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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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Das sechste Capitel.
buchstäblichen wissenschafft der wort/ so wir davon gehöret haben/ bleibet/ und
nichts in das hertz kommet/ daher auch so gar schlechte früchten folgen. 9. Sept.
1681.

SECTIO XXXIX.

Frucht des predigamts bleibet nicht aus. Ob
sie auch in geringer maß/ nicht zu verachten: Marc. 4. ver-
dacht irriger lehr aus der lehr von der heiligung und le-
b[e]ndigen glauben: die doch allerdings Lutherisch.
Viele böse in predigamt aus Göttlichen
gericht.

DEr freundliche bericht von dem segen/ welchen GOTT zu dem anfang
des anbefohlenen amts gegeben/ hat mich von hertzen erfreuet. Es bleibet
einmahl dabey/ daß so wenig frucht aus den predigten meistens folget/ ist
ein zimlich stück der ursach bey uns selbs/ daß wir offt das wort des HERRN
nicht mit solcher treu vortragen/ wie es geschehen solte. Wo wirs aber in seiner
lauterkeit vorlegen/ und allemahl das jenige vornehmlich und meistens treiben/
was eben damahls und solchen leuten das allernothwendigste und dienlichste ist/ so
wird gewiß die verheissung des HERREN erfüllet werden/ daß es eben so wenig
solle leer und ohne frucht widerum/ nach dem es aus seinem munde gegangen ist/
zu rück kommen/ als wenig der regen und schnee ohne fruchtbahrt machende krafft
zu bleiben pflegen/ sondern die erde befeuchten/ und die früchten befördern. So
zeiget sich auch die sache noch heut zu tag in der erfahrung/ daß nicht leicht irgend
ein prediger auffstehen wird/ der mit sonderlichem eiffer das werck des HER-
REN zu treiben anfängt/ und nicht in der fast allgemeinen schläffrigkeit liegen
bleibet/ daß nicht also balden die gemeinde wird rege werden. Woraus zu sehen/
daß weder die krafft dem Göttlichem wort benommen/ noch welche hertzen so gar
verstocket seyn/ daß nichts mehr da hinein gienge/ oder sie nichts mehr fühlen/ son-
dern es mangle an den jenigen/ so mit dem wort allzu nachläßig und kaltsinnig um-
gehen. Es wird aber gemeiniglich die doppelte würckung haben/ wie es auch vor
diesen geheissen hat. Es seye ein geruch des lebens zum leben/ denen die da glauben/
und ein geruch des todes den halßstarrigen. Wie mein werther bruder selbs er-
fähret/ daß so wohl einige durch die von ihm treibende wahrheit in göttlichem segen
sich zu bessern anfangen/ als andere darüber ihre unzufriedenheit bezeugen/ und sich
einige lästerungen zu regen anheben. Jenes ist eine sache an sich selbs/ davor dem
himmlichen Vater hertzlich dauck zu sagen/ dann was ist köstlicher und mehrer

freude

Das ſechſte Capitel.
buchſtaͤblichen wiſſenſchafft der wort/ ſo wir davon gehoͤret haben/ bleibet/ und
nichts in das hertz kommet/ daher auch ſo gar ſchlechte fruͤchten folgen. 9. Sept.
1681.

SECTIO XXXIX.

Frucht des predigamts bleibet nicht aus. Ob
ſie auch in geringer maß/ nicht zu verachten: Marc. 4. ver-
dacht irriger lehr aus der lehr von der heiligung und le-
b[e]ndigen glauben: die doch allerdings Lutheriſch.
Viele boͤſe in predigamt aus Goͤttlichen
gericht.

DEr freundliche bericht von dem ſegen/ welchen GOTT zu dem anfang
des anbefohlenen amts gegeben/ hat mich von hertzen erfreuet. Es bleibet
einmahl dabey/ daß ſo wenig frucht aus den predigten meiſtens folget/ iſt
ein zimlich ſtuͤck der urſach bey uns ſelbs/ daß wir offt das wort des HERRN
nicht mit ſolcher treu vortragen/ wie es geſchehen ſolte. Wo wirs aber in ſeiner
lauterkeit vorlegen/ und allemahl das jenige vornehmlich und meiſtens treiben/
was eben damahls und ſolchen leuten das allernothwendigſte und dienlichſte iſt/ ſo
wird gewiß die verheiſſung des HERREN erfuͤllet werden/ daß es eben ſo wenig
ſolle leer und ohne frucht widerum/ nach dem es aus ſeinem munde gegangen iſt/
zu ruͤck kommen/ als wenig der regen und ſchnee ohne fruchtbahrt machende krafft
zu bleiben pflegen/ ſondern die erde befeuchten/ und die fruͤchten befoͤrdern. So
zeiget ſich auch die ſache noch heut zu tag in der erfahrung/ daß nicht leicht irgend
ein prediger auffſtehen wird/ der mit ſonderlichem eiffer das werck des HER-
REN zu treiben anfaͤngt/ und nicht in der faſt allgemeinen ſchlaͤffrigkeit liegen
bleibet/ daß nicht alſo balden die gemeinde wird rege werden. Woraus zu ſehen/
daß weder die krafft dem Goͤttlichem wort benommen/ noch welche hertzen ſo gar
verſtocket ſeyn/ daß nichts mehr da hinein gienge/ oder ſie nichts mehr fuͤhlen/ ſon-
dern es mangle an den jenigen/ ſo mit dem wort allzu nachlaͤßig und kaltſinnig um-
gehen. Es wird aber gemeiniglich die doppelte wuͤrckung haben/ wie es auch vor
dieſen geheiſſen hat. Es ſeye ein geruch des lebens zum leben/ denen die da glauben/
und ein geruch des todes den halßſtarrigen. Wie mein werther bruder ſelbs er-
faͤhret/ daß ſo wohl einige durch die von ihm treibende wahrheit in goͤttlichem ſegen
ſich zu beſſern anfangen/ als andere daruͤber ihre unzufriedenheit bezeugen/ und ſich
einige laͤſterungen zu regen anheben. Jenes iſt eine ſache an ſich ſelbs/ davor dem
himmlichen Vater hertzlich dauck zu ſagen/ dann was iſt koͤſtlicher und mehrer

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[482/0500] Das ſechſte Capitel. buchſtaͤblichen wiſſenſchafft der wort/ ſo wir davon gehoͤret haben/ bleibet/ und nichts in das hertz kommet/ daher auch ſo gar ſchlechte fruͤchten folgen. 9. Sept. 1681. SECTIO XXXIX. Frucht des predigamts bleibet nicht aus. Ob ſie auch in geringer maß/ nicht zu verachten: Marc. 4. ver- dacht irriger lehr aus der lehr von der heiligung und le- bendigen glauben: die doch allerdings Lutheriſch. Viele boͤſe in predigamt aus Goͤttlichen gericht. DEr freundliche bericht von dem ſegen/ welchen GOTT zu dem anfang des anbefohlenen amts gegeben/ hat mich von hertzen erfreuet. Es bleibet einmahl dabey/ daß ſo wenig frucht aus den predigten meiſtens folget/ iſt ein zimlich ſtuͤck der urſach bey uns ſelbs/ daß wir offt das wort des HERRN nicht mit ſolcher treu vortragen/ wie es geſchehen ſolte. Wo wirs aber in ſeiner lauterkeit vorlegen/ und allemahl das jenige vornehmlich und meiſtens treiben/ was eben damahls und ſolchen leuten das allernothwendigſte und dienlichſte iſt/ ſo wird gewiß die verheiſſung des HERREN erfuͤllet werden/ daß es eben ſo wenig ſolle leer und ohne frucht widerum/ nach dem es aus ſeinem munde gegangen iſt/ zu ruͤck kommen/ als wenig der regen und ſchnee ohne fruchtbahrt machende krafft zu bleiben pflegen/ ſondern die erde befeuchten/ und die fruͤchten befoͤrdern. So zeiget ſich auch die ſache noch heut zu tag in der erfahrung/ daß nicht leicht irgend ein prediger auffſtehen wird/ der mit ſonderlichem eiffer das werck des HER- REN zu treiben anfaͤngt/ und nicht in der faſt allgemeinen ſchlaͤffrigkeit liegen bleibet/ daß nicht alſo balden die gemeinde wird rege werden. Woraus zu ſehen/ daß weder die krafft dem Goͤttlichem wort benommen/ noch welche hertzen ſo gar verſtocket ſeyn/ daß nichts mehr da hinein gienge/ oder ſie nichts mehr fuͤhlen/ ſon- dern es mangle an den jenigen/ ſo mit dem wort allzu nachlaͤßig und kaltſinnig um- gehen. Es wird aber gemeiniglich die doppelte wuͤrckung haben/ wie es auch vor dieſen geheiſſen hat. Es ſeye ein geruch des lebens zum leben/ denen die da glauben/ und ein geruch des todes den halßſtarrigen. Wie mein werther bruder ſelbs er- faͤhret/ daß ſo wohl einige durch die von ihm treibende wahrheit in goͤttlichem ſegen ſich zu beſſern anfangen/ als andere daruͤber ihre unzufriedenheit bezeugen/ und ſich einige laͤſterungen zu regen anheben. Jenes iſt eine ſache an ſich ſelbs/ davor dem himmlichen Vater hertzlich dauck zu ſagen/ dann was iſt koͤſtlicher und mehrer freude

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 482. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/500>, abgerufen am 26.04.2024.