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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.

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Erster Theil.
Das Volksschulwesen.
Allgemeiner Theil.
I. Der Elementarunterricht an sich.

Obwohl allerdings die Verwaltungslehre Begriff und Wesen des
Elementarunterrichts als bekannt vorauszusetzen hat, so muß derselbe
hier dennoch in so weit festgestellt werden, als er seinerseits dem öffent-
lichen Rechte zum Grunde liegt.

Der Elementarunterricht enthält nämlich seinem formellen Begriffe
nach diejenigen Kenntnisse, welche zwar an und für sich ohne In-
halt und Werth, dennoch die Bedingungen für die Erwer-
bung aller Bildung
, ihres Werthes und ihres Inhalts sind.

Allerdings kann man nun auf Grundlage dieses Begriffes den-
selben für sich betrachten. Allein seinem Wesen nach ist er doch kein
abgeschiedenes, äußerlich im gesammten Bildungswesen getrenntes Ganze.
Er ist vielmehr in Wahrheit ein Theil des großen organischen Pro-
cesses, den wir das Bildungswesen des Volkes nennen. Seine wahre höhere
Bedeutung liegt nicht in dem was er ist, sondern in dem was er mög-
lich macht. Sein volles und richtiges Verständniß wird daher eben
nur in diesem seinem Verhältniß zum Ganzen der geistigen Entwicklung
gefunden. Und das muß hervorgehoben werden, weil es in ganz ent-
schiedener Weise auf das öffentliche Recht derselben einwirkt.

Jenes organische Verhältniß des Elementarunterrichts zum ge-
sammten Bildungswesen erzeugt nämlich die beiden Momente, welche
ihrerseits einer höhern Auffassung desselben ihren Inhalt geben: die Frage
nach seiner formellen Begränzung und die nach seinem socialen Inhalt.
Zuerst nämlich folgt aus demselben, daß es nicht möglich ist, für
den Elementarunterricht an sich eine feste äußerliche Gränze zu setzen.

Erſter Theil.
Das Volksſchulweſen.
Allgemeiner Theil.
I. Der Elementarunterricht an ſich.

Obwohl allerdings die Verwaltungslehre Begriff und Weſen des
Elementarunterrichts als bekannt vorauszuſetzen hat, ſo muß derſelbe
hier dennoch in ſo weit feſtgeſtellt werden, als er ſeinerſeits dem öffent-
lichen Rechte zum Grunde liegt.

Der Elementarunterricht enthält nämlich ſeinem formellen Begriffe
nach diejenigen Kenntniſſe, welche zwar an und für ſich ohne In-
halt und Werth, dennoch die Bedingungen für die Erwer-
bung aller Bildung
, ihres Werthes und ihres Inhalts ſind.

Allerdings kann man nun auf Grundlage dieſes Begriffes den-
ſelben für ſich betrachten. Allein ſeinem Weſen nach iſt er doch kein
abgeſchiedenes, äußerlich im geſammten Bildungsweſen getrenntes Ganze.
Er iſt vielmehr in Wahrheit ein Theil des großen organiſchen Pro-
ceſſes, den wir das Bildungsweſen des Volkes nennen. Seine wahre höhere
Bedeutung liegt nicht in dem was er iſt, ſondern in dem was er mög-
lich macht. Sein volles und richtiges Verſtändniß wird daher eben
nur in dieſem ſeinem Verhältniß zum Ganzen der geiſtigen Entwicklung
gefunden. Und das muß hervorgehoben werden, weil es in ganz ent-
ſchiedener Weiſe auf das öffentliche Recht derſelben einwirkt.

Jenes organiſche Verhältniß des Elementarunterrichts zum ge-
ſammten Bildungsweſen erzeugt nämlich die beiden Momente, welche
ihrerſeits einer höhern Auffaſſung deſſelben ihren Inhalt geben: die Frage
nach ſeiner formellen Begränzung und die nach ſeinem ſocialen Inhalt.
Zuerſt nämlich folgt aus demſelben, daß es nicht möglich iſt, für
den Elementarunterricht an ſich eine feſte äußerliche Gränze zu ſetzen.

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[[71]/0099] Erſter Theil. Das Volksſchulweſen. Allgemeiner Theil. I. Der Elementarunterricht an ſich. Obwohl allerdings die Verwaltungslehre Begriff und Weſen des Elementarunterrichts als bekannt vorauszuſetzen hat, ſo muß derſelbe hier dennoch in ſo weit feſtgeſtellt werden, als er ſeinerſeits dem öffent- lichen Rechte zum Grunde liegt. Der Elementarunterricht enthält nämlich ſeinem formellen Begriffe nach diejenigen Kenntniſſe, welche zwar an und für ſich ohne In- halt und Werth, dennoch die Bedingungen für die Erwer- bung aller Bildung, ihres Werthes und ihres Inhalts ſind. Allerdings kann man nun auf Grundlage dieſes Begriffes den- ſelben für ſich betrachten. Allein ſeinem Weſen nach iſt er doch kein abgeſchiedenes, äußerlich im geſammten Bildungsweſen getrenntes Ganze. Er iſt vielmehr in Wahrheit ein Theil des großen organiſchen Pro- ceſſes, den wir das Bildungsweſen des Volkes nennen. Seine wahre höhere Bedeutung liegt nicht in dem was er iſt, ſondern in dem was er mög- lich macht. Sein volles und richtiges Verſtändniß wird daher eben nur in dieſem ſeinem Verhältniß zum Ganzen der geiſtigen Entwicklung gefunden. Und das muß hervorgehoben werden, weil es in ganz ent- ſchiedener Weiſe auf das öffentliche Recht derſelben einwirkt. Jenes organiſche Verhältniß des Elementarunterrichts zum ge- ſammten Bildungsweſen erzeugt nämlich die beiden Momente, welche ihrerſeits einer höhern Auffaſſung deſſelben ihren Inhalt geben: die Frage nach ſeiner formellen Begränzung und die nach ſeinem ſocialen Inhalt. Zuerſt nämlich folgt aus demſelben, daß es nicht möglich iſt, für den Elementarunterricht an ſich eine feſte äußerliche Gränze zu ſetzen.

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. [71]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/99>, abgerufen am 26.04.2024.