Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

gewöhnlichen Thalbewohner dieser Gegend waren,
für unschicklich hielt, mit Gaben belastet das Haus
zu betreten, und ihnen gleichsam sagen zu wollen:
"Ich glaube, daß ihr das für das Wichtigste haltet."
Jezt aber war er ihnen etwas schuldig geworden, und
konnte den Dank für die gute Aufnahme abstatten.

Als wir die Geschenke in dem Hause vertheilt,
und dafür die Freude und den Dank der Empfänger
geerntet hatten, die in zwei Eheleuten mittlerer Jahre
in deren zwei Söhnen einer Tochter und in einer
alten Großmutter bestanden, -- den Knecht und die
zwei Mägde nicht gerechnet -- war es mittlerweile
Nacht geworden, und wir kehrten wieder in unsere
Herberge zurück.

Wir blieben noch vier Tage in der Gegend. Der
Vater besuchte in meiner Begleitung viele Stellen,
die ihm einst lieb gewesen waren, einen kleinen
See, einen Felsblock, von dem eine schöne Aussicht
war, eine Gartenanlage in einem nicht sehr entfern¬
ten schloßähnlichen Gebäude, die hölzerne Schule,
und vor allen die eine und eine halbe Wegestunde
entfernte Kirche, welche das Gotteshaus des Thales
war, und um welche der Kirchhof bog, in welchem
sein Vater und seine Mutter ruhten. Eine weiße

gewöhnlichen Thalbewohner dieſer Gegend waren,
für unſchicklich hielt, mit Gaben belaſtet das Haus
zu betreten, und ihnen gleichſam ſagen zu wollen:
„Ich glaube, daß ihr das für das Wichtigſte haltet.“
Jezt aber war er ihnen etwas ſchuldig geworden, und
konnte den Dank für die gute Aufnahme abſtatten.

Als wir die Geſchenke in dem Hauſe vertheilt,
und dafür die Freude und den Dank der Empfänger
geerntet hatten, die in zwei Eheleuten mittlerer Jahre
in deren zwei Söhnen einer Tochter und in einer
alten Großmutter beſtanden, — den Knecht und die
zwei Mägde nicht gerechnet — war es mittlerweile
Nacht geworden, und wir kehrten wieder in unſere
Herberge zurück.

Wir blieben noch vier Tage in der Gegend. Der
Vater beſuchte in meiner Begleitung viele Stellen,
die ihm einſt lieb geweſen waren, einen kleinen
See, einen Felsblock, von dem eine ſchöne Ausſicht
war, eine Gartenanlage in einem nicht ſehr entfern¬
ten ſchloßähnlichen Gebäude, die hölzerne Schule,
und vor allen die eine und eine halbe Wegeſtunde
entfernte Kirche, welche das Gotteshaus des Thales
war, und um welche der Kirchhof bog, in welchem
ſein Vater und ſeine Mutter ruhten. Eine weiße

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0133" n="119"/>
gewöhnlichen Thalbewohner die&#x017F;er Gegend waren,<lb/>
für un&#x017F;chicklich hielt, mit Gaben bela&#x017F;tet das Haus<lb/>
zu betreten, und ihnen gleich&#x017F;am &#x017F;agen zu wollen:<lb/>
&#x201E;Ich glaube, daß ihr das für das Wichtig&#x017F;te haltet.&#x201C;<lb/>
Jezt aber war er ihnen etwas &#x017F;chuldig geworden, und<lb/>
konnte den Dank für die gute Aufnahme ab&#x017F;tatten.</p><lb/>
        <p>Als wir die Ge&#x017F;chenke in dem Hau&#x017F;e vertheilt,<lb/>
und dafür die Freude und den Dank der Empfänger<lb/>
geerntet hatten, die in zwei Eheleuten mittlerer Jahre<lb/>
in deren zwei Söhnen einer Tochter und in einer<lb/>
alten Großmutter be&#x017F;tanden, &#x2014; den Knecht und die<lb/>
zwei Mägde nicht gerechnet &#x2014; war es mittlerweile<lb/>
Nacht geworden, und wir kehrten wieder in un&#x017F;ere<lb/>
Herberge zurück.</p><lb/>
        <p>Wir blieben noch vier Tage in der Gegend. Der<lb/>
Vater be&#x017F;uchte in meiner Begleitung viele Stellen,<lb/>
die ihm ein&#x017F;t lieb gewe&#x017F;en waren, einen kleinen<lb/>
See, einen Felsblock, von dem eine &#x017F;chöne Aus&#x017F;icht<lb/>
war, eine Gartenanlage in einem nicht &#x017F;ehr entfern¬<lb/>
ten &#x017F;chloßähnlichen Gebäude, die hölzerne Schule,<lb/>
und vor allen die eine und eine halbe Wege&#x017F;tunde<lb/>
entfernte Kirche, welche das Gotteshaus des Thales<lb/>
war, und um welche der Kirchhof bog, in welchem<lb/>
&#x017F;ein Vater und &#x017F;eine Mutter ruhten. Eine weiße<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[119/0133] gewöhnlichen Thalbewohner dieſer Gegend waren, für unſchicklich hielt, mit Gaben belaſtet das Haus zu betreten, und ihnen gleichſam ſagen zu wollen: „Ich glaube, daß ihr das für das Wichtigſte haltet.“ Jezt aber war er ihnen etwas ſchuldig geworden, und konnte den Dank für die gute Aufnahme abſtatten. Als wir die Geſchenke in dem Hauſe vertheilt, und dafür die Freude und den Dank der Empfänger geerntet hatten, die in zwei Eheleuten mittlerer Jahre in deren zwei Söhnen einer Tochter und in einer alten Großmutter beſtanden, — den Knecht und die zwei Mägde nicht gerechnet — war es mittlerweile Nacht geworden, und wir kehrten wieder in unſere Herberge zurück. Wir blieben noch vier Tage in der Gegend. Der Vater beſuchte in meiner Begleitung viele Stellen, die ihm einſt lieb geweſen waren, einen kleinen See, einen Felsblock, von dem eine ſchöne Ausſicht war, eine Gartenanlage in einem nicht ſehr entfern¬ ten ſchloßähnlichen Gebäude, die hölzerne Schule, und vor allen die eine und eine halbe Wegeſtunde entfernte Kirche, welche das Gotteshaus des Thales war, und um welche der Kirchhof bog, in welchem ſein Vater und ſeine Mutter ruhten. Eine weiße

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/133
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/133>, abgerufen am 26.04.2024.