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Sprengel, Christian Konrad: Das entdeckte Geheimniss der Natur im Bau und in der Befruchtung der Blumen. Berlin, 1793.

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[Spaltenumbruch]

Passiflora.
Wenn das Insekt die Blume alsdenn besucht, so muß es eben so
nothwendig mit seinem Rücken, welchen es in einer jüngeren
Blume mit Staub beladen hat, die Stigmate berühren, und
dieselben bestäuben. Und auf solche Art wird die ältere Blume
von einem Insekt vermittelst des Staubes einer jüngeren be-
fruchtet.

Die Natur hat also bey der Hervorbringung dieser Blume
nicht geschlummert, sie hat nicht zwey fremdartige Ganze zu Ei-
nem widersinnigen Scheinganzen zusammengeknetet, sondern sie
hat ein schönes Ganzes hervorgebracht, in welchem nichts fehlt,
und nichts überflüssig ist, in welchem alles in dem genauesten Zu-
sammenhange steht, alles sich auf ihren einzigen großen Endzweck,
die Befruchtung des Fruchtknotens, bezieht, kurz, ein Ganzes,
welches ihr Ehre macht.

Da die Blume ein Saftmaal hat, so ist sie eine Tagesblume,
und für ein Tagesinsekt bestimmt. Eben deswegen schließt sie sich
des Nachts. Sie blühet zwey Tage, wie ich von einem Gärtner
gehört habe, und ist also am ersten Tage männlichen, und am
zweyten weiblichen Geschlechts.

Von welchem Insekt sie besucht und befruchtet wird, weiß
ich nicht, weil es mir bisher an Gelegenheit gefehlt hat, hierüber
Beobachtungen anzustellen. Einige sagen, daß die Pflanze in
unserm Klima Früchte hervorbringt; andre läugnen es. Ich selbst
habe noch nie eine Frucht auf derselben angetroffen. Wenn sie
wirklich bey uns unfruchtbar ist, so kann dies nicht anders als so
erklärt werden, daß diejenigen, welche sie zuerst aus Brasilien,
ihrem Vaterlande, nach Europa gebracht haben, das Insekt,
welches dort die Blume befruchtet, und bey uns nicht angetrof-
fen wird, mit herüber zu bringen, und hier einheimisch zu ma-
chen, vergessen haben. Von der Passiflora quadrangularis sagt
Jacquin, daß die in Wien aus Samen erzielten Pflanzen zwar
alle Jahr Blumen, aber niemals Früchte hervorbringen. Auf
der Passiflora foetida aber, welche ein Sommergewächs ist, habe
ich im botanischen Garten zu Berlin Früchte angetroffen.

Die Antheren sind auf solche Art an die Filamente ange-
wachsen, daß sie sich herumdrehen lassen. In Fig. 2. hat Eine
von denselben eine andere Stellung, als die übrigen, weil ich sie
etwas herumgedrehet hatte. Dieser Umstand trägt vermuthlich
zur Beförderung der Befruchtung etwas bey.

Wenn Jemand fragt, woher denn ich, der ich doch niemals
ein Insekt auf der Blume angetroffen habe, es so genau weiß,
daß dieselbe, und wie sie von einem Insekt befruchtet wird: so
antworte ich: Aus demjenigen, was ich bey der Nigella aruensis
entdeckt habe. Wer also noch zweifelt, den verweise ich auf das-
jenige, was unten von dieser Blume wird gesagt werden.

[Spaltenumbruch]
Passiflora. Parnassia.

Von der Passiflora suberosa sagt Linne, sie habe keine
Krone. Dies kann ich schwerlich glauben. Denn warum sollte
sie allein eines so wesentlichen Theils, durch welchen sie sich den
zu ihrer Befruchtung bestimmten Insekten von weitem bemerkbar
macht, beraubt seyn? Vielmehr, so wie bey den übrigen Arten
der Kelch in Ansehung seiner inneren Seite ein Theil der Krone
ist, so ist er bey dieser in Ansehung eben derselben die ganze Krone,
da er auswendig grün, inwendig aber weiß ist.

Parnassia.

Parnassia palustris. Leberblume. Tab. IX. 36. 37.
48. 50. Tab. XI. 12. 13. 17. 19.

Tab. IX. 50. Eine etwas vergrösserte Blume, welche vier
Tage alt ist, von oben gesehen. Die Staubgefäße 5, 1 und 2
haben sich, nachdem sie ihrer Bestimmung ein Genüge gethan,
vom Pistill entfernt, und stehen horizontal, da sie vorher aufrecht
standen. Ihre Antheren sind vertrocknet und ohne Staub. Das
Staubgefäß 3 befindet sich in dem Zustande, da es seiner Bestim-
mung ein Genüge thun kann. Das Filament hat sich verlängert,
und die Anthere hat sich über das Pistill hingelegt, und ihre
oberste Seite ist mit Staub bedeckt. Dem Staubgefäß 4 endlich
steht dieser Zustand noch bevor. Sein Filament ist noch kurz,
und seine Anthere hat sich noch nicht geöffnet. Die zwischen dem
1. und 5. Staubgefäß befindliche Saftmaschine ist weggeschnitten
worden, damit man das ganze derselben gegenüber stehende Kro-
nenblatt sehen könne.

48. Eben diese Blume, noch stärker vergrössert, in natürli-
cher Stellung, von der Seite gesehen. Der Kelch, die Krone
und drey Saftmaschinen sind weggeschnitten. Man siehet alle
Staubgefäße, außer 1, welches hinter dem Pistill steht. Man
siehet ferner deutlicher, als in der vorhergehenden Figur, daß die
über dem Pistill liegende Anthere des Staubgefäßes 3 bloß auf
ihrer obersten Seite sich geöffnet hat, und mit Staub bedeckt ist,
daß das Filament des 4. Staubgefäßes noch sehr kurz, und seine
Anthere noch sehr groß ist, und sich noch nicht geöffnet hat, end-
lich daß oben am Pistill noch nicht die geringste Spur von einem
Stigma vorhanden ist.

36. Das mit einem Stigma versehene Pistill einer älteren
Blume, deren Staubgefäße sich sämmtlich vom Pistill entfernt
haben, von der Seite gesehen.

37. Dasselbe von oben gesehen.

Tab. XI. 12. Die bey trockner Witterung geöffnete Samen-
kapsel, von der Seite, und

19. von oben gesehen.

L 2

[Spaltenumbruch]

Paſſiflora.
Wenn das Inſekt die Blume alsdenn beſucht, ſo muß es eben ſo
nothwendig mit ſeinem Ruͤcken, welchen es in einer juͤngeren
Blume mit Staub beladen hat, die Stigmate beruͤhren, und
dieſelben beſtaͤuben. Und auf ſolche Art wird die aͤltere Blume
von einem Inſekt vermittelſt des Staubes einer juͤngeren be-
fruchtet.

Die Natur hat alſo bey der Hervorbringung dieſer Blume
nicht geſchlummert, ſie hat nicht zwey fremdartige Ganze zu Ei-
nem widerſinnigen Scheinganzen zuſammengeknetet, ſondern ſie
hat ein ſchoͤnes Ganzes hervorgebracht, in welchem nichts fehlt,
und nichts uͤberfluͤſſig iſt, in welchem alles in dem genaueſten Zu-
ſammenhange ſteht, alles ſich auf ihren einzigen großen Endzweck,
die Befruchtung des Fruchtknotens, bezieht, kurz, ein Ganzes,
welches ihr Ehre macht.

Da die Blume ein Saftmaal hat, ſo iſt ſie eine Tagesblume,
und fuͤr ein Tagesinſekt beſtimmt. Eben deswegen ſchließt ſie ſich
des Nachts. Sie bluͤhet zwey Tage, wie ich von einem Gaͤrtner
gehoͤrt habe, und iſt alſo am erſten Tage maͤnnlichen, und am
zweyten weiblichen Geſchlechts.

Von welchem Inſekt ſie beſucht und befruchtet wird, weiß
ich nicht, weil es mir bisher an Gelegenheit gefehlt hat, hieruͤber
Beobachtungen anzuſtellen. Einige ſagen, daß die Pflanze in
unſerm Klima Fruͤchte hervorbringt; andre laͤugnen es. Ich ſelbſt
habe noch nie eine Frucht auf derſelben angetroffen. Wenn ſie
wirklich bey uns unfruchtbar iſt, ſo kann dies nicht anders als ſo
erklaͤrt werden, daß diejenigen, welche ſie zuerſt aus Braſilien,
ihrem Vaterlande, nach Europa gebracht haben, das Inſekt,
welches dort die Blume befruchtet, und bey uns nicht angetrof-
fen wird, mit heruͤber zu bringen, und hier einheimiſch zu ma-
chen, vergeſſen haben. Von der Paſſiflora quadrangularis ſagt
Jacquin, daß die in Wien aus Samen erzielten Pflanzen zwar
alle Jahr Blumen, aber niemals Fruͤchte hervorbringen. Auf
der Paſſiflora foetida aber, welche ein Sommergewaͤchs iſt, habe
ich im botaniſchen Garten zu Berlin Fruͤchte angetroffen.

Die Antheren ſind auf ſolche Art an die Filamente ange-
wachſen, daß ſie ſich herumdrehen laſſen. In Fig. 2. hat Eine
von denſelben eine andere Stellung, als die uͤbrigen, weil ich ſie
etwas herumgedrehet hatte. Dieſer Umſtand traͤgt vermuthlich
zur Befoͤrderung der Befruchtung etwas bey.

Wenn Jemand fragt, woher denn ich, der ich doch niemals
ein Inſekt auf der Blume angetroffen habe, es ſo genau weiß,
daß dieſelbe, und wie ſie von einem Inſekt befruchtet wird: ſo
antworte ich: Aus demjenigen, was ich bey der Nigella aruenſis
entdeckt habe. Wer alſo noch zweifelt, den verweiſe ich auf das-
jenige, was unten von dieſer Blume wird geſagt werden.

[Spaltenumbruch]
Paſſiflora. Parnaſſia.

Von der Paſſiflora ſuberoſa ſagt Linné, ſie habe keine
Krone. Dies kann ich ſchwerlich glauben. Denn warum ſollte
ſie allein eines ſo weſentlichen Theils, durch welchen ſie ſich den
zu ihrer Befruchtung beſtimmten Inſekten von weitem bemerkbar
macht, beraubt ſeyn? Vielmehr, ſo wie bey den uͤbrigen Arten
der Kelch in Anſehung ſeiner inneren Seite ein Theil der Krone
iſt, ſo iſt er bey dieſer in Anſehung eben derſelben die ganze Krone,
da er auswendig gruͤn, inwendig aber weiß iſt.

Parnaſſia.

Parnaſſia paluſtris. Leberblume. Tab. IX. 36. 37.
48. 50. Tab. XI. 12. 13. 17. 19.

Tab. IX. 50. Eine etwas vergroͤſſerte Blume, welche vier
Tage alt iſt, von oben geſehen. Die Staubgefaͤße 5, 1 und 2
haben ſich, nachdem ſie ihrer Beſtimmung ein Genuͤge gethan,
vom Piſtill entfernt, und ſtehen horizontal, da ſie vorher aufrecht
ſtanden. Ihre Antheren ſind vertrocknet und ohne Staub. Das
Staubgefaͤß 3 befindet ſich in dem Zuſtande, da es ſeiner Beſtim-
mung ein Genuͤge thun kann. Das Filament hat ſich verlaͤngert,
und die Anthere hat ſich uͤber das Piſtill hingelegt, und ihre
oberſte Seite iſt mit Staub bedeckt. Dem Staubgefaͤß 4 endlich
ſteht dieſer Zuſtand noch bevor. Sein Filament iſt noch kurz,
und ſeine Anthere hat ſich noch nicht geoͤffnet. Die zwiſchen dem
1. und 5. Staubgefaͤß befindliche Saftmaſchine iſt weggeſchnitten
worden, damit man das ganze derſelben gegenuͤber ſtehende Kro-
nenblatt ſehen koͤnne.

48. Eben dieſe Blume, noch ſtaͤrker vergroͤſſert, in natuͤrli-
cher Stellung, von der Seite geſehen. Der Kelch, die Krone
und drey Saftmaſchinen ſind weggeſchnitten. Man ſiehet alle
Staubgefaͤße, außer 1, welches hinter dem Piſtill ſteht. Man
ſiehet ferner deutlicher, als in der vorhergehenden Figur, daß die
uͤber dem Piſtill liegende Anthere des Staubgefaͤßes 3 bloß auf
ihrer oberſten Seite ſich geoͤffnet hat, und mit Staub bedeckt iſt,
daß das Filament des 4. Staubgefaͤßes noch ſehr kurz, und ſeine
Anthere noch ſehr groß iſt, und ſich noch nicht geoͤffnet hat, end-
lich daß oben am Piſtill noch nicht die geringſte Spur von einem
Stigma vorhanden iſt.

36. Das mit einem Stigma verſehene Piſtill einer aͤlteren
Blume, deren Staubgefaͤße ſich ſaͤmmtlich vom Piſtill entfernt
haben, von der Seite geſehen.

37. Daſſelbe von oben geſehen.

Tab. XI. 12. Die bey trockner Witterung geoͤffnete Samen-
kapſel, von der Seite, und

19. von oben geſehen.

L 2
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Auf der Paſſiflora foetida aber, welche ein Sommergewaͤchs iſt, habe ich im botaniſchen Garten zu Berlin Fruͤchte angetroffen. Die Antheren ſind auf ſolche Art an die Filamente ange- wachſen, daß ſie ſich herumdrehen laſſen. In Fig. 2. hat Eine von denſelben eine andere Stellung, als die uͤbrigen, weil ich ſie etwas herumgedrehet hatte. Dieſer Umſtand traͤgt vermuthlich zur Befoͤrderung der Befruchtung etwas bey. Wenn Jemand fragt, woher denn ich, der ich doch niemals ein Inſekt auf der Blume angetroffen habe, es ſo genau weiß, daß dieſelbe, und wie ſie von einem Inſekt befruchtet wird: ſo antworte ich: Aus demjenigen, was ich bey der Nigella aruenſis entdeckt habe. Wer alſo noch zweifelt, den verweiſe ich auf das- jenige, was unten von dieſer Blume wird geſagt werden. Von der Paſſiflora ſuberoſa ſagt Linné, ſie habe keine Krone. Dies kann ich ſchwerlich glauben. Denn warum ſollte ſie allein eines ſo weſentlichen Theils, durch welchen ſie ſich den zu ihrer Befruchtung beſtimmten Inſekten von weitem bemerkbar macht, beraubt ſeyn? Vielmehr, ſo wie bey den uͤbrigen Arten der Kelch in Anſehung ſeiner inneren Seite ein Theil der Krone iſt, ſo iſt er bey dieſer in Anſehung eben derſelben die ganze Krone, da er auswendig gruͤn, inwendig aber weiß iſt. Parnaſſia. Parnaſſia paluſtris. Leberblume. Tab. IX. 36. 37. 48. 50. Tab. XI. 12. 13. 17. 19. Tab. IX. 50. Eine etwas vergroͤſſerte Blume, welche vier Tage alt iſt, von oben geſehen. Die Staubgefaͤße 5, 1 und 2 haben ſich, nachdem ſie ihrer Beſtimmung ein Genuͤge gethan, vom Piſtill entfernt, und ſtehen horizontal, da ſie vorher aufrecht ſtanden. Ihre Antheren ſind vertrocknet und ohne Staub. Das Staubgefaͤß 3 befindet ſich in dem Zuſtande, da es ſeiner Beſtim- mung ein Genuͤge thun kann. Das Filament hat ſich verlaͤngert, und die Anthere hat ſich uͤber das Piſtill hingelegt, und ihre oberſte Seite iſt mit Staub bedeckt. Dem Staubgefaͤß 4 endlich ſteht dieſer Zuſtand noch bevor. Sein Filament iſt noch kurz, und ſeine Anthere hat ſich noch nicht geoͤffnet. Die zwiſchen dem 1. und 5. Staubgefaͤß befindliche Saftmaſchine iſt weggeſchnitten worden, damit man das ganze derſelben gegenuͤber ſtehende Kro- nenblatt ſehen koͤnne. 48. Eben dieſe Blume, noch ſtaͤrker vergroͤſſert, in natuͤrli- cher Stellung, von der Seite geſehen. Der Kelch, die Krone und drey Saftmaſchinen ſind weggeſchnitten. Man ſiehet alle Staubgefaͤße, außer 1, welches hinter dem Piſtill ſteht. Man ſiehet ferner deutlicher, als in der vorhergehenden Figur, daß die uͤber dem Piſtill liegende Anthere des Staubgefaͤßes 3 bloß auf ihrer oberſten Seite ſich geoͤffnet hat, und mit Staub bedeckt iſt, daß das Filament des 4. Staubgefaͤßes noch ſehr kurz, und ſeine Anthere noch ſehr groß iſt, und ſich noch nicht geoͤffnet hat, end- lich daß oben am Piſtill noch nicht die geringſte Spur von einem Stigma vorhanden iſt. 36. Das mit einem Stigma verſehene Piſtill einer aͤlteren Blume, deren Staubgefaͤße ſich ſaͤmmtlich vom Piſtill entfernt haben, von der Seite geſehen. 37. Daſſelbe von oben geſehen. Tab. XI. 12. Die bey trockner Witterung geoͤffnete Samen- kapſel, von der Seite, und 19. von oben geſehen. L 2

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Zitationshilfe: Sprengel, Christian Konrad: Das entdeckte Geheimniss der Natur im Bau und in der Befruchtung der Blumen. Berlin, 1793, S. [95]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sprengel_blumen_1793/95>, abgerufen am 27.04.2024.