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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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herangerückt, und heuer sollte sie von den vereinigten
Familien als ein Denkzeichen der Vergangenheit und
aber auch als eins der Zukunft zum ersten Male in
dieser Vereinigung und mit besonderer Festlichkeit
begangen werden. Mein Vater sollte sehen, welche
Gewalt die Menge und die Manigfaltigkeit auszu¬
üben im Stande ist, wenn diese Menge und Manig¬
faltigkeit auch nur lauter Rosen sind. Nach Verlauf
der Rosenblüthe sollte alles und jedes, das durch
diese Vermählung unterbrochen worden war, in das
alte Geleise zurückkehren.

Da wir in dem Asperhofe angekommen waren,
gelangte ich erst zu einiger Ruhe. Da sah ich auch gele¬
gentlich die Papiere an, die uns Risach und der Vater
gegeben hatten, und erstaunte sehr. Beide enthiel¬
ten für uns viel mehr als wir nur entfernt vermuthet
hatten. Risach wollte bis zu seinem Tode das Haus
in der Art wie bisher fort bewirthschaften, damit, wie
er sagte, er seinen Nachsommer bis zum Ende ausgenie¬
ßen könne. Unser Rath und unsere Hilfe in der Bewirth¬
schaftung wird ihm Freude machen. Einen namhaften
Theil seiner Barschaft hatte er uns übergeben. Und
weil öfter zwei Familien in dem Asperhofe sein kön¬
nen, so lagen den Papieren Plane bei, daß auf einem

herangerückt, und heuer ſollte ſie von den vereinigten
Familien als ein Denkzeichen der Vergangenheit und
aber auch als eins der Zukunft zum erſten Male in
dieſer Vereinigung und mit beſonderer Feſtlichkeit
begangen werden. Mein Vater ſollte ſehen, welche
Gewalt die Menge und die Manigfaltigkeit auszu¬
üben im Stande iſt, wenn dieſe Menge und Manig¬
faltigkeit auch nur lauter Roſen ſind. Nach Verlauf
der Roſenblüthe ſollte alles und jedes, das durch
dieſe Vermählung unterbrochen worden war, in das
alte Geleiſe zurückkehren.

Da wir in dem Asperhofe angekommen waren,
gelangte ich erſt zu einiger Ruhe. Da ſah ich auch gele¬
gentlich die Papiere an, die uns Riſach und der Vater
gegeben hatten, und erſtaunte ſehr. Beide enthiel¬
ten für uns viel mehr als wir nur entfernt vermuthet
hatten. Riſach wollte bis zu ſeinem Tode das Haus
in der Art wie bisher fort bewirthſchaften, damit, wie
er ſagte, er ſeinen Nachſommer bis zum Ende ausgenie¬
ßen könne. Unſer Rath und unſere Hilfe in der Bewirth¬
ſchaftung wird ihm Freude machen. Einen namhaften
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weil öfter zwei Familien in dem Asperhofe ſein kön¬
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[438/0452] herangerückt, und heuer ſollte ſie von den vereinigten Familien als ein Denkzeichen der Vergangenheit und aber auch als eins der Zukunft zum erſten Male in dieſer Vereinigung und mit beſonderer Feſtlichkeit begangen werden. Mein Vater ſollte ſehen, welche Gewalt die Menge und die Manigfaltigkeit auszu¬ üben im Stande iſt, wenn dieſe Menge und Manig¬ faltigkeit auch nur lauter Roſen ſind. Nach Verlauf der Roſenblüthe ſollte alles und jedes, das durch dieſe Vermählung unterbrochen worden war, in das alte Geleiſe zurückkehren. Da wir in dem Asperhofe angekommen waren, gelangte ich erſt zu einiger Ruhe. Da ſah ich auch gele¬ gentlich die Papiere an, die uns Riſach und der Vater gegeben hatten, und erſtaunte ſehr. Beide enthiel¬ ten für uns viel mehr als wir nur entfernt vermuthet hatten. Riſach wollte bis zu ſeinem Tode das Haus in der Art wie bisher fort bewirthſchaften, damit, wie er ſagte, er ſeinen Nachſommer bis zum Ende ausgenie¬ ßen könne. Unſer Rath und unſere Hilfe in der Bewirth¬ ſchaftung wird ihm Freude machen. Einen namhaften Theil ſeiner Barſchaft hatte er uns übergeben. Und weil öfter zwei Familien in dem Asperhofe ſein kön¬ nen, ſo lagen den Papieren Plane bei, daß auf einem

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 438. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/452>, abgerufen am 27.04.2024.