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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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dem Orte an, den ich für unsere Nachtruhe bestimmt
hatte. An demselben rauschte die grüne Afel mit ihren
Gebirgswässern vorüber, welches Rauschen durch ein
schief über das Flußbett gezogenes Wehr noch ver¬
mehrt wurde. Waldhänge in langen Rücken began¬
nen schon sich zu erheben, und oberhalb des dunkeln
Randes eines bedeutend hohen Buchenwaldes blickte
bereits das rothe Haupt eines im Abende glühenden
Berges herein, auf welchem schon einzelne Strecken
von Schnee lagen.

Des andern Tages miethete ich ein Gebirgswägel¬
chen, wie sie zum Fortkommen auf Wegen, die nicht
Poststraßen sind, in den Gebirgen am besten dienen,
und deren Pferde an die Gegenstände des Gebirges
und an die Beschaffenheit seiner Wege gewöhnt und
daher am zuverlässigsten sind. Wir brachten unsere
Sachen in demselben, so gut es ging, unter, und
fuhren der glänzenden Afel entgegen, immer tiefer in
die Berge hinein. Ich nannte jeden Namen eines
vorzüglichen Berges, machte auf die Bildungen auf¬
merksam, und suchte die Farben die Lichter und die
Schatten zu erörtern. Überall begannen schon die
Laubwälder die röthliche und gelbliche Färbung anzu¬

dem Orte an, den ich für unſere Nachtruhe beſtimmt
hatte. An demſelben rauſchte die grüne Afel mit ihren
Gebirgswäſſern vorüber, welches Rauſchen durch ein
ſchief über das Flußbett gezogenes Wehr noch ver¬
mehrt wurde. Waldhänge in langen Rücken began¬
nen ſchon ſich zu erheben, und oberhalb des dunkeln
Randes eines bedeutend hohen Buchenwaldes blickte
bereits das rothe Haupt eines im Abende glühenden
Berges herein, auf welchem ſchon einzelne Strecken
von Schnee lagen.

Des andern Tages miethete ich ein Gebirgswägel¬
chen, wie ſie zum Fortkommen auf Wegen, die nicht
Poſtſtraßen ſind, in den Gebirgen am beſten dienen,
und deren Pferde an die Gegenſtände des Gebirges
und an die Beſchaffenheit ſeiner Wege gewöhnt und
daher am zuverläſſigſten ſind. Wir brachten unſere
Sachen in demſelben, ſo gut es ging, unter, und
fuhren der glänzenden Afel entgegen, immer tiefer in
die Berge hinein. Ich nannte jeden Namen eines
vorzüglichen Berges, machte auf die Bildungen auf¬
merkſam, und ſuchte die Farben die Lichter und die
Schatten zu erörtern. Überall begannen ſchon die
Laubwälder die röthliche und gelbliche Färbung anzu¬

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[125/0139] dem Orte an, den ich für unſere Nachtruhe beſtimmt hatte. An demſelben rauſchte die grüne Afel mit ihren Gebirgswäſſern vorüber, welches Rauſchen durch ein ſchief über das Flußbett gezogenes Wehr noch ver¬ mehrt wurde. Waldhänge in langen Rücken began¬ nen ſchon ſich zu erheben, und oberhalb des dunkeln Randes eines bedeutend hohen Buchenwaldes blickte bereits das rothe Haupt eines im Abende glühenden Berges herein, auf welchem ſchon einzelne Strecken von Schnee lagen. Des andern Tages miethete ich ein Gebirgswägel¬ chen, wie ſie zum Fortkommen auf Wegen, die nicht Poſtſtraßen ſind, in den Gebirgen am beſten dienen, und deren Pferde an die Gegenſtände des Gebirges und an die Beſchaffenheit ſeiner Wege gewöhnt und daher am zuverläſſigſten ſind. Wir brachten unſere Sachen in demſelben, ſo gut es ging, unter, und fuhren der glänzenden Afel entgegen, immer tiefer in die Berge hinein. Ich nannte jeden Namen eines vorzüglichen Berges, machte auf die Bildungen auf¬ merkſam, und ſuchte die Farben die Lichter und die Schatten zu erörtern. Überall begannen ſchon die Laubwälder die röthliche und gelbliche Färbung anzu¬

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/139>, abgerufen am 26.04.2024.