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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 3 (2,2). Stuttgart, 1867.

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des Heilpersonals bilden. Sie sind weder schnell und gleichmäßig ent-
standen, noch gelten sie gleichmäßig. Es ist nicht schwer, sie einfach
zusammenzustellen. Eine wahre Vergleichung indeß wird erst dadurch
möglich, daß man die Verschiedenheit der öffentlichen Rechtsbildung auf
ihren organischen Grund, die Verschiedenheit der öffentlichen Fach-
bildung
zurückführt. Durch die Verbindung dieser Gesichtspunkte erst
gewinnt die Lehre vom Heilpersonal ihr rechtes Leben und ihre Stel-
lung in der gesammten Auffassung des Staatslebens. Der leitende
Grundsatz aber ist dabei, daß die öffentliche Anerkennung und das öffent-
liche Recht des Heilpersonals in jedem Theile seines Systems in dem
Grade höher stehen und klarer formulirt werden, in welchem die
Fachbildung strenger und vollständiger ist.

Von diesem Gesichtspunkte aus muß das folgende öffentliche Recht
beurtheilt werden, wobei nicht vergessen werden darf, daß das Bildungs-
wesen seine selbständige Darstellung fordert.

Elemente der Geschichte des öffentlichen Rechts.

Faßt man nun demnach das öffentliche Heilpersonal im obigen
Sinne als ein Ganzes auf, so sind die, allen Classen desselben gemein-
samen historischen Grundlagen folgende.

Die allgemeine Voraussetzung jedes öffentlichen Rechts dieses Be-
rufs ist zunächst die berufsmäßige Bildung, und das aus derselben sich
ergebende ständische corporative Recht des Berufsgenossen. Dieß über
diese ständische Bildung hinausgehende Ergebniß dieser ersten Epoche ist
die staatliche Forderung an eine berufsmäßige Bildung überhaupt,
welche alsdann zur rechtlichen Bedingung der Ausübung dieses Be-
rufs gemacht wird. Die Geschichte aber dieser staatlichen Forderung
und des aus ihr hervorgehenden öffentlichen Rechts ist dann allerdings
wieder für jede Classe des Heilpersonals verschieden; der große Zug
derselben aber ist die unverkennbare Bestrebung, jene Bildung so allge-
mein zu machen als möglich, und durch sie die Heilung von jeder aus
der Unkenntniß der wissenschaftlichen Grundsätze entspringenden Gefah-
ren zu schützen.

Die Hauptformen, in denen dieser große, noch nicht beendete Proceß
verläuft, sind folgende.

In der Geschlechterordnung gibt es noch keine berufsmäßige Heil-
kunde, also auch noch kein berufsmäßiges Heilpersonal. Die erste ist
nur noch ein höheres Gewerbe. Es mangelt daher hier alles öffentliche
Recht des letzteren. Selbst da, wo aus der Geschlechterordnung unmit-
telbar die staatsbürgerliche Ordnung hervorgeht, wie bei den Römern,

des Heilperſonals bilden. Sie ſind weder ſchnell und gleichmäßig ent-
ſtanden, noch gelten ſie gleichmäßig. Es iſt nicht ſchwer, ſie einfach
zuſammenzuſtellen. Eine wahre Vergleichung indeß wird erſt dadurch
möglich, daß man die Verſchiedenheit der öffentlichen Rechtsbildung auf
ihren organiſchen Grund, die Verſchiedenheit der öffentlichen Fach-
bildung
zurückführt. Durch die Verbindung dieſer Geſichtspunkte erſt
gewinnt die Lehre vom Heilperſonal ihr rechtes Leben und ihre Stel-
lung in der geſammten Auffaſſung des Staatslebens. Der leitende
Grundſatz aber iſt dabei, daß die öffentliche Anerkennung und das öffent-
liche Recht des Heilperſonals in jedem Theile ſeines Syſtems in dem
Grade höher ſtehen und klarer formulirt werden, in welchem die
Fachbildung ſtrenger und vollſtändiger iſt.

Von dieſem Geſichtspunkte aus muß das folgende öffentliche Recht
beurtheilt werden, wobei nicht vergeſſen werden darf, daß das Bildungs-
weſen ſeine ſelbſtändige Darſtellung fordert.

Elemente der Geſchichte des öffentlichen Rechts.

Faßt man nun demnach das öffentliche Heilperſonal im obigen
Sinne als ein Ganzes auf, ſo ſind die, allen Claſſen deſſelben gemein-
ſamen hiſtoriſchen Grundlagen folgende.

Die allgemeine Vorausſetzung jedes öffentlichen Rechts dieſes Be-
rufs iſt zunächſt die berufsmäßige Bildung, und das aus derſelben ſich
ergebende ſtändiſche corporative Recht des Berufsgenoſſen. Dieß über
dieſe ſtändiſche Bildung hinausgehende Ergebniß dieſer erſten Epoche iſt
die ſtaatliche Forderung an eine berufsmäßige Bildung überhaupt,
welche alsdann zur rechtlichen Bedingung der Ausübung dieſes Be-
rufs gemacht wird. Die Geſchichte aber dieſer ſtaatlichen Forderung
und des aus ihr hervorgehenden öffentlichen Rechts iſt dann allerdings
wieder für jede Claſſe des Heilperſonals verſchieden; der große Zug
derſelben aber iſt die unverkennbare Beſtrebung, jene Bildung ſo allge-
mein zu machen als möglich, und durch ſie die Heilung von jeder aus
der Unkenntniß der wiſſenſchaftlichen Grundſätze entſpringenden Gefah-
ren zu ſchützen.

Die Hauptformen, in denen dieſer große, noch nicht beendete Proceß
verläuft, ſind folgende.

In der Geſchlechterordnung gibt es noch keine berufsmäßige Heil-
kunde, alſo auch noch kein berufsmäßiges Heilperſonal. Die erſte iſt
nur noch ein höheres Gewerbe. Es mangelt daher hier alles öffentliche
Recht des letzteren. Selbſt da, wo aus der Geſchlechterordnung unmit-
telbar die ſtaatsbürgerliche Ordnung hervorgeht, wie bei den Römern,

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[93/0109] des Heilperſonals bilden. Sie ſind weder ſchnell und gleichmäßig ent- ſtanden, noch gelten ſie gleichmäßig. Es iſt nicht ſchwer, ſie einfach zuſammenzuſtellen. Eine wahre Vergleichung indeß wird erſt dadurch möglich, daß man die Verſchiedenheit der öffentlichen Rechtsbildung auf ihren organiſchen Grund, die Verſchiedenheit der öffentlichen Fach- bildung zurückführt. Durch die Verbindung dieſer Geſichtspunkte erſt gewinnt die Lehre vom Heilperſonal ihr rechtes Leben und ihre Stel- lung in der geſammten Auffaſſung des Staatslebens. Der leitende Grundſatz aber iſt dabei, daß die öffentliche Anerkennung und das öffent- liche Recht des Heilperſonals in jedem Theile ſeines Syſtems in dem Grade höher ſtehen und klarer formulirt werden, in welchem die Fachbildung ſtrenger und vollſtändiger iſt. Von dieſem Geſichtspunkte aus muß das folgende öffentliche Recht beurtheilt werden, wobei nicht vergeſſen werden darf, daß das Bildungs- weſen ſeine ſelbſtändige Darſtellung fordert. Elemente der Geſchichte des öffentlichen Rechts. Faßt man nun demnach das öffentliche Heilperſonal im obigen Sinne als ein Ganzes auf, ſo ſind die, allen Claſſen deſſelben gemein- ſamen hiſtoriſchen Grundlagen folgende. Die allgemeine Vorausſetzung jedes öffentlichen Rechts dieſes Be- rufs iſt zunächſt die berufsmäßige Bildung, und das aus derſelben ſich ergebende ſtändiſche corporative Recht des Berufsgenoſſen. Dieß über dieſe ſtändiſche Bildung hinausgehende Ergebniß dieſer erſten Epoche iſt die ſtaatliche Forderung an eine berufsmäßige Bildung überhaupt, welche alsdann zur rechtlichen Bedingung der Ausübung dieſes Be- rufs gemacht wird. Die Geſchichte aber dieſer ſtaatlichen Forderung und des aus ihr hervorgehenden öffentlichen Rechts iſt dann allerdings wieder für jede Claſſe des Heilperſonals verſchieden; der große Zug derſelben aber iſt die unverkennbare Beſtrebung, jene Bildung ſo allge- mein zu machen als möglich, und durch ſie die Heilung von jeder aus der Unkenntniß der wiſſenſchaftlichen Grundſätze entſpringenden Gefah- ren zu ſchützen. Die Hauptformen, in denen dieſer große, noch nicht beendete Proceß verläuft, ſind folgende. In der Geſchlechterordnung gibt es noch keine berufsmäßige Heil- kunde, alſo auch noch kein berufsmäßiges Heilperſonal. Die erſte iſt nur noch ein höheres Gewerbe. Es mangelt daher hier alles öffentliche Recht des letzteren. Selbſt da, wo aus der Geſchlechterordnung unmit- telbar die ſtaatsbürgerliche Ordnung hervorgeht, wie bei den Römern,

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 3 (2,2). Stuttgart, 1867, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre03_1867/109>, abgerufen am 26.04.2024.