#x017F;ondern der unvera&#x0364;nderlichen ewigkeit.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">SECTIO</hi> XV.</hi> </head><lb/>
            <argument>
              <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">(7. Bußpredigten. <hi rendition="#in">V</hi>iele heuchel bußtage. <hi rendition="#in">U</hi>n-<lb/>
erka&#x0364;ntnu&#x0364;ß un&#x017F;erer gefahr. Ob fa&#x017F;ten Papi&#x017F;ti&#x017F;ch. No&#x0364;thi-<lb/>
ge gedult mit der bru&#x0364;der &#x017F;chwachheit. Gela&#x017F;&#x017F;enheit la&#x0364;n-<lb/>
ger zu leben oder zu &#x017F;terben. Der Princeßin be&#x017F;ta&#x0364;ndig-<lb/>
keit. Ob be&#x017F;&#x017F;er in oder au&#x017F;&#x017F;er gefahr zu<lb/>
leben.</hi> </hi> </p>
            </argument><lb/>
            <p><hi rendition="#in">U</hi>N&#x017F;erer gehaltenen bußpredigten i&#x017F;t keine gedruckt worden/ noch derglei-<lb/>
chen insku&#x0364;nfftige in dem vor&#x017F;chlag. Nicht nur weil wir in &#x017F;olcher <hi rendition="#aq">materie</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">L 2</fw><fw place="bottom" type="catch">nicht</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[83/0101] ARTIC. I. DISTINCTIO I. SECTIO XIV. GOTT aller gnaden bekraͤfftige ſie/ und bewahre ſie in Chriſto Jeſu vor allem argen zu ſamt ihrer geliebten jungfer/ deren ich gleiches aus treuen hertzen anwuͤn- ſche. Jhr frau baaß die gute frau NN. iſt/ wie ſie ſchon vorhin wiſſen werden/ neulich von GOTT eher aus dieſer zeitlichkeit abgefordert worden/ als ſie nach ihrem ſo ſehnlichen wunſche auch eine froͤliche kinds-mutter worden ware. Je- tzo wird ſie der HErr mit voͤlligen ſtroͤmen des troſts uͤberſchuͤtten/ nach deſſen troͤpf- lein und vorgeſchmack ſie hier ſo ſchmertzlich verlanget/ und getrauret hat/ dasjeni- ge bey ſich nicht zu fuͤhlen/ was ſie zuweilen von andern frommen ſeelen aus derer erfahrung ruͤhmen. Es hatte ihr ehemann eben vor einigen monaten noch an mich geſchrieben/ und berichtet/ wie ſie noch manche ſtunde in ſolcher ihrer betruͤb- nuͤß und anfechtung kuͤmmerlich zu bringen muͤßen. Nun der HERR der end- lich ihre traurigkeit auff ſelige weiſe geendet/ helffe uns auch allen hindurch zur zeit wanns ihn beliebig. Franckfurth den 20ten Dec. 1673. Auff deſſen ſchluß ich ein ſolches neuesjahr aus goͤttlicher gnade wuͤnſche in dem dieſelbe taͤglich uͤber uns neu auffgehe/ daß wir in Chriſto JEſu (in dem nichts als eine neue creatur gilt/ und ich davon durch Got- tes gnade vor meiner gemeinde die erſte predigt zu thun geſonnen bin) immer feſt erneuret werden/ nach dem bilde deſſen/ darzu wir geſchaffen ſind/ und der ſein bild in der tauff bey uns wieder angefangen/ auch zu fortſetzung ſeines wercks den lieben JEſum uns zur nachfolge vorſtellet: Daß das alte weſen mehr und mehr bey uns abgeſchaffet und wir mit neuer himmliſcher krafft ausgeruͤſtet werden/ biß endlich alles auff einmahl neu und wir dahin verſetzet werden/ wo nichts altes mehr iſt/ noch veraltet. Solches mit freuden und aller andern wolfarth wuͤnſche ich ihr/ in dem HErrn hertzgeliebte ſchweſter/ und allen unſern ſchweſtern und bruͤ- dern/ ſo dann die noch in der zahl derſelben kommen ſollen/ von dem GOtt nicht nur der zeit ſondern der unveraͤnderlichen ewigkeit. SECTIO XV. (7. Bußpredigten. Viele heuchel bußtage. Un- erkaͤntnuͤß unſerer gefahr. Ob faſten Papiſtiſch. Noͤthi- ge gedult mit der bruͤder ſchwachheit. Gelaſſenheit laͤn- ger zu leben oder zu ſterben. Der Princeßin beſtaͤndig- keit. Ob beſſer in oder auſſer gefahr zu leben. UNſerer gehaltenen bußpredigten iſt keine gedruckt worden/ noch derglei- chen inskuͤnfftige in dem vorſchlag. Nicht nur weil wir in ſolcher materie nicht L 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/101
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/101>, abgerufen am 26.04.2024.