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Storm, Theodor: Bötjer Basch. Berlin, 1887.

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betrachtete das männlich gewordene Antlitz des jungen Mannes und strich mit zitternder Hand über den Bart auf seiner Lippe; dann sah er wieder auf den unablässig schlagenden Dompfaff. Aber die noch schwache Kraft ermüdete; er schien auf einmal sich nicht finden zu können; sein Vogel sang, sein Sohn lag in seinen Armen: "Fritz, min Fritz," frug er leise, "wo sünd wi eegentlich?"

Da stürzten dem Sohn die lang verhaltenen Thränen: "To Huus! To Huus, Vater! Un ick bin bi di, un uns' ol Vagel singt dato."

"Min Fritz, min Sön, Mutter är gude Jung!" stammelte der Alte; dann sank er zurück auf seine Kissen, und sein Herrgott sandte ihm den sanften Schlummer der Genesung.

- - Am folgenden Sonntag zeigte Einer dem Andern eine Anzeige im neuen Wochenblatt, und die Kundigen kamen überein, der Bürgermeister stecke einmal wieder dahinter; die aber lautete:

"Meinen geehrten Kunden zur höflichen Nachricht, daß unter dem Beistande meines glücklich heimgekehrten Sohnes Fritz als ausgelernten

betrachtete das männlich gewordene Antlitz des jungen Mannes und strich mit zitternder Hand über den Bart auf seiner Lippe; dann sah er wieder auf den unablässig schlagenden Dompfaff. Aber die noch schwache Kraft ermüdete; er schien auf einmal sich nicht finden zu können; sein Vogel sang, sein Sohn lag in seinen Armen: „Fritz, min Fritz,“ frug er leise, „wo sünd wi eegentlich?“

Da stürzten dem Sohn die lang verhaltenen Thränen: „To Huus! To Huus, Vater! Un ick bin bi di, un uns’ ol Vagel singt dato.“

„Min Fritz, min Sön, Mutter är gude Jung!“ stammelte der Alte; dann sank er zurück auf seine Kissen, und sein Herrgott sandte ihm den sanften Schlummer der Genesung.

– – Am folgenden Sonntag zeigte Einer dem Andern eine Anzeige im neuen Wochenblatt, und die Kundigen kamen überein, der Bürgermeister stecke einmal wieder dahinter; die aber lautete:

„Meinen geehrten Kunden zur höflichen Nachricht, daß unter dem Beistande meines glücklich heimgekehrten Sohnes Fritz als ausgelernten

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[107/0107] betrachtete das männlich gewordene Antlitz des jungen Mannes und strich mit zitternder Hand über den Bart auf seiner Lippe; dann sah er wieder auf den unablässig schlagenden Dompfaff. Aber die noch schwache Kraft ermüdete; er schien auf einmal sich nicht finden zu können; sein Vogel sang, sein Sohn lag in seinen Armen: „Fritz, min Fritz,“ frug er leise, „wo sünd wi eegentlich?“ Da stürzten dem Sohn die lang verhaltenen Thränen: „To Huus! To Huus, Vater! Un ick bin bi di, un uns’ ol Vagel singt dato.“ „Min Fritz, min Sön, Mutter är gude Jung!“ stammelte der Alte; dann sank er zurück auf seine Kissen, und sein Herrgott sandte ihm den sanften Schlummer der Genesung. – – Am folgenden Sonntag zeigte Einer dem Andern eine Anzeige im neuen Wochenblatt, und die Kundigen kamen überein, der Bürgermeister stecke einmal wieder dahinter; die aber lautete: „Meinen geehrten Kunden zur höflichen Nachricht, daß unter dem Beistande meines glücklich heimgekehrten Sohnes Fritz als ausgelernten

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Bötjer Basch. Berlin, 1887, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_basch_1887/107>, abgerufen am 26.04.2024.