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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868.

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Angriffen. Jedes Exemplar "eines Journals" muß außer dem Namen
des Druckers die Angabe seines Domicils in Belgien enthalten. Dieses
Gesetz wurde zuerst durch Gesetz vom 1. Juli 1832 bis 1833 verlängert,
dann auf unbestimmte Zeit durch Gesetz vom 6. Juli 1833, und gilt
im Wesentlichen auch jetzt noch; der Artikel 13 (Recht des Einrückens
einer persönlichen Erwiderung) ist durch das Gesetz vom 15. Mai 1855
erläutert, der Art. 3 durch Gesetz vom 6. April 1847. Erst nach 1852
wurde die Verletzung fremder Souveräne gesetzlich strafbar erklärt,
auf napoleonischen Einfluß, durch Gesetz vom 20. December 1852; und
das Gesetz vom 12. März 1858 hat die "atteintes aux relations inter-
nationales" (Code Penal L. II.)
nie gestattet; doch muß der Staats-
anwalt die Genehmigung des Justizministers für die gerichtliche Ver-
folgung dieser Verbrechen einholen. (Circulär vom 13. März 1858.)
Das Gesetz von 1831 vollständig in Kritische Zeitschrift für Geschichte
des Auslandes, Bd. VI. S. 163. S. Brix a. a. O. S. 146. Das Straf-
recht
der durch die Presse begangenen Verbrechen in Schuermann
Code de la Presse, Brüssel 1861. Vergleiche über den Standpunkt
dieser Gesetze und ihre Beziehung zu dem französischen Preßrecht von
1791 sehr gut Glaser, Gutachten Bd. I. Die Contraventionen sind
dabei die Vergehen gegen die polizeiliche Vorschriften, namentlich das
Gesetz von 1831, und gehören nicht vor die Jury, sondern als repa-
ration civile du dommage
vor die Civilinstanz, oder als delit cor-
rectionnel "aux quels la presse servirait accidentellement d'instru-
ment, p. e. l'escroquerie, l'annonce des loteries prohibees etc."
vor
das tribunal correctionnel. (Brix a. a. O. S. 42.)

Schweden.

Das schwedische Preßrecht ist bereits im Anfange dieses Jahrhunderts
in einer Weise festgestellt, welche wenig zu wünschen übrig läßt. Das
schwedische Preßgesetz (Preßfreiheitsordnung vom 6. Juni 1812) ge-
hört zu den vier Grundgesetzen des reinen öffentlichen Rechts (Gesetz
über die Regierungsform vom 6. Juni 1809, über die Reichstags-
ordnung
vom 10. Februar 1810, Successionsordnung vom 26. Sep-
tember 1810). Man erkennt in diesem Gesetze einerseits die französischen
freien, andererseits die englischen Grundsätze wieder, und man muß ge-
stehen, daß kein Land Europas das Preßrecht in freierer und großartigerer
Weise aufgefaßt hat. Nach dem erwähnten Gesetze ist jede Art von
Präventivmaßregel vollständig beseitigt, und jede Repression gleichfalls
ausgeschlossen. Von einem Strafrecht des Geistes der Presse ist nicht nur
nicht die Rede, sondern es ist sogar der Gedanke, daß jede Bestrafung
der Presse zu ihrem Objekt nur die einzelnen Ausdrücke haben solle,

Angriffen. Jedes Exemplar „eines Journals“ muß außer dem Namen
des Druckers die Angabe ſeines Domicils in Belgien enthalten. Dieſes
Geſetz wurde zuerſt durch Geſetz vom 1. Juli 1832 bis 1833 verlängert,
dann auf unbeſtimmte Zeit durch Geſetz vom 6. Juli 1833, und gilt
im Weſentlichen auch jetzt noch; der Artikel 13 (Recht des Einrückens
einer perſönlichen Erwiderung) iſt durch das Geſetz vom 15. Mai 1855
erläutert, der Art. 3 durch Geſetz vom 6. April 1847. Erſt nach 1852
wurde die Verletzung fremder Souveräne geſetzlich ſtrafbar erklärt,
auf napoleoniſchen Einfluß, durch Geſetz vom 20. December 1852; und
das Geſetz vom 12. März 1858 hat die „atteintes aux relations inter-
nationales“ (Code Pénal L. II.)
nie geſtattet; doch muß der Staats-
anwalt die Genehmigung des Juſtizminiſters für die gerichtliche Ver-
folgung dieſer Verbrechen einholen. (Circulär vom 13. März 1858.)
Das Geſetz von 1831 vollſtändig in Kritiſche Zeitſchrift für Geſchichte
des Auslandes, Bd. VI. S. 163. S. Brix a. a. O. S. 146. Das Straf-
recht
der durch die Preſſe begangenen Verbrechen in Schuermann
Code de la Presse, Brüſſel 1861. Vergleiche über den Standpunkt
dieſer Geſetze und ihre Beziehung zu dem franzöſiſchen Preßrecht von
1791 ſehr gut Glaſer, Gutachten Bd. I. Die Contraventionen ſind
dabei die Vergehen gegen die polizeiliche Vorſchriften, namentlich das
Geſetz von 1831, und gehören nicht vor die Jury, ſondern als répa-
ration civile du dommage
vor die Civilinſtanz, oder als délit cor-
rectionnel „aux quels la presse servirait accidentellement d’instru-
ment, p. e. l’escroquerie, l’annonce des loteries prohibées etc.“
vor
das tribunal correctionnel. (Brix a. a. O. S. 42.)

Schweden.

Das ſchwediſche Preßrecht iſt bereits im Anfange dieſes Jahrhunderts
in einer Weiſe feſtgeſtellt, welche wenig zu wünſchen übrig läßt. Das
ſchwediſche Preßgeſetz (Preßfreiheitsordnung vom 6. Juni 1812) ge-
hört zu den vier Grundgeſetzen des reinen öffentlichen Rechts (Geſetz
über die Regierungsform vom 6. Juni 1809, über die Reichstags-
ordnung
vom 10. Februar 1810, Succeſſionsordnung vom 26. Sep-
tember 1810). Man erkennt in dieſem Geſetze einerſeits die franzöſiſchen
freien, andererſeits die engliſchen Grundſätze wieder, und man muß ge-
ſtehen, daß kein Land Europas das Preßrecht in freierer und großartigerer
Weiſe aufgefaßt hat. Nach dem erwähnten Geſetze iſt jede Art von
Präventivmaßregel vollſtändig beſeitigt, und jede Repreſſion gleichfalls
ausgeſchloſſen. Von einem Strafrecht des Geiſtes der Preſſe iſt nicht nur
nicht die Rede, ſondern es iſt ſogar der Gedanke, daß jede Beſtrafung
der Preſſe zu ihrem Objekt nur die einzelnen Ausdrücke haben ſolle,

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[148/0164] Angriffen. Jedes Exemplar „eines Journals“ muß außer dem Namen des Druckers die Angabe ſeines Domicils in Belgien enthalten. Dieſes Geſetz wurde zuerſt durch Geſetz vom 1. Juli 1832 bis 1833 verlängert, dann auf unbeſtimmte Zeit durch Geſetz vom 6. Juli 1833, und gilt im Weſentlichen auch jetzt noch; der Artikel 13 (Recht des Einrückens einer perſönlichen Erwiderung) iſt durch das Geſetz vom 15. Mai 1855 erläutert, der Art. 3 durch Geſetz vom 6. April 1847. Erſt nach 1852 wurde die Verletzung fremder Souveräne geſetzlich ſtrafbar erklärt, auf napoleoniſchen Einfluß, durch Geſetz vom 20. December 1852; und das Geſetz vom 12. März 1858 hat die „atteintes aux relations inter- nationales“ (Code Pénal L. II.) nie geſtattet; doch muß der Staats- anwalt die Genehmigung des Juſtizminiſters für die gerichtliche Ver- folgung dieſer Verbrechen einholen. (Circulär vom 13. März 1858.) Das Geſetz von 1831 vollſtändig in Kritiſche Zeitſchrift für Geſchichte des Auslandes, Bd. VI. S. 163. S. Brix a. a. O. S. 146. Das Straf- recht der durch die Preſſe begangenen Verbrechen in Schuermann Code de la Presse, Brüſſel 1861. Vergleiche über den Standpunkt dieſer Geſetze und ihre Beziehung zu dem franzöſiſchen Preßrecht von 1791 ſehr gut Glaſer, Gutachten Bd. I. Die Contraventionen ſind dabei die Vergehen gegen die polizeiliche Vorſchriften, namentlich das Geſetz von 1831, und gehören nicht vor die Jury, ſondern als répa- ration civile du dommage vor die Civilinſtanz, oder als délit cor- rectionnel „aux quels la presse servirait accidentellement d’instru- ment, p. e. l’escroquerie, l’annonce des loteries prohibées etc.“ vor das tribunal correctionnel. (Brix a. a. O. S. 42.) Schweden. Das ſchwediſche Preßrecht iſt bereits im Anfange dieſes Jahrhunderts in einer Weiſe feſtgeſtellt, welche wenig zu wünſchen übrig läßt. Das ſchwediſche Preßgeſetz (Preßfreiheitsordnung vom 6. Juni 1812) ge- hört zu den vier Grundgeſetzen des reinen öffentlichen Rechts (Geſetz über die Regierungsform vom 6. Juni 1809, über die Reichstags- ordnung vom 10. Februar 1810, Succeſſionsordnung vom 26. Sep- tember 1810). Man erkennt in dieſem Geſetze einerſeits die franzöſiſchen freien, andererſeits die engliſchen Grundſätze wieder, und man muß ge- ſtehen, daß kein Land Europas das Preßrecht in freierer und großartigerer Weiſe aufgefaßt hat. Nach dem erwähnten Geſetze iſt jede Art von Präventivmaßregel vollſtändig beſeitigt, und jede Repreſſion gleichfalls ausgeſchloſſen. Von einem Strafrecht des Geiſtes der Preſſe iſt nicht nur nicht die Rede, ſondern es iſt ſogar der Gedanke, daß jede Beſtrafung der Preſſe zu ihrem Objekt nur die einzelnen Ausdrücke haben ſolle,

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre06_1868/164>, abgerufen am 26.04.2024.