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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868.

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IV. Das Recht der Presse.
1) Begriff, Princip und Gebiete desselben.

(Die Förderung der Presse durch die Verwaltung und das Preßrecht.)

Es ist nun wohl selbstverständlich, daß die Gemeinschaft der
Menschen, in deren Leben jene Presse so tief und gewaltig hineingreift,
gegen dieselbe eben so wenig gleichgültig bleiben kann, als gegen jedes
andere auf sie einwirkende Element. So wie daher die Presse ent-
standen ist, hat die Verwaltung ihr gegenüber eine bestimmte Stellung
einnehmen müssen. Sie hat diese ihre Stellung hier wie immer in die
feste Form eines öffentlichen Rechts zu fassen; und somit entsteht der
allgemeine, formale Begriff des Preßrechts, oder genauer der Verwal-
tung der Presse, die wir auch das Preßwesen nennen können, dahin,
daß es die Gesammtheit von Bestimmungen ist, welche die Staatsver-
waltung für die Presse und ihre öffentliche Function aufstellt.

Dieses formale Gebiet des Preßrechts scheidet sich nun nach dem
Wesen dieser Funktion in zwei allerdings in Form und Inhalt sehr
verschiedene Gebiete.

Die Presse ist nämlich zuerst ein Bildungsmittel, und zwar für
die allgemeine Bildung entschieden das großartigste, allgemeinste und
wichtigste. Sie schließt daher das Bildungswesen des Staates ab; sie
ist das letzte und in mancher Beziehung das wichtigste Organ, durch
welches der große Bildungsproceß im Leben der Völker vollzogen wird.
Allerdings ist sie dabei zugleich dasjenige, welches von dem Einzelnen
ausgeht und zunächst als Sache des Einzelnen dasteht. Allein sie
schließt damit keineswegs die Möglichkeit einer direkten Betheiligung
von Seiten der Verwaltung aus; im Gegentheil kann eine Verwaltung
ganz ohne dieselbe ihre Aufgabe überhaupt nicht vollständig erfüllen.
Die erste Frage ist daher die, ob und in welcher Weise die Verwal-
tung sich der Presse direkt bedienen soll und kann, um auch in diesem
Gebiete an der bildenden Funktion in ihrer Weise Theil zu nehmen.

Hier ist es nun, wo jener Unterschied der Hauptformen der Presse
zuerst seinen Werth hat.

Im Allgemeinen nämlich muß für diese Frage der Grundsatz aller
Verwaltung und ihres Rechts als maßgebend anerkannt werden.
Die Verwaltung darf für das Gesammtleben nie mehr geben, als die
Bedingungen, welche der Einzelne sich selbst nicht verschaffen kann.
Die Verwaltung darf daher auch nur diejenigen Veröffentlichungen der
Presse übernehmen, welche im Gesammtinteresse von der Gesammtheit
gefordert werden. Und zwar gilt dieß für Bücher fast ausschließlich

IV. Das Recht der Preſſe.
1) Begriff, Princip und Gebiete deſſelben.

(Die Förderung der Preſſe durch die Verwaltung und das Preßrecht.)

Es iſt nun wohl ſelbſtverſtändlich, daß die Gemeinſchaft der
Menſchen, in deren Leben jene Preſſe ſo tief und gewaltig hineingreift,
gegen dieſelbe eben ſo wenig gleichgültig bleiben kann, als gegen jedes
andere auf ſie einwirkende Element. So wie daher die Preſſe ent-
ſtanden iſt, hat die Verwaltung ihr gegenüber eine beſtimmte Stellung
einnehmen müſſen. Sie hat dieſe ihre Stellung hier wie immer in die
feſte Form eines öffentlichen Rechts zu faſſen; und ſomit entſteht der
allgemeine, formale Begriff des Preßrechts, oder genauer der Verwal-
tung der Preſſe, die wir auch das Preßweſen nennen können, dahin,
daß es die Geſammtheit von Beſtimmungen iſt, welche die Staatsver-
waltung für die Preſſe und ihre öffentliche Function aufſtellt.

Dieſes formale Gebiet des Preßrechts ſcheidet ſich nun nach dem
Weſen dieſer Funktion in zwei allerdings in Form und Inhalt ſehr
verſchiedene Gebiete.

Die Preſſe iſt nämlich zuerſt ein Bildungsmittel, und zwar für
die allgemeine Bildung entſchieden das großartigſte, allgemeinſte und
wichtigſte. Sie ſchließt daher das Bildungsweſen des Staates ab; ſie
iſt das letzte und in mancher Beziehung das wichtigſte Organ, durch
welches der große Bildungsproceß im Leben der Völker vollzogen wird.
Allerdings iſt ſie dabei zugleich dasjenige, welches von dem Einzelnen
ausgeht und zunächſt als Sache des Einzelnen daſteht. Allein ſie
ſchließt damit keineswegs die Möglichkeit einer direkten Betheiligung
von Seiten der Verwaltung aus; im Gegentheil kann eine Verwaltung
ganz ohne dieſelbe ihre Aufgabe überhaupt nicht vollſtändig erfüllen.
Die erſte Frage iſt daher die, ob und in welcher Weiſe die Verwal-
tung ſich der Preſſe direkt bedienen ſoll und kann, um auch in dieſem
Gebiete an der bildenden Funktion in ihrer Weiſe Theil zu nehmen.

Hier iſt es nun, wo jener Unterſchied der Hauptformen der Preſſe
zuerſt ſeinen Werth hat.

Im Allgemeinen nämlich muß für dieſe Frage der Grundſatz aller
Verwaltung und ihres Rechts als maßgebend anerkannt werden.
Die Verwaltung darf für das Geſammtleben nie mehr geben, als die
Bedingungen, welche der Einzelne ſich ſelbſt nicht verſchaffen kann.
Die Verwaltung darf daher auch nur diejenigen Veröffentlichungen der
Preſſe übernehmen, welche im Geſammtintereſſe von der Geſammtheit
gefordert werden. Und zwar gilt dieß für Bücher faſt ausſchließlich

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[56/0072] IV. Das Recht der Preſſe. 1) Begriff, Princip und Gebiete deſſelben. (Die Förderung der Preſſe durch die Verwaltung und das Preßrecht.) Es iſt nun wohl ſelbſtverſtändlich, daß die Gemeinſchaft der Menſchen, in deren Leben jene Preſſe ſo tief und gewaltig hineingreift, gegen dieſelbe eben ſo wenig gleichgültig bleiben kann, als gegen jedes andere auf ſie einwirkende Element. So wie daher die Preſſe ent- ſtanden iſt, hat die Verwaltung ihr gegenüber eine beſtimmte Stellung einnehmen müſſen. Sie hat dieſe ihre Stellung hier wie immer in die feſte Form eines öffentlichen Rechts zu faſſen; und ſomit entſteht der allgemeine, formale Begriff des Preßrechts, oder genauer der Verwal- tung der Preſſe, die wir auch das Preßweſen nennen können, dahin, daß es die Geſammtheit von Beſtimmungen iſt, welche die Staatsver- waltung für die Preſſe und ihre öffentliche Function aufſtellt. Dieſes formale Gebiet des Preßrechts ſcheidet ſich nun nach dem Weſen dieſer Funktion in zwei allerdings in Form und Inhalt ſehr verſchiedene Gebiete. Die Preſſe iſt nämlich zuerſt ein Bildungsmittel, und zwar für die allgemeine Bildung entſchieden das großartigſte, allgemeinſte und wichtigſte. Sie ſchließt daher das Bildungsweſen des Staates ab; ſie iſt das letzte und in mancher Beziehung das wichtigſte Organ, durch welches der große Bildungsproceß im Leben der Völker vollzogen wird. Allerdings iſt ſie dabei zugleich dasjenige, welches von dem Einzelnen ausgeht und zunächſt als Sache des Einzelnen daſteht. Allein ſie ſchließt damit keineswegs die Möglichkeit einer direkten Betheiligung von Seiten der Verwaltung aus; im Gegentheil kann eine Verwaltung ganz ohne dieſelbe ihre Aufgabe überhaupt nicht vollſtändig erfüllen. Die erſte Frage iſt daher die, ob und in welcher Weiſe die Verwal- tung ſich der Preſſe direkt bedienen ſoll und kann, um auch in dieſem Gebiete an der bildenden Funktion in ihrer Weiſe Theil zu nehmen. Hier iſt es nun, wo jener Unterſchied der Hauptformen der Preſſe zuerſt ſeinen Werth hat. Im Allgemeinen nämlich muß für dieſe Frage der Grundſatz aller Verwaltung und ihres Rechts als maßgebend anerkannt werden. Die Verwaltung darf für das Geſammtleben nie mehr geben, als die Bedingungen, welche der Einzelne ſich ſelbſt nicht verſchaffen kann. Die Verwaltung darf daher auch nur diejenigen Veröffentlichungen der Preſſe übernehmen, welche im Geſammtintereſſe von der Geſammtheit gefordert werden. Und zwar gilt dieß für Bücher faſt ausſchließlich

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre06_1868/72>, abgerufen am 26.04.2024.